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Die Liebeshandlung

Die Liebeshandlung

Titel: Die Liebeshandlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Eugenides
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allesamt wieder in der ausgedienten Preppy-Kleidung, die sie in der Highschool getragen hatten, Cordhosen, Rundhalsausschnitt, L.   L.-Bean-Mokassins. Eines Abends, im Apothecary, hatte sie Blake Higgins kennengelernt, einen einigermaßen gutaussehenden, mittelmäßig doofen Typen, der auf die Babson Business School gegangen war und in Boston lebte, und bald begann Alwyn, ihn dort zu besuchen und sich so zu kleiden, wie Blake oder Blakes Familie es mochte, schicker, teurer, mit Blusen und Kleidern von Gucci oder Oscar de la Renta, und sich darauf einzustellen, jemandes Ehefrau zu sein. In dieser ihrer jüngsten Inkarnation war Alwyn nun vier Jahre verheiratet gewesen, und jetzt ging offenbar auch dieser Versuch, ein zusammenhängendes Ich zu bilden, den Bach hinunter, und Madeleine wurde als die Schwester, die besser beieinander war, hinzugezogen, um es abstützen zu helfen.
    Sie sah ihre Mutter und Schwester die Flugzeugtreppe heruntersteigen, Phyllida die Hand am Geländer, Alwyns Janis-Joplin-Mähne, einziger Überrest ihres ehemaligen Hippie-Ichs, von Windböen gepeitscht. Als sie sich auf dem Asphalt näherten, rief Phyllida fröhlich: «Wir sind von der Schwedischen Akademie! Hierhergekommen, um Diane MacGregor zu sehen.»
    «Ist es nicht erstaunlich, dass sie den Preis bekommen hat?», sagte Madeleine.
    «Es muss phantastisch gewesen sein, das mitzuerleben.»
    Sie umarmten sich und Phyllida sagte: «Wir hatten gerade die Snyders bei uns zum Abendessen. Professor Snyder war früher am Baxter als Biologe, und er hat mir die Arbeit von Dr.   MacGregor erklärt. Ich bin also voll auf dem Laufenden! ‹Springende Gene›. Ich freue mich schon darauf, über all das mit Leonard zu reden.»
    «Er hat heute ziemlich viel zu tun», sagte Madeleine so beiläufig wie möglich. «Wir wussten ja bis gestern Abend nicht, dass ihr kommen würdet, und er muss arbeiten.»
    «Natürlich, wir wollen ihm seine Zeit auch gar nicht stehlen. Wir sagen ihm nur ganz schnell guten Tag.»
    Alwyn trug zwei kleine Taschen, über jeder Schulter eine. Sie hatte zugenommen, und ihr Gesicht war sommersprossiger denn je. Sie duldete eine kurze Umarmung, ehe sie zurückwich.
    «Was hat Mummy dir erzählt?», fragte sie. «Hat sie dir erzählt, dass ich Blake
verlassen
habe?»
    «Sie sagte, dass ihr Probleme habt.»
    «Nein. Ich habe ihn verlassen. Ich habe es satt. Die Ehe ist vorbei.»
    «Sei nicht so theatralisch, Liebes», sagte Phyllida.
    «Ich bin nicht theatralisch, Mummy», sagte Alwyn. Siestarrte Phyllida wütend an, wandte sich aber, vielleicht aus Furcht vor der direkten Konfrontation, an Madeleine, um sich zu erklären. «Blake arbeitet die ganze Woche lang. Dann, am Wochenende, spielt er Golf. Er ist wie ein Papi aus den Fünfzigern. Und wir haben kaum Babysitter. Ich wollte ein Aupair-Mädchen, aber Blake sagte, er will nicht die ganze Zeit jemanden im Haus haben. Also habe ich ihm gesagt: ‹Du bist doch nie zu Hause! Dann versuch du es, kümmer dich als Vollzeitjob um Richard. Ich verschwinde hier.›» Alwyn zog eine Grimasse. «Das Problem ist nur, jetzt platzen mir die Titten.»
    Draußen, unter freiem Himmel, in Sichtweite anderer Leute, fasste sie sich mit beiden Händen an ihre geschwollenen Brüste.
    «Ally, bitte», sagte Phyllida.
    «Bitte was? Im Flugzeug hast du mich keinen Tropfen Milch abpumpen lassen. Was erwartest du?»
    «Es gab so gut wie keine Privatsphäre. Und der Flug war so kurz.»
    «Mummy hatte Angst, den Männern in der Reihe dahinter würde einer abgehen», sagte Alwyn.
    «Es ist schlimm genug, dass du darauf bestehst, Richard in der Öffentlichkeit zu stillen. Aber diesen verrückten Apparat zu benutzen   –»
    «Das ist eine Milchpumpe, Mummy. So was hat jeder. Du nicht, weil deine Generation allen Babys Muttermilchersatz verabreicht hat.»
    «Ihr zwei scheint mir doch ganz gut gelungen.»
    Als Alwyn schwanger wurde, vor etwas mehr als einem Jahr, war Phyllida hellauf begeistert gewesen. Sie war nach Beverly gefahren, um beim Einrichten des Kinderzimmers zu helfen. Sie war mit Alwyn Babykleidung einkaufen gegangenund hatte das alte Krippenbettchen von Alwyn und Maddy aus Prettybrook geschickt. Die Mutter-Tochter-Gemeinsamkeit dauerte bis zur Geburt. Kaum war Richard auf der Welt, wurde Alwyn plötzlich zu einer Expertin für Säuglingspflege und mochte nichts von dem, was ihre Mutter tat. Als Phyllida eines Tages einen Schnuller mitbrachte, benahm Alwyn sich, als hätte sie vorgeschlagen, das Baby

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