Die Maori-Prinzessin
Körper erahnen. Ja, er beeindruckte sie am Steuer eines Segelbootes außerordentlich.
»Siehst du die andere Seite der Lagune? Dorthin segeln wir. Man kann herrlich ankern dort.«
Eva sah in die Richtung und war begeistert. Einsame Strände mit schattigen Bäumen, so weit das Auge reichte. Sie strahlte über das ganze Gesicht. Das war wirklich eine gelungene Überraschung.
»Wem gehört das Boot?«, fragte sie neugierig.
Täuschte sie sich oder verfinsterte sich sein Gesicht? Hätte sie lieber nicht fragen sollen?
»Wie der Name des Bootes schon sagt! ›Tommy‹.«
»Nach deinem Großvater?«
Adrian schüttelte den Kopf. »Nein, nach meinem Onkel. Mutters Bruder. Ich habe ihn niemals kennengelernt. Und es spricht auch keiner über ihn. Großmutter sagt immer, er war ihr Augenstern, und dann weint sie fürchterlich …«
»Großmutter Lucie hat einen Sohn? Sie hat gar nicht erzählt, dass sie noch ein Kind hat.« Eva musste plötzlich an die Spielzeugsärge denken, und ein Schauer lief ihr über den Rücken. »Was ist denn mit ihm?«
»Er war ihr Sohn. Er ist schon eine ganze Weile vor meiner Geburt gestorben. Ich weiß nur, dass sie ihn, um ihn von seinem Vater zu unterscheiden, Tommy genannt haben.«
»Und wann und wie ist er gestorben?«
Adrian zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ihm dieses Boot gehört hat und dass er ein leidenschaftlicher Segler gewesen sein soll. Man spricht ja nicht über ihn in diesem Haus. Ich habe es versucht, aber meine Mutter blockt das sofort ab. Sie bekommt dann immer so einen spitzen Mund, und wenn sie so ist, kriegt man keinen Ton aus ihr heraus. Irgendetwas stimmt da nicht. Ich für meinen Teil finde es entsetzlich, wie in dieser Familie alles unter den Teppich gekehrt wird. Aber soll ich mich jetzt aufschwingen, die Geheimnisse aufzudecken, die meinen Onkel Tommy umgeben? Und selbst Großmutter schweigt dann immer und kämpft mit den Tränen. Das ist sehr schade, weil ich zu gern wüsste, wer dieser Onkel Tommy war und vor allem, wie er war.«
Eva schluckte ihre Erwiderung hinunter. Wenn er wüsste, dass seine Großmutter geradezu versessen war, ihm endlich die ganze Wahrheit anzuvertrauen. Doch das durfte sie ihm auf keinen Fall verraten, wenngleich es ihr schwerfiel. Sie legte ihm die Hand auf das Knie und seufzte: »Eines Tages wirst du es schon erfahren. Familiengeheimnisse kommen immer ans Licht, ob es die Beteiligten wollen oder nicht.«
Adrian schenkte ihr einen zärtlichen Blick.
»Womit habe ich nur so eine kluge und schöne Frau verdient?«
Sie lachte aus voller Kehle.
»Noch bin ich nicht deine Frau.«
»Schneller als du denkst. Lass mich nur machen.«
»Wieder eine Überraschung?«
»Nicht ganz, dazu gehören zwei. Sag mal, wäre es nicht besser, wir würden wirklich schnell heiraten? Ich denke da auch an die Wohnung, die wir suchen. Als Ehepaar haben wir weitaus größere Chancen.«
»Ich weiß nicht, was Lucie dazu sagen würde, dass du mich wegen einer Wohnung heiraten willst?« Eva lachte immer noch.
»Sie wird es gar nicht erfahren!«
»Das kannst du ihr nicht antun! Und mir auch nicht. Ich möchte ein Fest und ein Kleid, das die Welt noch nicht gesehen hat.«
»Das holen wir alles nach, aber ich möchte keinen Tag länger als nötig warten …« Er sah sie zärtlich an, doch in diesem Augenblick begannen die Segel zu flattern. Adrian konnte eine unfreiwillige Wende gerade noch im letzten Augenblick verhindern.
Das Boot nahm jetzt Fahrt auf. Eva spürte die salzige Luft auf ihrer Haut und blickte fasziniert in das sich kräuselnde Wasser. Das Boot schien förmlich darüberzufliegen. Das Segeln gefiel ihr, keine Frage!
»Ach, was für eine schöne Überraschung«, rief sie begeistert aus. »Ich fühle mich so frei. Es ist wunderbar!« Sie hob die Arme zum blauen Himmel und juchzte auf. »Es ist herrlich!«
»Komm her. Ganz dicht zu mir«, befahl er. »Ich kann das Steuer nicht loslassen.«
»Was passiert dann?«, wollte Eva wissen, während sie sich dicht neben ihn setzte und in seinen Arm kuschelte.
»Das, was ich eben gerade noch verhindern konnte. Die Segel flattern, es gibt einen fürchterlichen Lärm, das Boot dreht sich, und du fällst womöglich über Bord, wenn der Mastbaum dich am Kopf trifft und ins Wasser fegt … also ungefähr so …«
Er tat so, als würde er die Hand vom Ruder nehmen, aber Eva schrie: »Nein, nein, ich glaube es dir!«
»Siehst du das Ufer dort?«
Eva nickte.
»Dort werden wir den
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