Die Mädchen (German Edition)
längst zu den Akten
gelegt. „Das ist lange her.“
„Aber ich hab es nicht vergessen.
Und es ist mir peinlich. Seit der Renovierung will ich schon mit dir reden,
aber es hat sich bisher nie ergeben.“
Und wäre es doch dabei geblieben.
Glen war dieses Gespräch irgendwie unangenehm. Und es erschien ihm auch so
unpassend. Warum war das für Roman alles so wichtig? Hatte er keine anderen
Sorgen? Oder wollte er sich dadurch eben genau davon ablenken?
„Ich hab lange gebraucht, um zu
merken, dass du echt in Ordnung bist.“
Glen musste trotz der Situation
grinsen. „Danke gleichfalls.“
„Weißt du, dass Doreen mich darauf
gebracht hat?“
Er konnte es sich denken.
„Sie hat mich nicht überredet oder
so.“
Nicht?
„ Ich find Doreen super. Sie ist die beste Partnerin, die ich je
hatte. Und da hab ich mir gedacht, wenn sie mit dir befreundet ist, kannst du
kein Arsch sein.“
„Wie nett.“
Roman streckte die Hand aus.
„Freunde?“
Glen zögerte keine Sekunde und
griff zu. „Kannst du einen drauf lassen.“
Eine Weile saßen sie schweigend
nebeneinander. Glen beobachtete aus den Augenwinkeln die Frau, die mittlerweile
unruhig auf und ab ging, und korrigierte seine Einschätzung um etwa zehn Jahre
nach oben. Wartete sie auf Neuigkeiten über ihren Mann?
„Warum passiert da nichts?“ fragte
Roman schließlich. „Dieses Ungewisse, das untätige Rumsitzen macht mich noch
ganz krank.“
Glen zeigte auf die Glasscheibe,
hinter der eine rundliche Frau in Schwesterntracht Platz genommen hatte. „Soll
ich mal bei der Schwester nachfragen?“
„Das mach ich selbst“, sagte Roman
und sprang auf.
Es war, als ob er ein Kommando
gegeben hatte, denn im beinahe selben Moment öffnete sich die Automatiktür zur
Notaufnahme und ein Mann in weißem Kittel kam heraus.
„Her Frohloff?“ sagte er mit einer
hohen Stimme, die nicht zu seiner kräftigen Statur zu passen schien.
„Ja?“ Roman eilte zu ihm. „Was ist
mit meiner Frau? Wie geht es ihr? Was ist mit dem Kind?“
„Beruhigen Sie sich bitte. Ich bin
Dr. Ahlers.“ Er gab Roman die Hand. „Es geht beiden den Umständen entsprechend
gut.“
Glen fiel ein Stein vom Herzen. Wie
Roman bei diesen Worten zumute war, konnte er nur erahnen
„Was? Dem Baby ist nichts
passiert?“ Romans Stimme überschlug sich beinahe. „Kann ich meine Frau
sehen?“
„Ja. Aber nur ein paar Minuten. Und
allein“, fügte er mit einem Blick auf Glen hinzu.
„Geh. Ich warte hier.“ Als ob er
hätte mitgehen wollen.
Roman folgte dem Arzt und Glen
verzog sich wieder auf seinen Stuhl. Er wollte gar nicht zuhören, aber da die
Frau die einzige Person mit ihm in dem Raum war, konnte er gar nicht anders,
als jedes Wort aufzusaugen, was die Frau mit der Schwester wechselte.
„Hören Sie“, begann sie. „Ich warte
jetzt seit zwei Stunden auf Neuigkeiten über meinen Sohn.“
Also kein Ehemann, der beim Golf
einen Herzinfarkt erlitten hatte.
„Wie ist Ihr Name? Dann kann ich
nachfragen, was mit Ihrem Sohn los ist.“
„Tuchel.“
Glen erstarrte. Eine harmlose
Namensgleichheit?
Die Schwester glich scheinbar eine
Liste mit Namen ab. „Christopher Tuchel?“
„Ja.“
Hätte Glen nicht bereits gesessen,
hätte es ihm den Boden unter den Füßen weggezogen.
Christopher Tuchel im
Krankenhaus? Was hatte das zu bedeuten? Auf einmal war er mehr als interessiert
an der Unterhaltung, die da vorne ablief.
„Es nimmt niemand ab“,
sagte die Schwester und legte den Hörer wieder beiseite. „Ich werde mal kurz
rübergehen und fragen, was los ist.“
Sie stand auf und
verließ das Büro hinter der Glasscheibe, während die Frau langsam auf ihren
Stuhl zurückging. Glen musterte sie verstohlen. Sie war groß und schlank, hatte
kurzes graues Haar und sportliche Kleidung. Sie wirkte wie eine Frau, die sich
seit Jahren durch Jogging und einen wöchentliche Besuch im Fitnessstudio fit
hielt.
Glen räusperte sich und
ging auf sie zu. Von dichtem sah er, dass ihre Augen gerötet waren.
„Entschuldigung, dass
ich Sie so einfach hier anspreche, aber ich haben Ihren Namen vorhin mitbekommen.
Tuchel, oder?“
Die Frau sah ihn
einigermaßen überrascht an. „Ja, wieso?“
„Sie sagten, Ihr Sohn
heißt Christopher.“
Aus Überraschung wurde
Misstrauen. „Warum interessieren Sie sich für meinen Sohn?“
Glen kramte in seiner
Jackentasche nach seinem Dienstausweis und reichte ihn ihr.
„Ich bin
Kriminalkommissar Behrend. Wir ermitteln in einem
Weitere Kostenlose Bücher