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Die letzten Tage von Hongkong

Die letzten Tage von Hongkong

Titel: Die letzten Tage von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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versuchen – natürlich nur im Interesse der nationalen Sicherheit.«
    Überrascht davon, daß Cuthbert ihn so schnell vom Haken gelassen hatte, hustete Fairgood beim ersten Zug aus seiner Zigarette. Er starrte Cuthbert einen Moment lang an, dann inhalierte er tief.
    »Sie tun nur Ihre Arbeit, das sehe ich. Und ich mache die meine.«
    Dem Diplomaten fiel auf, daß sich die Körpersprache des Majors veränderte. Fairgood streckte die Beine unter dem Tisch aus und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Zum erstenmal seit Betreten des Raumes wirkte er entspannt.
    »Tja dann«, sagte Fairgood. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen, bevor er zum Fenster hinausschaute. »Schöne Aussicht.«
    »Eine der besten hier. Kommen Sie, dann zeige ich Ihnen die Stadt von oben.«
    Fairgood stand zusammen mit Cuthbert auf und ging zum Fenster. »Da drüben ist die Startbahn des Flughafens – wenn ich es richtig sehe, hebt gerade eine Maschine der Cathay Pacific ab. Gleich dahinter liegen die Hügel von Kowloon. Und noch weiter hinten China.«
    Fairgood sah sich alles an, als betrachte er ein Schlachtfeld. »Ja, stimmt. Man weiß, wie nahe China liegt, aber man begreift es erst richtig, wenn man hier ankommt. Es heißt, daß die großen Katastrophen der nächsten hundert Jahre alle von China ausgehen werden.«
    Er lächelte kühl, rauchte seine Zigarette zu Ende, drückte sie in einem Aschenbecher aus und trommelte nachdenklich auf der Oberfläche des Tisches herum, an den er inzwischen zurückgekehrt war.
    »Nur aus Neugierde – warum?«
    »Zum Teil deshalb, weil es einen riesigen Aufstand in der Öffentlichkeit geben wird, wenn es zu einem Verfahren kommen sollte, und zum Teil deshalb, weil dadurch die Beziehungen zwischen China und Hongkong gefährdet werden. Dazu kommt noch – ich muß es gestehen – so etwas wie persönliche Emotionen.«
    »Wirklich?«
    »Strahlenerkrankungen sind etwas Schreckliches – anders läßt sich das nicht ausdrücken.«
    »Ja, das habe ich auch schon gehört. Aber meine Leute sind da nicht in Gefahr, hoffe ich?«
    »Soweit ich weiß, nicht. Das Schlimme dran ist allerdings, daß die drei wahrscheinlich davonkommen. Es gibt nur Indizienbeweise, die eine Verbindung zwischen ihnen und dem Uran herstellen.«
    »Davonkommen?«
    »Mord. Damit Sie etwas über die Hintergründe erfahren, würde ich Ihnen gerne etwas zeigen.«
    Cuthbert ging in sein Büro und kehrte mit ein paar Fotos zurück. Er begann mit den beiden Tauchern im Krankenhaus. Higgins hob er sich bis zum Schluß auf. Er beobachtete Fairgood, wie er sich das Bild lange ansah: ein Engländer, ein Weißer, ungefähr so alt wie er, der Körper aufgedunsen wie bei einem Tiefseemonster. Fairgood nickte bedächtig und stieß einen leisen Pfiff aus.
    »Ich verstehe.« Er hob den Blick. Cuthberts Strategie war alles andere als subtil. »Nun, ich gehe jetzt lieber.«
    »Natürlich«, sagte Cuthbert. »Nehmen Sie die Fotos mit, wenn Sie wollen – es könnte für Ihre Männer wichtig sein zu wissen, mit was für Leuten sie es zu tun haben.«
    Wieder nickte Fairgood. »Das eine hier reicht.« Er nahm das Foto von Higgins und ließ es in seine Tasche gleiten.
    Auf dem Weg aus dem Raum sagte Fairgood: »Selbst wenn die Männer einverstanden wären, und das halte ich für alles andere als wahrscheinlich, müßte es eine bombensichere Garantie dafür geben, daß die Sache nicht an die Öffentlichkeit kommt und daß sie keinerlei Nachspiel hat – besonders kein gerichtliches. Bombensicher.«
    Cuthbert lächelte wieder. »Hongkong ist nicht Gibraltar, Major. In wichtigen Fragen machen die Medien hier, was wir ihnen sagen. Und die drei Leute sind ja offiziell schon tot.« Fairgood hob die Augenbrauen. »Sie haben mein Wort«, sagte Cuthbert.
    An der Tür gaben sie einander die Hand.

FÜNFZIG
    Sie. In Chans Träumen können sie Form, Rasse und Geschlecht verändern – sie können die Gestalt von Tieren oder Geistern annehmen. Er hat sie schon durch Wände gehen sehen; egal, wie schnell er rennt, sie sind an seiner Seite, einen Schritt links und einen halben hinter ihm. In alten chinesischen Mythen naht der Tod ebenfalls von links. Sind sie denn Chinesen? Anfangs dachte er das. Ganz allmählich jedoch bekamen sie britische Züge; einer von ihnen hatte sogar ein rotes Gesicht und ein Monokel. Sie schleichen sich an ihn an. Wenn er es nicht mehr aushält, wendet er sich zu ihnen um und droht ihnen, sie umzubringen. Sie scheinen verblüfft über dieses

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