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Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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Wenn doch, war es ihm wahrscheinlich gleichgültig.
    Ihre Möbel waren schlicht: Ein handgeschnitzter Schaukelstuhl, ein Esstisch mit zwei Stühlen. Sie hatte sich mit Patchworkkissen gemütlich eingerichtet, die Singer aus alten Kleidern nähte und mit Buchweizenspelzen füllte. Dr. Welsh würde sicher erstaunt sein zu erfahren, dass sie in einem Garten essbare Wüstenpflanzen anbauten: Goldkugelkakteen mit gelben Früchten, Mesquitebäume, die Hülsenfrüchte lieferten, Paloverdebäume, Yuccapalmen und Agaven. Meist kochten sie gemeinschaftlich, um sicherzustellen, dass niemand Hunger leiden musste.
    Rosa fragte sich, was er wohl von ihrem einfachen Haus hielt, das nur aus einem Wohnraum und einem Schlafzimmer bestand. Wie alle anderen benutzte sie die Latrine und die öffentliche Dusche. Ehrlich gesagt, hier war alles komfortabler als dort, wo ihre Familie in Guatemala gelebt hatte. Dort hatten sie nach jeder Sturmsaison die palapa neu bauen müssen.
    Mit zusammengebissenen Zähnen befahl sie sich selbst, jene Tage zu vergessen, denn sie waren längst vergangen. Sie nahm ihr Gewehr ab und lehnte es so gegen die Wand, dass sie es weiterhin mühelos erreichen konnte.
    »Es ist sehr schön hier«, sagte er, als ob es ihn überraschte.
    »Wir leben hier ganz gut. Oder zumindest so gut wie nur irgendjemand nach dem Wandel.«
    »Das fällt mir langsam auch auf. Du wolltest mit mir über …«
    »Ja.« Sie bedeutete ihm, am Tisch Platz zu nehmen, und stellte dann, ganz die gute Gastgeberin, einen Keramikteller mit Kaktusfeigenscheiben in Honig darauf, bevor sie zwei Becher Agavenwein eingoss und sich zu ihm setzte. »Da unten hast du gesagt, dass wahrscheinlich zehn Prozent von uns Gestaltwandler wären.« Der Gedanke allein ließ sie schon vor Entsetzen schaudern, aber sie ließ es sich nicht anmerken. »Erklär mir das.«
    Es konnte einfach nicht stimmen. Aber um ihre Leute angemessen zu verteidigen, musste sie ihn anhören, dem Wahnsinnigen lauschen, um seine Behauptungen dann widerlegen zu können. Ihr System funktionierte. Keine Nichtmenschen kamen an ihren Verteidigungslinien vorbei, da war Rosa sich fast sicher. Fast . Ihr Magen zog sich vor Anspannung zusammen.
    Er starrte den Teller an, als lägen darauf zuckende Maden statt schöner, runder Fruchtscheiben ohne Schale. »Du bedienst dich keiner wissenschaftlichen Methode. Es gibt zwei Arten von … Gestaltwandlern, wie du sie nennst. Die bösen, wie die Höllenhunde, gegen die wir gerade gekämpft haben, verfügen über keinerlei Selbstkontrolle. Man kann sie auf den ersten Blick erkennen, weil sie instinktiv angreifen. Die guten …«
    »Nur ein toter Gestaltwandler ist ein guter Gestaltwandler«, sagte sie ausdruckslos.
    »Willst du es nun hören oder nicht? Wenn du vorhast, meine Zeit zu verschwenden, würde ich mich die Nacht über lieber gut ausruhen, erledigen, was ich hier zu tun habe, und dann wieder aufbrechen.«
    »Tut mir leid.« Das tat es nicht. Nicht wirklich.
    Nach dem scharfen Blick zu urteilen, den er ihr zuwarf, wusste er das auch. Sie war es nicht gewohnt, mit Männern zu tun zu haben, die ihr in die Augen sahen, ohne sich rasch wieder abzuwenden. Es machte sie nervös.
    »Die guten«, fuhr er fort, »behalten ihre Menschlichkeit. Sie können die Verwandlung kontrollieren. Sie einfach im Dunkeln einzusperren verrät dir nicht, ob sie völlig menschlich sind.«
    Nein. Das konnte nicht wahr sein. Sie ballte die Hände zu Fäusten. »Woher weißt du das?«
    »Vor langer Zeit – vor einem ganzen Leben – hatte ich eine Freundin namens Jenna, die zugleich ein Wolf war. Man müsste erst jemanden foltern, den sie liebt, um sie dazu zu zwingen, sich gegen ihren Willen zu verwandeln.«
    Also waren sie nicht in Sicherheit, ganz gleich, was sie unternahmen. Jeder konnte ein Tier unter seiner Haut verbergen. Rosa sah Chris ins Gesicht. Du auch .
    Sie durfte ihn nicht aus den Augen lassen, wenn er Gestaltwandler seine Freunde nannte. Ihr Instinkt riet ihr, ihn zu töten, bevor er noch mehr Schwierigkeiten machte, aber Gewalt hätte dem Versprechen sicherer Zuflucht gespottet – und das war ein Versprechen, das sie nicht auf die leichte Schulter nahm. Es würde sie die Unterstützung ihrer Männer kosten, wenn sie glaubten, dass ihr Wort nichts wert war – und sei es auch nur einem Außenstehenden gegenüber. Wenn sie einen Mann belog, was sollte sie dann davon abhalten, es beim nächsten auch zu tun? Das wäre ein erster Schritt in eine Richtung

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