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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Natur minder Kühne, aber Habgierigere, erholte sich zuerst wieder.
    »Wir müssen unser Geschäft ins Reine bringen und dann hinwegeilen!« sagte er mit kaum hörbarem Flüstern, aber doch über seine eigene Stimme erschrocken. Er ging an die Schwelle, stund hierauf ein wenig stille, schritt sodann über die heiße Flut und seine todten Brüder nach der heiligen Kapelle, und hieß den Burbo ihm folgen. Der Gladiator aber zauderte und blieb zurück.
    »Um so besser,« dachte Kalenus, »meine Beute wird jetzt nur desto größer sein.« Schnell belud er sich mit den tragbarsten Schätzen des Tempels, und eilte sodann, ohne an seinen Kameraden zu denken, von der heiligen Stätte hinweg. Ein jäher, von dem Berge herabschießender Blitzstrahl, zeigte Burbo, der bewegungslos an der Schwelle stand, den schwerbeladenen, fliehenden Priester. Er faßte Muth und wollte ihm gerade nachgehen, als ein entsetzlicher Aschenregen dicht vor seinen Füßen niederfiel. Der Gladiator wankte noch einmal zurück. Finsternis schloß ihn ein. Der Aschenregen fiel immer dichter; zu einer furchtbaren Höhe stieg der Haufen und verbreitete erstickende Dämpfe. Der Unglückliche konnte kaum mehr athmen und suchte in der Verzweiflung noch einmal zu fliehen; aber die Asche hatte den Ausweg versperrt und er stieß ein schmerzhaftes Gewinsel aus, als seine Füße von der kochenden Flüssigkeit benetzt wurden. Wie konnte er nun entfliehen? Es war ihm nicht möglich, die Straße zu gewinnen, und wäre es ihm auch gelungen, so konnte es ja im Freien ebenso verderblich sein. Am räthlichsten schien es ihm endlich, in der Zelle zu bleiben, wo er wenigstens gegen die verpestete Luft geschützt war. Zähneknirschend setzte er sich nieder. Allmählig drang die erstickende und giftige Luft von außen in sein Gemach. Er konnte es nicht länger aushalten. Seine Blicke schweiften rings umher und hefteten sich endlich auf eine Opferaxt, welche ein Priester in der Zelle zurückgelassen hatte. Diese ergriff er und suchte in verzweifelter Anstrengung mit seinem riesigen Arm sich einen Weg durch die Wände zu bahnen.
    Mittlerweile waren die Straßen leer geworden; die Volkshaufen hatten Schutz und Obdach gesucht und die Asche begann die niedrigen Theile der Stadt zu füllen; nur hier und da hörte man die Schritte von Flüchtigen, die jeder Gefahr Trotz boten, oder sah ihre bleichen, verzweiflungsvollen Gesichtszüge bei dem blauen Scheine des Blitzes oder dem unsteten Lichte von Fackeln, vermittelst derer sie ihre Flucht zu bewerkstelligen suchten. Aber das heiße Wasser, der Aschenregen, oder geheimnisvolle, schnell entstehende und eben so schnell wieder ersterbende Windstöße löschten diese wandernden Lichter aus und erstickten mit ihnen die letzte Hoffnung derer, welche sie trugen.
    Auf der nach dem herkulanischen Thore führenden Straße sah man den Klodius mit ganz verstörter Miene dahin irren. »Vor der Stadt draußen,« dachte er, »werde ich ohne Zweifel verschiedene Gefährte treffen, und Herkulanum ist nicht weit entfernt. Dank Dir, Merkur! Ich habe wenig zu verlieren, und dieses Wenige trage ich bei mir.«
    »Holla! Zu Hülfe! Zu Hülfe!« rief eine jammernde Stimme. »Ich bin gefallen, meine Fackel ist erloschen, meine Sklaven haben mich verlassen; ich bin Diomed, der reiche Diomed; zehntausend Sestertien Dem, der mir hilft!«
    In demselben Augenblicke fühlte sich Klodius bei dem Fuße gefaßt. »Zum Henker mit Dir! Laß mich gehen, Du Narr!« rief der Spieler.
    »O hilf mir auf! gib mir Deine Hand!«
    »Hier, steh' auf.«
    »Ist dies Klodius? Ich kenne die Stimme! Wohin fliehst Du?«
    »Nach Herkulanum.«
    »Dank den Göttern! Unser Weg ist alsdann der gleiche, wenigstens bis zum Thore. Willst Du keine Zuflucht in meiner Villa suchen? Du kennst die lange Reihe unterirdischer Keller; dahin kann wohl der Aschenregen nicht dringen.«
    »Ganz richtig,« sagte Klodius nachdenklich, »und wenn wir Lebensmittel in die Keller schaffen, können wir dort mehre Tage bleiben, wenn auch diese stürmischen Verheerungen noch eine Zeitlang andauern sollten.«
    »O, gesegnet sei, wer Stadtthore erfunden hat!« rief Diomed. »Sieh! dort in jenen Bogen haben sie ein Licht gestellt; das wird uns den Weg zeigen.«
    Die Luft war jetzt einige Minuten ruhig; die Thorlampe sendete weithin ihren hellen Schein. Die Flüchtlinge eilten darauf zu, gelangten ans Thor und gingen an der römischen Schildwache vorbei. Ein Blitz flammte über das bleiche Gesicht und den polirten

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