Die Mädchen (German Edition)
damit hatten
, v
or allem sein Vater.
A
ber mittler
weile haben sie sich arrangiert. Sie sehen sich
natürlich nicht so oft, weil sie in Hannover leben.“
Gunnar hängte das Geschirrtuch zurück, während er
den Ausguss
mit einem
Schwamm
auswischte.
„Unsere Eltern sind nicht so weit
weg.“
Philipp wusste, was er damit sagen
wollte. „
Wirklich? Ich
hab eigentlich das Gefühl, sie leben auf dem Mond.“
„An wem liegt das?“
Philipp warf den Schwamm auf die Ablage neben dem
Ausguss.
„An mir
bestimmt nicht.“
Sein Bruder zog nur die Augenbrauen hoch und ging
zurück ins Wohnzimmer.
Philipp folgte ihm. „Was?“
Gunnar setzte sich und wischte unsichtbare Krümel
von seinem Hemd.
„Nichts.“
„Du findest, ich sollte
wieder den Kontakt
suchen
.“
„Ja.“ Er hob die Hand, um ihn an einer direkten
Antwort zu hindern.
„
Ich weiß
, was du sagen willst.
Aber d
ie beiden haben sich verändert,
ehrlich. Ich sehe das jeden Tag, seitdem ich wieder zu Hause bin. Sie vermissen
dich.“
Philipp schnaubte.
„Dann haben sie eine komische Art, mir das zu
zeigen. Irgendwie ist da noch nichts bei mir angekommen.“
„Na, was erwartest du? Du bist vor
fast einem Jahr aus dem Haus und hast dich nicht mehr gemeldet.“
„Und wessen Schuld war das?
Korrigiere mich bitte, falls ich mich irre, aber hat unser Vater mich nicht
hinausgeworfen?“
„Und das bereut er bitter, glaub es
mir. Von Mutter will ich gar nicht reden.“
„Deshalb haben sie ja auch alles
versucht, mich zu finden.“
„Woher willst du wissen, dass sie
das nicht getan haben? Außerdem hast du ihnen doch unmissverständlich klar
gemacht, dass du keinen Kontakt wünschst. Soweit ich weiß, schickst du doch die
monatliche Zahlung immer postwendend zurück.“
Das stimmte. Er hatte seinen Eltern
beweisen wollen, dass er es auch ohne sie schaffen würde und hatte sich
geschworen, keinen Pfennig mehr von ihnen anzunehmen. Seine Mutter schien das
nicht verstehen zu wollen und so kamen jeden Monatsersten fünfhundert Euro auf
sein Konto, die er genauso regelmäßig wieder zurück überwies. Er hätte das Geld
gut gebrauchen können, aber sein Stolz ließ es nicht zu, dass er sich von ihnen
helfen ließ. Er verspürte sogar jedes Mal eine gewisse Genugtuung, wenn er die
Überweisung tätigte.
„Ich will ihr Geld nicht.“
„Aber wäre es nicht viel leichter
für dich?“
Wollte er ihn nicht verstehen? „Es
geht nun einmal nicht immer nur darum, es leicht zu haben. Hier geht es ums
Prinzip.“
„
Mensch, mach doch einen Schritt auf sie zu.
Du hast doch bewiesen, dass du stark bist. Die beiden
können nur schwer aus ihrer Haut. Kannst du das
nicht verstehen?
Sie
kommen doch aus einer ganz anderen Generation.
Sie m
üssen
erst lernen, mit der neuen Situation umzugehen.
Überleg doch, wie lange du selbst
gebraucht hast, um zu sehen, was mit dir los ist.“
Philipp brauchte eine Weile, um zu verstehen, was
sein Bruder ihm damit soeben gesagt hatte.
„Du hast es ihnen erzählt.“ Er baute sich vor ihm
auf, die Hände in die Hüften gestemmt.
„Es war keine Absicht, wirklich nicht.
“ Gunnar hob in einer
entschuldigenden Geste beide Hände.
„
Ich hab ihnen erzählt, dass ich zu euch eingeladen
bin. Da ist es mir rausgerutscht. Aber sie haben ganz cool reagiert.
Sie lassen dich grüßen.
Ich meine, sie gingen doch sowieso
schon davon aus,
dass
du schwul bist,
seitdem
sie dich mit Schlüter gesehen hatten.
“
Philipp kochte. Wie konnte ihm sein Bruder das
antun? Ihm sein Outing vorwegnehmen?
Das war ganz allein seine Sache, warum mischte er
sich da ein?
Seine
Eltern ließen ihn grüßen? Er glaubte Gunnar kein Wort, er kannte seine Eltern
schließlich.
„Ich bin wieder da
“, hörte er Glen sagen, der in der Türschwelle
stand. Sein Gesicht verdunkelte sich, als er sie beide sah. Z
weifellos hatte er bemerkt, dass
die Stimmung umgeschlagen war.
„Gunnar möchte jetzt gehen
“, presste
Philipp
hervor.
Sein Bruder erhob sich langsam, während Glen näher
trat. „Es tut mir leid, Gunnar. W
ir dachten wirklich, es wäre eine gute Idee.“
„Darum geht es nicht“, sagte Philipp
und machte damit klar, dass das
Thema hier beendet war
.
Gunnar gab dem sichtlich verwirrten Glen die Hand.
„Hat mich gefreut, dich kennen zu
lernen. Vielen Dank für das leckere Essen.“
„Wir können das ja mal wiederholen.“
Gunnar neigte den Kopf zur Seite und deutete damit
an, dass er
eine
baldige Wiederholung
bezweif
elte, was nicht an ihm
Weitere Kostenlose Bücher