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Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition)

Titel: Die Liebe der Baumeisterin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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wir hier in Kazimierz zusammengesessen, und dabei hat er gern von seiner Familie im fernen Nürnberg erzählt. Auch der Name seines Oheims Huttenbeck fiel gelegentlich. Das wird Euer Vater gewesen sein. Wundert Euch nicht, bei Namen täusche ich mich eigentlich nie, selbst nach so vielen Jahren nicht. Zum damaligen Kreis hier in Kazimierz und drüben in Krakau gehörte übrigens auch Veit Singeknecht. Meine Magd sagte mir, Ihr wolltet eigentlich zu ihm.«
    »Wo ist er?« Die Ungeduld übermannte sie nun doch.
    »Leider kommt Ihr zu spät. Der gute Singeknecht und sein Sohn haben die Stadt bereits verlassen.«
    »Was?« Mathilda sprang vom Stuhl, verschüttete dabei den Wein aus ihrem Becher. Zu ihrem Entsetzen landeten einige dicke Tropfen auf dem Buch, das aufgeschlagen auf dem Pult lag. Rasch wollte sie die Seiten trocknen, schreckte dann aber vor den seltsamen Lettern zurück.
    »Das ist ein arabisches Buch über die Sterne«, erklärte Gottlieb und tupfte es vorsichtig mit dem Ärmel seines Kaftans trocken, dann schlug er es zu. Darunter kam ein Buch in einer weiteren eigenartigen Schrift zum Vorschein, die er beiläufig als Hebräisch bezeichnete, bevor er auch dieses Buch schloss und beide Bände auf eine Truhe an der Längswand der Stube räumte.
    Fasziniert schaute Mathilda sich um. Auch auf den Buchrücken in den Regalen fanden sich die verschiedensten Schriftarten. Gottlieb musste ein ganz besonders gelehrter Mann sein. Angesichts dessen schrumpfte Urbans Klugheit erschreckend zusammen, hatte er doch lediglich lateinische und einige wenige griechische Bücher studiert.
    »Gestern sind Singeknecht und sein Sohn in aller Früh aufgebrochen«, knüpfte Gottlieb mit seiner angenehmen Stimme unterdessen wieder an das eigentliche Gespräch an. »Der junge Veit muss Dienstagmittag eine Nachricht erhalten haben, die ihn zu der plötzlichen Abreise veranlasst hat.«
    »Was war das für eine Nachricht? Wohin sind die beiden unterwegs?«
    Jan Gottliebs Antlitz verschloss sich, dennoch gelang es ihm, das Lächeln beizubehalten. »Es tut mir leid, gute Frau, das kann ich Euch nicht sagen. Es entspricht nicht meinen Gepflogenheiten, meine Gäste auszufragen.«
    »Es ist wichtig für mich. Es geht um eine sehr, sehr ernste Angelegenheit.«
    »Das glaube ich Euch aufs Wort.« Sein Lächeln wurde wieder milder. Er faltete die langen, schlanken Hände, deren Haut erstaunlich weiß war, vor dem Leib zusammen.
    Mathilda konnte den Blick nicht von ihm wenden. Noch nie zuvor hatte sie erlebt, dass jemand auf so unterschiedliche Weise lächeln und in dieser winzigen Geste eine Vielfalt von Gefühlen ausdrücken konnte. Das beeindruckte sie bald tiefer als seine Gelehrsamkeit, die ihn arabische und hebräische und weiß Gott noch welche anderen Bücher gleichzeitig lesen ließ.
    »Ihr sagtet, es ginge um eine sehr ernste Angelegenheit. Vielleicht kann ich Euch an Stelle der Singeknechts zur Seite stehen? Als Base eines alten Freundes von mir seid Ihr herzlich in meinem Haus willkommen.«
    »Sehr freundlich von Euch.« Sie spitzte den Mund, überlegte eine Weile, bevor sie etwas umständlich begann: »Vielleicht könnt Ihr mir in der Tat helfen, wenn Ihr sowohl meinen inzwischen verstorbenen Vetter wie auch den alten Singeknecht schon so lange kennt. Womöglich sagt Euch auch der Name Egbert Göllner etwas?«
    »Oh.« Zum ersten Mal seit ihrem Zusammentreffen verschwand das Lächeln auf seinem Gesicht. Ein dunkler Schatten breitete sich über seine hellen Augen aus, die Lippen wurden erstaunlich gerade und farblos. »Ihr tätet gut daran, diesen Namen in meiner Gegenwart nicht allzu oft zu erwähnen. Erspart mir bitte die Verlegenheit, Euch mehr dazu zu erklären.«
    »Das zu hören erleichtert mich sogar.« Sie atmete auf, ging zurück zu dem Stuhl und nahm abermals darauf Platz. Mehrmals knetete sie ihre Finger, sah die langen Bücherreihen entlang, suchte nach Worten, bis es auf einmal wie von selbst aus ihr heraussprudelte. In nüchternen Worten berichtete sie dem aufmerksam lauschenden Gottlieb, was sie in Urbans Aufzeichnungen gelesen hatte und dank eigener Erinnerungen sowie der Ereignisse der letzten Jahre über die Verwicklungen von Urban, Singeknecht und Göllner wusste. Natürlich kam sie trotz Gottliebs Bitte nicht umhin, noch einige weitere Male den Hausvogt zu erwähnen, auch wenn das jedes Mal aufs Neue für unwirsches Stirnrunzeln bei ihrem Gastgeber sorgte. Als sie schließlich von Doras Verhaftung berichtete und

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