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Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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ihnen arbeiteten vom Boot oder von der Fondamenta aus, aber die meisten wateten, nackt bis auf Lendenschurze, durch das hüfthohe Wasser und warfen Steinbrocken und Holzplanken auf Transportflöße.
    Das Boot trieb die letzten Meter zu dem hinter einer Arkade befindlichen Wassertor eines düster wirkenden Hauses. Der ehemals goldfarbene Marmor der Fassadenverkleidung war von Flammenspuren gezeichnet, die sich in rußigen Schlieren von der Wasserlinie bis zum Dach zogen. Die Fenster waren von der Hitze des Feuers geborsten, und die kunstvollen Inkrustationen über der Loggia des Piano nobile versengt. Das offen stehende Wassertor, ehemals grün gestrichen, war verbogen und von schwärzlichen Abplatzungen übersät.
    »Wohnt hier dein Auftraggeber?«, fragte Sanchia.
    »Ja«, antwortete Piero, erleichtert, dass sie allem Anschein nach wieder zur Normalität zurückkehrte.
    »Vater, warum wurde dem Mann der Kopf abgeschlagen?«
    Piero zuckte zusammen. »Ich weiß es nicht, Piccina . Es war einfach ein armer Teufel.«
    »Es heißt, nur Nobili werden auf der Piazetta geköpft«, ließ sich Pasquale vernehmen. »Das gemeine Volk wird gehenkt oder heimlich in den Kerkern des Dogenpalastes stranguliert. Die Patrizier hingegen bekommen den kalten Stahl zu spüren. Es ist Ehre und Strafe zugleich. Für die wirklich schlimmen Taten, versteht sich. Ein alltäglicher Diebstahl reicht dafür bestimmt nicht aus, darauf möchte ich wetten.« Er saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden des Sàndolo und lutschte an der letzten Orange. Der Genuss der saftigen Frucht schien zu Pieros Missfallen sein Mitteilungsbedürfnis zu beflügeln. »Sie müssen die verwerflichsten Dinge tun, um diese Strafe zu verdienen.«
    »Was weißt du schon«, wies Piero ihn scharf zurecht. Er wollte das Thema nicht vertiefen und hätte alles Mögliche getan, um Sanchia wieder lachen zu sehen. Bianca hatte es besser gewusst als er. Es war dumm und leichtsinnig, das Kind mitzunehmen. Hätte er doch nur auf seine Frau gehört!
    »Wer immer das gesagt hat – er hat Recht.« Die Worte kamen von einer Männerstimme, die verwaschen und dumpf wie aus einer Höhle nach draußen tönte. »Sehr verwerfliche Dinge.«
    Das Boot trieb das letzte Stück durch die Arkaden und dann durch das eiserne Wassertor in den Andron , die Halle hinter dem Tor. Wie alle am Kanal befindlichen größeren Häuser besaß auch dieses einen Eingang zu Wasser und zu Lande. Der steinerne Torbogen war mit Moos bewachsen und klaffte wie ein offenes Maul zu einer tiefschwarzen Hölle, aus der es verbrannt und schweflig stank.
    »Der gute Bernardino hat es übertrieben mit den kleinen Jungs. Sein Schwanz hat ihn den Kopf gekostet. Ein Correr weniger auf der Welt. Zu dumm, dass es immer noch so viele von ihnen gibt.« Blechernes Lachen folgte, das von einem kurzen Hustenstoß abgelöst wurde. »Kommt hier Besuch? Was für ein seltenes Vergnügen in der letzten Zeit!«
    Nach dem blendenden Tageslicht draußen erschien Piero die Halle tatsächlich fast so finster wie der Höllenschlund, und dazu passend wirkten auf ihn die Umrisse des Mannes, der auf dem Podest oberhalb der Wasserlinie stand, wie die Gestalt des Leibhaftigen persönlich. Bis auf die dunkle Silhouette und den Umhang war kaum etwas zu erkennen. Eine Fackel oben an der gemauerten Wand erhellte die Umgebung nur spärlich.
    Erst nachdem er ein paar Mal geblinzelt und seine Augen auf die veränderten Lichtverhältnisse eingestellt hatte, vermochte Piero weitere Einzelheiten auszumachen. Auf der gekachelten Steinbalustrade, zu der schlüpfrige, algenüberwucherte Stufen hinaufführten, waren etliche Stapel von teils angesengten, teils geborstenen Kisten zu sehen. Aus einer quoll verschiedenfarbige Seide, die an den Rändern verkohlt war. Quer über einer anderen Kiste lag ein halb ausgerollter Teppich, dessen kunstvolle Weberei an mehreren Stellen vom Feuer weggefressen war. Andere Teppiche, in hoher Stückzahl an der Wand aufgestapelt, sahen nicht viel besser aus. Hier lagen auch weitere Ballen Seide aufgetürmt, so viele, dass ihre Anzahl schlecht geschätzt werden konnte. Die meisten waren vom Feuer verschrumpelt und geschwärzt, ebenso wie die Bänke, auf denen sie lagen. In einer nunmehr rußigen Kiste hatten offenbar Folianten gelegen, aber bis auf verkohlte Blöcke und ein paar Reste vom Einband war kaum noch etwas von ihnen übrig geblieben.
    Es roch durchdringend nach verschmorten Gewürzen, verbranntem Papier und

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