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Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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bunt schillerndes Sortiment, das die Kinder wie kleine Miniaturmodelle ihrer Eltern in den 70er-Jahren aussehen ließ. Ein Teil der Waren war natürlich aus ökologisch produzierter Baumwolle, um die Kleinen vor unerwünschten Chemikalien zu schützen. In gewisser Weise sympathisch, aber im Moment tat es nur Ninas Kreditkartenkonto weh. Eine gut duftende Mutter, die sich die schicken, frisch geschnittenen Haare mit einer riesigen Sonnenbrille aus dem Gesicht hielt, glitt lautlos vorbei, ein fettes Baby auf der Hüfte wiegend. Wieder spürte Nina, wie ihr die verschwitzte Bluse auf dem Rücken klebte und sie sauer zu riechen begann. Sicher spielte dabei auch ihre Angst eine gewisse Rolle. Auf jeden Fall passte sie in diesem Moment ebenso wenig in diese Seeland-Idylle wie ein Bernhardiner in eine Zweizimmerwohnung in Nørrebro.
    Sie schnappte sich rasch fünf Unterhosen aus einem Angebotsständer in der Mitte des Ladens. Dann wühlte sie durch die Stapel mit Jeans und Sommerhemden. Wie lange würde sie ihn behalten? Wie lange würde er bei ihr sein?
    Sie hatte keine Ahnung, entschloss sich aber, optimistisch zu sein. Eine lange und eine kurze Hose und zwei dünne, langärmelige Hemdchen mussten fürs Erste reichen. Außerdem war es warm. Nina ging zu den Schuhregalen an der Seite des Ladens und biss sich auf die Lippe. Ein paar Sandalen brauchte sie auch noch. Sie entschied sich für Größe 26, die mussten passen, jedenfalls, solange er bei ihr war. Sie stapelte Kleider und Sandalen auf den Kassentisch und versuchte die Verkäuferin so wenig wie möglich anzusehen, während diese die Preise einscannte.
    »Das macht dann 1458 Kronen«, sagte die Frau und lächelte sie freundlich und ein wenig überheblich an. Nina zwang sich, den Blick zu heben und das Lächeln zu erwidern. Dann tippte sie widerwillig die Geheimnummer ihrer Kreditkarte ein
und nahm die weiße Plastiktüte mit diskretem Nicken entgegen. Draußen war es noch immer brütend heiß. Nina warf einen Blick auf ihre Uhr. 19.02 Uhr, genau zwei Minuten nach Ladenschluss. Sie war zwölf Minuten in der Boutique gewesen. Als sie die Einmündung des Olgasvej erreichte und zu ihrem Auto blickte, war nichts Ungewöhnliches zu sehen. Keine Ansammlung besorgter Menschen, keine neugierigen Blicke. Ein älterer Mann schlurfte an ihrem kleinen Fiat vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Der Junge schlief noch immer, dachte Nina erleichtert und suchte mit den Augen noch einmal den Stationsvej ab. Auf der anderen Straßenseite war ein Netto-Supermarkt. Wenn sie sich beeilte, konnte sie noch ein paar Lebensmittel kaufen. Sie war zwar nicht hungrig, hatte aber seit dem Morgen nichts mehr gegessen.
    Sie überquerte die vor Hitze flimmernde Hauptstraße und lief durch den verdreckten Eingang des Ladens. Die Einteilung war die gleiche wie bei allen Discountern, und sie brauchte nicht lang, um zwei Packungen Toastbrot, eine Tüte Äpfel und zwei Flaschen Wasser zu finden. Erst an der Kasse fiel ihr Blick auf die Kühltheke am Ende des Waschmittelregals. Etwas Kaltes natürlich, mit reichlich Kalorien. Sie schob den Deckel beiseite, fischte eine Eiswaffel heraus und legte sie in den Einkaufswagen. An der Kasse saß nur ein dickliches junges Mädchen mit nettogelbem T-Shirt, das mit seinen langen, viereckigen Nägeln auf die Kasse trommelte.
    Gleich darauf stand Nina mit ihren Einkäufen in einer gelben Netto-Tüte wieder in der Sonne. Sie hastete zurück zum Auto. Jetzt war sie exakt 16 Minuten fort gewesen, und plötzlich wusste sie, dass diese Zeit zu lang gewesen war. Sie hatte sich hinreißen lassen und kostbare Zeit vergeudet. Richtig bewusst wurde ihr das, als sie die Frau mit dem Kinderwagen bemerkte, die ein paar Meter vor ihr auf dem Bürgersteig stand und beunruhigt mal nach rechts, mal nach links auf
den Oscarsvej starrte. Das Herz rutschte Nina in die Hose, aber trotzdem gelang es ihr, so viel Tempo aufzunehmen, wie es sich für eine etwas überarbeitete, aber verantwortungsvolle Mutter gehörte.
    »Ist das Ihr Auto? Ist das Ihr Sohn da drinnen?«
    Die Stimme der Frau überschlug sich vor Wut und Verachtung, als sie Nina erblickte.
    Nina antwortete nicht gleich, sondern begnügte sich damit, ihr zuzunicken. Der Weg zum Auto kam ihr unendlich lang vor, und jetzt, da die Frau endlich jemand gefunden hatte, auf den sie sich stürzen konnte, kochte die Wut in ihr hoch. Sie war etwas älter, als Nina aus der Entfernung geschätzt hatte. Eine dieser gepflegten

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