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Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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kostbare Blume, die aus einem Garten gerissen und in einen Sumpf verpflanzt wurde.«
    Lorenzo blickte überrascht auf. Aus der Stimme seines Onkels klang Trauer.
    Doch er hatte keine Gelegenheit, sich damit auseinander zu setzen, denn aus dem Ruderraum war wütendes Gebrüll zu hören. Der Führer der Rudertruppe kam aus der Luke ins Freie geklettert und näherte sich Francesco und Lorenzo mit ärgerlicher Miene.
    »Es gibt ein Problem, Domine«, sagte er.
    Francesco hob die Brauen. »Ich ahne es. Die Männer wollen nicht nach Venedig.«
    »Mit Verlaub, Domine. Wenn dort die Pest herrscht, sind wir auf See besser aufgehoben.«
    »Das ist ein gutes Argument. Aber der Durst wird uns nur zu bald an Land treiben. Das Wasser reicht nur sehr knapp bis Venedig, und die Essensvorräte halten auch nicht länger.«
    »Wir haben den Wein und die Esel aus Candia.«
    Francesco lachte. »Ihr wollt die Esel braten und den kretischen Wein dazu saufen?«
    »Nicht ich, Domine. Ich will nach Hause. Ich habe eine Frau und drei Kinder. Vor lauter Sorge bin ich schon ganz verrückt. Aber die Männer sind kurz davor, zu meutern.«
    »Alle oder nur ein paar?«
    »Fast alle. Die wenigen, die wie ich zu ihrer Familie wollen, können niemals allein das Schiff in die Lagune rudern.«
    Die meisten Ruderer hatten keine Familie, weil sie fast ausschließlich auf See lebten. Sie waren harte Gesellen, was Lorenzo bereits mehrfach aus der Nähe hatte erleben können. Muskelbepackt, stiernackig und die meiste Zeit wegen der dumpfen Hitze im Ruderraum nur mit Lendenschürzen bekleidet, ähnelten die Männer einer Truppe archaischer Krieger. Wie solche benahmen sie sich zuweilen auch. Brutale Zweikämpfe, Saufgelage und obszönes Gebrüll waren im Ruderraum an der Tagesordnung. Zu den Ruderzeiten herrschten Konzentration und Disziplin, aber wenn die hallenden Rhythmustrommeln verstummt waren, weil das Schiff unter vollen Segeln Fahrt machte, brach häufig Unruhe aus. Knochenarbeit und untätiges Dösen in dem von Fliegen und Gestank erfüllten Schiffsbauch wechselten in einer Weise, die der Gesundheit eines Menschen alles andere als zuträglich war, das wusste jeder, der mit Galeerenruderern zu tun hatte.
    Francesco schien keine Angst vor einer Meuterei zu haben. »Sag den Männern, wenn sie uns sicher nach Hause bringen und während dieser Zeit weder Esel schlachten noch Weinfässer anstechen, bekommt jeder einen halben Dukaten extra. Und einen Schlauch mit Malvasier, der bekanntlich sehr gut gegen Pestdünste wirkt.«
    Damit hatte er anscheinend die richtige Taktik eingeschlagen. Der Anführer der Rudertruppe grinste beifällig und verschwand durch die Luke im Innenraum des Schiffs.
    »Das ging noch mal gut«, sagte Lorenzo.
    »Es wird immer wieder vorkommen.« Francesco machte ein ernstes Gesicht. Der Wind wehte ihm das Haar vor die Augen, und er strich es achtlos beiseite. »Die Zeit der bezahlten Ruderer wird irgendwann vorbei sein.«
    »Weil sie zu wenig verdienen?«
    »Nein, weil die Arbeit als so niedrig angesehen wird, dass niemand mehr sie machen will. Es gibt jetzt schon Länder, in denen die Galeeren nur noch von Verbrechern gerudert werden, weil man diese Schinderei dort für schlimmer hält als jede andere Strafe. Nicht nur die Dromenen der Araber, sondern auch die Schiffe der Franzosen sind mit Rudersklaven bemannt. Sie sind mit Ketten an die Bänke geschmiedet und sterben wie die Fliegen. Aber es gibt immer wieder kostenlosen Nachschub, deshalb werden bald andere Länder dem Prinzip folgen. Dann wird das Rudern auch in Venedig derart verpönt für freie Menschen sein, dass keiner mehr dafür zu haben ist, außer er wird gezwungen.« Er zuckte die Achseln. »Was wiederum den Niedergang einer Seemacht nur beschleunigen kann. Alle Arbeit, die unter Zwang ausgeführt wird, taugt nichts.«
    Wie aus dem Nichts sank plötzlich eine schneeweiße Feder dicht beim Mast zu Boden, direkt vor Lorenzos Füße. Er hob den Kopf und lachte, erstaunt und befreit. »Sie sind wieder da!«
    Die Tauben hockten auf einer Verstrebung in der Takelage nahe beim großen Lateinersegel und putzten ihr Gefieder.
    Lorenzo eilte zum Schlag, den er in einem Aufbau am äußersten Ende des Hecks untergebracht hatte. Zwei Matrosen, die im Schatten eines gegen die Mittagssonne aufgespannten Segels auf den Planken hockten und Taue spleißten, lachten anerkennend, als die Tauben wie zwei dicht aufeinanderfolgende weiße Blitze niederstießen.
    »Ein Liebchen, das aus der

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