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Die letzten Tage von Hongkong

Die letzten Tage von Hongkong

Titel: Die letzten Tage von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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kleine Morde? Haben die den Kaiser von Frankreich durch den Fleischwolf gedreht oder was?«
    »Wenn Sie was hören …«
    »Dann klopf ich bei Ihnen an, Erstgeborener.«
    »Es muß …«
    »Ich weiß schon. Die Informationen müssen zu einer Verhaftung führen und so weiter und so fort. Sie haben mal fünftausend Dollar auf meine Ergreifung ausgesetzt, für einen Bankraub. Nächstes Mal nehme ich einen Fleischwolf. Eine Million! Da soll mich doch gleich … Wenn ich das dem Roten Mast erzähle … Wissen Sie, wenn’s ein wirklich gutes Beweisstück ist …«
    »Über den Betrag können wir reden«, sagte Chan.
    Kan nickte und ging zur Tür. Dort blieb er stehen und schluckte den Schleim herunter, der sich schon wieder in seinem Mund gesammelt hatte. »Also ist die Million erst der Anfang, stimmt’s?«
    An diesem Tag wechselten Gangster mit runden Augen, kantigen Gesichtern und Comic-Strip-Namen einander auf dem Stuhl ab: Fat Boy Wong, Four Finger Bosco, High Rise Lam.
    Joker Liu sagte: »Vielleicht sind Sie auf der falschen Spur, Chief. Vielleicht war’s ein Betriebsunfall.« Er stand auf, um seine These mit Gesten zu illustrieren. »Solche Sachen passieren die ganze Zeit. Plötzlich funktioniert der Fleischwolf nicht mehr, und Opfer Nummer eins steckt die Hand rein, um ihn zu reparieren. Schon ist’s passiert. Das Ding fängt wieder zu mahlen an – es war doch ein Modell vom Festland, oder? – und zieht das Opfer rein, so, mit dem Kopf zuerst. Als Opfer zwei die Schreie von Opfer eins hört, eilt es zu Hilfe und packt Opfer eins am Fuß, so. Aber Opfer zwei bleibt zu lange dran, tja, Pech gehabt. Dann kommt Opfer drei, und wieder passiert das gleiche.« Er setzte sich. »Es ist ein Glück, daß nicht ganz Mongkok in den Fleischwolf geraten ist. Schließlich sorgen wir uns um unsere Mitmenschen und helfen, wenn Not am Mann ist.«
    »Wir bieten eine Million für brauchbare Beweise.«
    Joker Liu, der gerade wieder einen Witz reißen wollte, nickte bedächtig und kratzte sich am Kopf. »Was Sie nicht sagen.« An der Tür sagte er: »Eine Million, das ist die Verhandlungsbasis, stimmt’s?«
     
    Chans Standardweisheit für junge Polizisten, die bei ihm lernten, hatte sich zehn Jahre nicht verändert: »Die meisten Kriminellen verraten ihre Kollegen irgendwann einmal aus Gier, Neid, Trotz, Boshaftigkeit oder reiner Lust am Verrat. Solche einmaligen Verirrungen können sehr hilfreich sein, aber wir von der Polizei brauchen mindestens einen Informanten, der den Verrat als Berufung versteht.«
    Jungen Polizisten, die er gut leiden konnte, sagte er vielleicht auch noch, daß ihre Karriere von der Qualität ihres wichtigsten Informanten abhing. Wenn man das große Glück hatte, einen genialen Informanten zu finden, der einem vertraute, dann mußte man ihn verhätscheln und seinen Launen nachgeben, egal, wie hoch der Preis war. Und man mußte seine Identität zur Geheimsache erklären.
    Chan ließ Wheelchair Lee niemals in sein Büro rufen und achtete immer darauf, daß er nicht gesehen wurde, wenn er ihn besuchte. Er überließ es Aston, die Berichte über die Gespräche mit den Killern von Mongkok zu schreiben, und schlüpfte aus dem Polizeirevier. Er drückte sich zwischen den Stoßstange an Stoßstange stehenden Wagen auf der Nathan Road hindurch, von denen die Abgaswolken hochstiegen, ging kleine Straßen mit chinesischen Namen entlang und schließlich einen Fußweg, der überhaupt keinen Namen hatte. Dieser Pfad führte zu einem Computerladen mit zwei Eingängen. Chan durchquerte den Laden und gelangte auf eine kleine Straße mit Garagen, die fast ausschließlich zur Aufbewahrung und Versendung von Diebesgut und zum illegalen Kopieren von Computer-Software dienten. Nachdem er sich mit einem geheimen Klopfzeichen an einer verstärkten Tür angekündigt hatte, hörte er einen kantonesischen Fluch, und die Tür begann sich nach oben zu öffnen. Chan duckte sich darunter hindurch, bevor sie ganz offen war. Sobald Chan in dem Raum war, schloß Lee das Tor von seinem Rollstuhl aus wieder. Eine Reihe von Lampen erhellte die Garage mit dem halben Dutzend Tapeziertischen, auf denen sich Festplatten, koaxiale Kabel, bunte Kisten mit Software, Bildschirme und Pappschachteln mit Disketten stapelten.
    Unter Lees abgeschnittenem T-Shirt traten seine durchtrainierten Armmuskeln hervor, als er das Stahltor mit einem schweren Eisenriegel verschloß. Dann hob er den Kopf, um Chan anzusehen.
    »Wie gehen die Geschäfte?« fragte

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