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Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition)

Titel: Die Luna-Chroniken, Band 2: Wie Blut so rot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marissa Meyer
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Verschönerungsversuche ins Auge. Sie quetschte sich an einem Mädchen vorbei, dessen Haare streifig wie bei einem Zebra gefärbt waren, und an einer Eskortdroidin mit üppigen Kurven, die einen Mann an einer straffen Leine führte. Unter den Zuschauern waren viele Cyborgs, die gar nicht verbergen wollten, dass sie welche waren. Sie stellten ihre Prothesen und Ersatzteile zur Schau – schwarz polierte Metallarme und reflektierende Augäpfel, die schauderhaft aus den Höhlen traten. Scarlet glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als sie sich an einem Mann vorbeidrückte, der sich vor Lachen über einen steifen Nachrichtensprecher ausschüttete, den er auf einem Bildschirm in seinem muskulösen Bizeps ansah.
    Plötzlich hörte sie überall erwartungsvolle Rufe aus der Menge. Ein Mann mit einem Skelett-Tattoo auf dem nackten Rücken hatte die Bühne bestiegen. Einen Gegner konnte Scarlet durch die dichten Zuschauerreihen nicht ausmachen.
    Die Hände in den Taschen ihres roten Kapuzenpullis vergraben, suchte sie die Menge aus unbekannten Gesichtern und merkwürdig gekleideten Gestalten ab. In ihren schlichten, an den Knien zerrissenen Jeans und dem abgetragenen roten Pulli von ihrer Großmutter fiel sie hier sehr auf. Normalerweise wirkte der Kapuzenpulli wie eine Tarnung – aber nur in einer Stadt, in der sich alle etwas nachlässig anzogen. Hier war sie wie ein Chamäleon unter Alligatoren. Die Leute glotzten ihr hinterher, als sie sich beharrlich suchend einen Weg bahnte.
    Sie kam zur hinteren Wand des Gebäudes, an der sich Kisten aus Metall und Plastik stapelten. Keine Spur von Wolf. Sie quetschte sich in die Ecke, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen, und zog die Kapuze in die Stirn. Die Pistole grub sich ihr in die Hüfte.
    »Du bist ja gekommen.«
    Sie zuckte zusammen. Wolf stand plötzlich neben ihr, als wäre er aus den Graffiti herausgesprungen, und fixierte sie aus seinen grünen Augen, in denen der Widerschein der schäbigen LED s flackerte.
    »Tut mir leid«, sagte er und trat einen Schritt zurück. »Ich wollte dich nicht erschrecken.«
    Scarlet ignorierte seine Entschuldigung. Im Halbschatten erkannte sie das untere Ende seiner Tätowierung, die ihr vor ein paar Stunden noch nebensächlich vorgekommen war und sich ihr seit den Worten ihres Vaters ins Gedächtnis eingebrannt hatte.
    Der, der mir den Schürhaken gegeben hat, war tätowiert …
    Ihr Gesicht brannte. Vor Wut schäumend sprang sie auf ihn zu und schlug ihm die Faust mit voller Wucht in den Solarplexus. Sie war so hasserfüllt, dass sie glaubte, seinen Schädel mit ihren bloßen Händen zusammenquetschen zu können, obwohl er einen Kopf größer war.
    »Wo ist sie?«
    Wolf verzog keine Miene, seine Hände hingen locker herab. »Wer?«
    »Meine Großmutter! Was hast du mit ihr gemacht?«
    Er kniff die Augen zusammen und sah sie fragend an, als würde sie eine fremde Sprache sprechen. »Deine Großmutter?«
    Scarlet biss die Zähne aufeinander und schlug ihm noch einmal mit aller Wucht die Faust gegen die Brust. Er fuhr zusammen, aber eher aus Überraschung als aus Schmerz. »Ich weiß, dass du das warst. Du hast sie entführt und verschleppt. Du hast meinen Vater gefoltert. Und du wirst dafür sorgen, dass sie zurückkommt – und zwar sofort.«
    Er warf einen schnellen Blick über ihre Schulter. »Tut mir leid, aber sie rufen mich auf die Bühne.«
    Das Blut pochte Scarlet in den Schläfen, sie packte ihn am Handgelenk, zog die Pistole und hielt die Mündung auf sein Tattoo.
    »Mein Vater hat das da gesehen, obwohl er mit Drogen vollgepumpt war. Unwahrscheinlich, dass es zwei solcher Tätowierungen geben sollte. Und dass du zufällig an dem Tag in meinem Leben auftauchst, an dem die Kidnapper meinen Vater freilassen, nachdem sie ihn eine ganze Woche lang gefoltert haben!«
    Einen Moment sah er sie mit klarem Blick an, doch dann zog er die Augenbrauen zusammen. In seinem Mundwinkel zeigte sich eine verblasste Narbe. »Jemand hat deinen Vater und … deine Großmutter entführt?«, fragte er zögernd. »Einer, der so ein Tattoo wie ich hatte? Und der hat deinen Vater heute laufenlassen?«
    »Hältst du mich für bekloppt?«, schrie sie. »Du willst mir doch nicht im Ernst weismachen, du hättest nichts damit zu tun!«
    Wolf schaute noch einmal zur Bühne. Sie packte sein Handgelenk noch fester, aber er machte gar keinen Versuch, sie abzuschütteln. »Ich bin seit zwei Wochen jeden Tag im Gasthaus Rieux. Alle Kellner können das

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