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Die leuchtende Stadt

Titel: Die leuchtende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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mich … Gefangener. Was habt ihr mit mir vor?« Harding klang bereits ein wenig selbstbewusster, so, als wolle er sich längst nicht alles gefallen lassen. Li-Jared spürte, dass Antares versuchte, die Atmosphäre zwischen den beiden durch ihre beruhigende Präsenz zu verbessern; doch hatte sie damit nur wenig Erfolg.
    L’Kell zog sich ein wenig zurück, schien nachzudenken. »Vermutlich hätte ich Gast sagen sollen«, brummte er. Aber sein Ton wurde schärfer, als er fortfuhr: »Du wirst erst einmal hier bleiben müssen. Bis wir eine Unterkunft für dich vorbereitet haben.«
    »Hier?«, wiederholte der Festländer und machte eine Handbewegung, die den ganzen Raum einschloss. Es war nur zu offensichtlich, dass L’Kell statt ›hier‹ ebenso gut ›Gefängnis‹ hätte sagen können.
    Wieder musterte Li-Jared seinen Freund Bandicut, um sich davon zu überzeugen, wie viel der Mensch von den Vorgängen in der Kabine überhaupt mitbekam. John sah nicht gut aus. »Bandie? Bist – geht es dir gut?«
    In Bandicuts Augen zuckte Erkennen auf; doch wahrscheinlich war es eher eine Reaktion auf die Stimme des Karelianers und darauf, dass ihn jemand anblickte, als ein Zeichen echter Konzentration auf das Geschehen. Li-Jared fühlte einen Stich, tief in seiner Seele. Ihm war, als müsse er hilflos zusehen, wie eine unbekannte Macht seinen Freund mit Taubheit schlug und ihm die Sprache raubte. Würde das für den Rest von John Bandicuts Leben so bleiben?
    *Das, was du in betracht ziehst, ist möglich. Aber nicht ohne Risiko. *
    Li-Jared schrak zusammen. /Was ist möglich?/ fragte er die Steine und schloss die Augen.
    *Kontakt aufzunehmen. Uns zu teilen. Den Platz einzunehmen, den momentan die Steine deines Freundes einnehmen.*
    Seine Herzen schlugen schnell. /Und das Risiko?/
    *Wenn der Wirt sich widersetzt oder zu schwach ist … kann es ihm schweren Schaden zufügen. Und auch den anderen Steinen. Und uns, wenn die Rückkoppelungen zu heftig sind.*
    Erneut gerieten seine Herzen kurz aus ihrem synchronen Rhythmus. /Wenn ich es nicht tue, wird Bandie in diesem Zustand bleiben. Oder es wird ihm sogar schlechter gehen, nicht wahr? Habt ihr irgendwelche anderen Vorschläge? Könntet ihr euch teilen und stattdessen zu Bandie hinüberwechseln?/
    *Er benötigt seine eignen Steine zurück, die Steine, die ihn kennen. Aber wir sind bereit dieses Risiko einzugehen, wenn du es wünschst.*
    Li-Jared war wie erstarrt. Er hörte die Stimmen um ihn herum in der Kabine, war aber nicht einmal imstande, die Augen wieder zu öffnen.
    Wenn du es wünschst.
    So in etwa muss sich ein Vogel fühlen, dachte Bandicut, der auf einer Hochspannungsleitung sitzt und darauf wartet, dass der Blitz einschlägt. Er fühlte sich so, als hätte er erneut den NeuroLink verloren, nur schlimmer: Einerseits war er emotional traumatisiert, denn er erlebte den Verlust der Steine wieder und wieder vor seinem inneren Auge – seit er sie verloren hatte, scheinbar schon vor einer Ewigkeit. Andererseits war es ein körperliches Trauma. Er zitterte. Und nicht allein deshalb, weil ihm kalt war: Vielmehr lag es an dem viel zu hohen Druck, dem er hier ausgesetzt war. Bekam er zu viel Sauerstoff oder etwa zu wenig? Vermutlich zu viel, aber genau wusste er es nicht. Er bekam zu spüren, dass er ständig zwischen Euphorie und Niedergeschlagenheit hin und her pendelte. Wenn nicht bald etwas geschähe, wäre seine Psyche ebenso verloren wie sein Körper.
    Endlich endete die Fugue. Nur verschwommen hatte er mitbekommen, was vor sich gegangen war. Ein Gespräch mit dem Festländer. Harding. Antares nahm Bandicuts Hand; ihre drei schmalen, langen Finger hielten sie mit überraschender Kraft. Die empathische Verbindung schwoll an und ebbte wieder ab, Wellen von Empfindungen umspülten ihn. Viel Interesse, auch Angst, Zuneigung. Dann, wesentlich kontrollierter, eine zweite Welle: Beteuerung, Beruhigung. Sie hatte Angst, Angst um ihn. Allerdings hatte sie auch gelernt, ihre eigenen Emotionen zu unterdrücken und zuzuhören, auf die Bedürfnisse desjenigen zu reagieren, der sich in ihrer Umgebung befand, in ihrer empathischen Reichweite.
    ///Sie ist … du weißt schon,
sehr besorgt um dich, John.
Ist sie wirklich.
Ich glaube sogar, sie könnte in dich verliebt sein,
wenn sie nicht … ///
    /Das ist jetzt nicht gerade der richtige Zeitpunkt, Char, um über so etwas zu sprechen. Wenn sie nicht was?/
    ///Sie befindet sich in einem Konflikt.
Ich kann das deutlich nachempfinden.
Sie

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