Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lieferung - Roman

Die Lieferung - Roman

Titel: Die Lieferung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
anderen nützlichen Adressen. Im gleichen Augenblick, als die Verbindung zustande kam, sah sie sich selbst auf dem Überwachungsbildschirm, der über der Kasse hing.

    »Polizeizentrale Nord-Seeland.«
    Nina stand wie gelähmt da, während ihre Gedanken sich zäh wie Kaugummi durch ihre Gehirnwindungen pressten.
    »Hallo? Polizeizentrale Nord-Seeland, kann ich Ihnen helfen?«
    Nein, dachte Nina und legte auf. Sie konnte nichts mehr für Karin tun, sie musste sich jetzt ganz auf den Jungen konzentrieren.
    Er hatte sich nicht gerührt, lag immer noch zusammengerollt an der Autotür. Sie überlegte kurz, ob sie ihn auf die Rückbank legen sollte. Aber davon würde das Gefühl, verfolgt und beobachtet zu werden, auch nicht vergehen. Sie drehte den Zündschlüssel und bog mit dem Fiat auf den Frederiksborgvej. Zumindest war sie jetzt wacher, und eine einigermaßen zusammenhängende Denktätigkeit kam ihr nicht mehr wie eine unerreichbare Leistung vor. Bei Værløse fuhr sie wieder auf die Autobahn und folgte dem Strom der Autos Richtung Stadt durch die warme, drückende Abendluft.
    Ich habe einen Plan, dachte sie. Er ist nicht unbedingt genial, aber besser als nichts. Denn eines stand inzwischen für sie fest. Der einzige Schlüssel zu dem Rätsel, wo der Junge herkam, war der Junge selbst.

     
    Das Klingeln des Handys weckte sie. Es war Darius.
    »Verdammt, Sigita, du hast mich bei der Polizei angezeigt!«
    »Nein, oder … ich hab doch gesagt, dass du es nicht warst. Dass er nicht bei dir ist.«
    »Dann erklär mir mal, warum gerade zwei nicht sehr freundliche Herren der deutschen Polizei hier waren und meine ganze Wohnung auf den Kopf gestellt haben!«
    Sie hörte, wie sauer er war, freute sich aber trotzdem, denn das bedeutete doch, dass der kugelschreiberklickende Gužas wider Erwarten Kontakt mit der Polizei in Düsseldorf aufgenommen hatte, wo Darius zurzeit wohnte.
    »Darius, es ist doch klar, dass die das überprüfen müssen. Bei geschiedenen Eltern ist das doch der erste Gedanke.«
    »Wir sind nicht geschieden.«
    »Dann eben getrennt.«
    »Hast du wirklich geglaubt, ich käme auf die Idee, ihn einfach zu mir zu holen?«
    Sie versuchte, ihm von der Frau im Popelinemantel und Frau Mažekienės falscher Schlussfolgerung zu erzählen, aber er war zu aufgebracht, um ihr zuzuhören.
    »Wirklich, Sigita, das geht zu weit!«
    Klick. Er hatte aufgelegt.
    Sie blieb verwirrt auf der Bettkante sitzen. Sie hatte nicht einmal eine Stunde geschlafen. Es war noch immer Nachmittag, und ihre Kopfschmerzen waren noch immer nicht weg. Sie öffnete die Tür und trat auf den Balkon.

    Fast schien es, als wäre das das Signal, auf das Frau Mažekienė schon lange wartete. Sie saß inmitten eines Dschungels aus Tomatenpflanzen und Begonien auf ihrem Balkon.
    »Ah, da sind Sie ja wieder«, sagte sie. »Gibt es Neuigkeiten?«
    »Nein.«
    »Die Polizei war hier«, erzählte sie. »Ich musste eine Aussage machen!« Sie klang beinahe stolz.
    »Und, was haben Sie gesagt?«
    »Nun, ich habe ihnen von dem Pärchen erzählt, und von dem Auto … äh … und sie haben sich auch nach Ihnen erkundigt.«
    »Das kann ich mir denken.«
    »Ob es andere Liebschaften gibt und so. Jetzt, wo Sie allein sind.«
    »Und, was haben Sie geantwortet?«
    »Bei meiner Seele, ich bin doch keine Klatschtante. Ich habe der Polizei gesagt, dass sich hier jeder um seine eigenen Sachen kümmert.«
    »Aber Sie wissen doch ganz genau, dass ich keinen Liebhaber habe, warum haben Sie das denn nicht gesagt?«
    »Woher soll ich das denn wissen? Ich gucke doch nicht durchs Schlüsselloch oder lausche auch nicht an der Wand!«
    »Nein«, seufzte Sigita. »Natürlich nicht.«
    Frau Mažekienė beugte sich vor. »Ich habe Cepelinai gekocht«, sagte sie. »Wie wär’s, haben Sie Lust?«
    Schon bei dem Gedanken an die schweren gelblich-weißen Kartoffelklöße schnürte sich ihr der Hals zu.
    »Das ist nett von Ihnen, aber nein, danke.«
    »Auch wenn es einem schwer ums Herz ist, muss man etwas essen«, erwiderte Frau Mažekienė. »Das hat meine Mutter immer gesagt. Der Himmel sei ihr gnädig.«

    Mir ist nicht schwer ums Herz, dachte Sigita. In mir ist alles schwarz. Die Finsternis hatte sich wieder in ihr breitgemacht, und sie konnte Frau Mažekienės gut gemeinte Zuwendung plötzlich nicht mehr ertragen.
    »Entschuldigen Sie«, sagte sie abrupt, »ich muss schnell …«
    Sie flüchtete zurück in ihre Wohnung, ließ die Balkontür aber offen stehen. Diesmal wurde sie nicht

Weitere Kostenlose Bücher