Die Maori-Prinzessin
schon als Kind um meine kranke Mutter kümmern …«
»Da siehst du mal, Daniel, so redet sie mit mir. Findest du das gut?«, unterbrach Berenice sie in sichtlich betroffenem Ton.
Eva fuhr herum und errötete. Da stand Daniel und hatte alles mit angehört. Was, wenn er mich jetzt für eine Zicke hält? Wird er mich dann noch zur Bold Winery mitnehmen wollen?, fragte sie sich ängstlich.
»Ich gehe davon aus, dass Eva sich nur gegen deine Gehässigkeiten gewehrt hat! Und in einem muss ich ihr leider Recht geben. Du bist verwöhnt!«, bemerkte Daniel ungerührt, während er sich im Stehen vom Frühstückstisch ein paar Scheiben Bacon griff. »Kommt ihr beiden! Wir müssen los! Ich esse das unterwegs. Wir haben keine Zeit zu verlieren.« Er gab Eva und Adrian aufmunternde Zeichen, den Frühstückstisch zu verlassen.
»Lass nur. Geht allein. Ich werde hierbleiben; das nächste Mal würde ich liebend gern mitkommen«, seufzte Eva.
»Eva, wir brauchen dich!«, protestierte Daniel.
»Ich brauche sie auch!«, widersprach Tante Joanne.
»Und wobei soll sie euch schon helfen?«, schnaubte Berenice.
Eva hob beschwichtigend ihre Hände. »Ich bleibe, Tante Joanne!« Sie wandte sich den beiden jungen Männern zu, denen die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben stand. »Aber wir holen das nach. Versprochen!«
»Schade, vielleicht können wir trotzdem heute Abend, wenn wir zurück sind und du im Haus geholfen hast, dein Büchlein sehen.«
»Ich verspreche es euch«, seufzte Eva. »Seid nur nicht enttäuscht.«
»Du musst es uns nicht unbedingt zeigen. Nur, wenn du willst!« bemerkte Adrian, erhob sich vom Tisch und tätschelte Eva beim Hinausgehen die Schulter.
Auch Daniel berührte sie im Vorbeigehen flüchtig.
»Eine Künstlerin wie du beim Hausputz. So eine Verschwendung«, murmelte er.
»Bis nachher«, rief Eva den beiden jungen Männern hinterher, während sie Berenice ansah und deren zornigem Blick standhielt.
»Warte!«, entfuhr es ihr, als er noch nicht ganz aus der Tür war. Sie zog aus ihrer Jacke den Brief an ihren Vater und bat Adrian, ihn abzuschicken. Er nahm ihn an sich und versprach, sich darum zu kümmern.
»Hat man dich vielleicht hergeschickt, weil man dich unbedingt unter die Haube bringen will und deine Eltern wissen, dass es bei uns Männerüberschuss gibt? Daniel jedenfalls gehört mir, nachdem seine Verlobte im letzten Jahr einem Fieber erlegen und er wieder frei ist. Nur dass du Bescheid weiß!«, giftete die Tochter des Hauses, kaum dass ihr Bruder aus der Tür war.
»Schatz, jetzt gib Ruhe, bitte. Du kannst dir doch so gut wie sicher sein, dass Daniel Interesse an dir hat«, mischte sich Joanne ein. »Und du, Eva, du könntest im alten Wirtschaftsraum anfangen. Da muss endlich mal von Grund auf sauber gemacht werden. Wir können den gar nicht benutzen. Helen zeigt dir, wo du das Putzzeug findest. Wie dein Vater mir schrieb, hast du ein großes Talent, ein Haus in Ordnung zu halten.«
Eva erhob sich, ohne Berenice eines weiteren Blickes zu würdigen. Sie würde sich jetzt im Haus ihrer Tante nützlich machen, und dann musste man weitersehen. Von Berenice würde sie sich die neu gewonnene Freundschaft zu Daniel und Adrian jedenfalls nicht zerstören lassen. Es gab ihr ein gutes Gefühl, wie die beiden jungen Männer sich eben gerade für sie starkgemacht hatten. Und sie nahm sich fest vor, ihnen heute Abend die Reste ihres Skizzenbuchs zu zeigen. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, dachte sie entschlossen. Sie würde sicher in absehbarer Zeit das Anwesen der Familie in Meeanee besuchen. Und wenn sie dann wenigstens mit ein paar winzigen Gestaltungsvorschlägen erfolgreich wäre, würde sie das sehr glücklich machen.
In der Diele fand sie Helen, das Hausmädchen, auf den Knien rutschend vor. Sie bohnerte gerade den Holzfußboden, doch sie legte eine Pause ein, um Eva die Putzutensilien zu zeigen.
»Ich soll den Wirtschaftsraum sauber machen«, erklärte Eva ihr. Das Hausmädchen sah sie mitleidig an. »Da war lange keiner mehr dran. Eigentlich noch nie! So etwas ist im Alltag gar nicht zu schaffen, und da Misses Thomas und Miss Berenice sich nicht die Finger schmutzig machen, bleibt viel liegen. Ach, es war vorher viel besser, als Misses Bold hier noch das Sagen hatte. Sie hat immer mit angepackt, als sie noch jünger war, sagt meine Mutter, die lange für sie gearbeitet hat …«
»Was wird das hier? Ich denke, du solltest dich nützlich machen«, mischte sich Berenice ein, die sich
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