Die Mädchen (German Edition)
Ende kleinlaut. „Ich hab mich mit den Kollegen kurzgeschlossen
und ihnen gesagt, dass ich dich unterrichte. Ich fand es nicht nötig, dich
gestern Nacht anzurufen. Ich meine, was hättest du tun können?“
Okay, da hatte er einen Punkt. Er
ließ ihn erzählen, was er von den Kollegen und Tuchels Mutter erfahren hatte
und hörte geduldig zu.
„Das ist seine Begründung? Er hatte
Angst, wieder eingebuchtet zu werden?“
„Ja. Ich hab das Schreiben
gesehen.“
„Komisch. Und wie geht es ihm?“
„Koma. Und es sieht nicht gut aus.
Der Arzt hat gesagt, dass das Gehirn zu lange ohne Sauerstoff war. Er hat wenig
Hoffnung, dass er wieder aufwacht.“
„Scheiße.“
Er hörte Getrampel auf der Treppe
und einen Moment später wurde die Tür zum Wohnzimmer aufgerissen. Helen stürmte
herein und setzte sich an den gedeckten Tisch.
„Geh mal deiner Mutter helfen“,
sagte Funke zu ihr.
Sie verzog das Gesicht, nicht weil
sie nicht helfen wollte, sondern weil sie wusste, dass er sie loswerden wollte,
verließ aber ohne zu murren das Zimmer. Hhkjjjdj
„Okay, danke, dass du mich
angerufen hast. Gibt es sonst noch etwas?“
Glen verneinte und wünschte ihm
einen schönen Sonntag.
„Ach Glen.“
„Ja?“
„Kevin war gestern mit Torben
unterwegs. Er ist übers Wochenende hier. Ich dachte, vielleicht interessiert
dich das.“
Schweigen am anderen Ende. Dann ein
Räuspern. „Warum sollte es das? Danke, dass du es mir gesagt hast, aber das
Thema ist für mich abgeschlossen.“
„Okay. Tut mir leid, wenn ich mich
da in irgendetwas eingemischt hab.“
„Hast du nicht.“
Er verabschiedete sich und beendete
das Gespräch. Wie aufs Stichwort kam Helen wieder herein, mit beiden Händen
eine Schüssel umklammert.
„Darf ich wieder rein?“
„Natürlich.“
Funke ging an ihr vorbei in die
Diele und stellte das Telefon wieder auf die Station. Kevin kam die Treppe
herunter und gähnte.
„Mahlzeit“, bemerkte sein Vater
trocken.
„Hallo Dad “, sagte er und
ging in die Küche. Na, bis auf Socken war er tatsächlich komplett bekleidet.
„Vicky“, rief Funke nach oben.
„Deine Mutter hat das Essen fertig. Sieh zu, dass du dich nach unten bewegst.“
Er hörte, wie oben eine Tür ging
und einen Moment später trippelte sie die Stufen hinunter. „Ich hab Mum gar nicht gehört. Kopfhörer.“
Funke ließ die Bemerkung
unerwidert, ging zurück ins Wohnzimmer und legte die Zeitung in den Ständer.
Maggie hasste es, wenn sie in Einzelteile zerlegt auf dem Wohnzimmertisch
herumlag, wie er sie oft hinterließ. Er wollte ein harmonisches Mittagessen
erleben und ohne Reibereien das Beisammensein genießen. Die Zusammenkünfte der
Familie, besonders beim sonntäglichen Mittagessen, hatten für ihn beinahe etwas
Heiliges. Nur schade, dass seine Kinder das nicht genauso sahen. Er wusste,
dass die beiden Großen auch gut auf dieses Ritual verzichten konnten, wenn für
sie etwas anderes anlag und der Gedanke daran machte ihn traurig, hieß es doch
nichts anderes, als dass sie flügge wurden. Irgendwann würden sie nacheinander
das Nest verlassen und alles würde sich ändern. Die Zeit war unerbittlich, die
Entwicklung ganz natürlich, aber das musste nicht bedeuten, dass es ihm gefiel.
Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte alles ewig so weiter laufen können. Aber das würde nicht funktionieren.
Schon im kommenden Sommer würden sie nur noch zu viert sein, weil Kevin dann im
Ausland war.
Maggie kam herein, mit Kevin im
Schlepptau, beide eine Schüssel in der Hand. Hinter ihnen schlurfte Vicky ins
Zimmer. Sie trug eine Flasche Cola Zero und eine Flasche Apfelsaft. Eine
Flasche Mineralwasser stand bereits auf dem Tisch. Sie nahmen ihre Plätze um
den Esstisch ein. Vicky und Kevin tranken Cola, Helen den Saft und er goss für
sich und Maggie etwas Wasser in die Gläser. Es gab Schweinebraten mit
Kartoffeln und grünen Bohnen, ein Zugeständnis von Maggie an die Familie. Als
Engländerin war sie eher Rind gewohnt und zu Beginn war sie ein wenig verstört
gewesen über die deutsche Begeisterung über Schweinefleisch, aber mittlerweile
hatte sie es akzeptiert. Und kochen konnte sie wirklich großartig, egal um
welches Gericht es sich handelte.
„Reichst du mir bitte die Bohnen?“
bat er Vicky, die die Schüssel direkt vor ihrer Nase hatte.
Wortlos kam sie seiner Bitte nach.
„Wer war das am Telefon eben? Deine
Mutter?“
Jeden zweiten Sonntag kam seine
Mutter zum Essen und an dem anderen rief sie immer
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