Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mars-Stadt

Die Mars-Stadt

Titel: Die Mars-Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
Vom Netzwerk:
schlief ich doch gut in jener Nacht.
     
    Am nächsten Tag unterlag die Regierung bei der Abstimmung
über einen Misstrauensantrag (aufgrund der Stimmenthaltung
von lediglich fünf Parlamentariern, drei von der
Arbeiterpartei und zwei von den Internationalen Sozialisten) und
stürzte, worauf eine radikalere Koalition, die von den
kleineren Parteien unterstützt wurde, ihre Stelle einnahm.
Die Neutralität wurde bekräftigt. Das Oberhaus –
das mittlerweile gewählt wurde, aber immer noch eine
vorläufige Mischung aus alten Lords und neuen Senatoren
darstellte – debattierte das Kriegsthema separat und
gelangte zu einer anderen Ansicht. Die erste
Pro-Kriegs-Demonstration in den Midlands wurde von den
republikanischen Garden und Militanten der Arbeiterpartei
gewaltsam aufgelöst.
    Es war eine verdammte Schande, und das sagten wir auch.
Gleichzeitig – nachdem wir uns im Ausschuss durchgesetzt
hatten – begannen wir damit, eine Kampagne für
Neutralität und Nichteinmischung zu organisieren. Die UN
verhängten Sanktionen gegen Deutschland und Österreich.
Der britische Botschafter verließ die Vereinten Nationen,
eine Geste, die selbst ich für theatralisch hielt. Dies
sollte die Republik teuer zu stehen kommen.
    Die Deutschen beschossen Warschau – live von CNN
übertragen – mit Granaten.
    Von Eleanor hörten wir die ganze nächste Woche
über nichts. Ich kann mich nicht erinnern, in dieser Zeit
geschlafen zu haben. Im Umkreis des deutschen Vormarsches
flammten wie durch Funkenflug Bürgerkriege auf. Britannien
rückte näher heran, weil die Frage, ob das Land sich an
der US/UN-Mobilisierung gegen Deutschland beteiligen sollte,
untrennbar verknüpft war mit der Frage der Republik. Die
Regierung verließ sich zunehmend auf die Unterstützung
der Straße, während sich die Demonstrationen gegen
eine Kriegsteilnahme vervielfachten und ausweiteten und zu
Zusammenstößen mit den Pro-Kriegs-Demonstranten
führten, die das alte Britannien wiederhaben wollten. Die
Kriegsbefürworter bezeichneten uns als Hunnen. Wir
schimpften sie Hannoveraner. Beide Seiten hielten die jeweils
andere Seite für unbritisch.
    Als die Deutschen die ukrainische Grenze erreichten, stoppten
sie den Vormarsch. Die Hals über Kopf flüchtenden Polen
gerieten prompt in den ukrainischen Bürgerkrieg hinein. Die
britischen Stabschefs stellten der Regierung ein Ultimatum.
Generäle, Gewerkschaftsführer, Mitglieder der
Rentnerorganisationen und die halb privatisierte
Königsfamilie gingen in der amerikanischen Botschaft ein und
aus. Murrende Republikanergarden, die bloß ihren Job
machten, schlugen auf dem Grosvenor Square Demonstrationen
nieder. Es wurde von einem Militärputsch gemunkelt.
    Myra rief wieder an. Die Deutschen hatten ihr Angebot auf
zwanzig Millionen erhöht. Ich lehnte ab. Es versteht sich
von selbst, dass ich den anderen Ausschussangehörigen
gegenüber nichts davon erwähnte.
    Mein Pagingprogramm hätte Eleanor zweimal fast
erreicht.
     
    Es gab keinen Putsch. Stattdessen zogen die überseeischen
Teile der bewaffneten Streitkräfte Britanniens ohne
Regierungserlaubnis in den Krieg. Die Opposition, die Lords und
der König bildeten eine neue Regierung – eine
Zivilregierung, die eine tintige Wolke konstitutioneller
Rechtfertigungen versprühte. Sie wurde sogleich von den USA
anerkannt und erhielt den vakanten Sitz der Briten in den
Vereinten Nationen zugesprochen. Sie erklärte Deutschland
den Krieg.
    Die Polen formierten sich zusammen mit verschiedenen
ukrainischen Faktionen neu und griffen die deutschen Truppen an.
Sie setzten chemische Waffen ein. Zur gleichen Zeit vergifteten
irgendwelche bosnischen Exilanten – welcher
Nationalität sie angehörten, wurde niemals festgestellt
– das Hamburger Trinkwasser. Die Deutschen rückten an
allen Fronten vor. Die Franzosen und die Russen gaben im
Sicherheitsrat endlich ihre Neutralität auf.
    Die republikanische Regierung kontrollierte noch immer die
inländischen Streitkräfte, während die
königliche Junta über die auswärts stationierten
verfügte. Sie waren zu einer grotesken Zusammenarbeit
gezwungen oder mussten zumindest eine gewisse Arbeitsteilung
praktizieren; während die einen an amerikanischen
Luftlandeunternehmen im Balkan und an Marinemanövern im
Mittelmeer teilnahmen, waren die anderen verzweifelt bemüht,
die Bevölkerung für die Zivilverteidigung zu
mobilisieren. Das Königreich setzte sich

Weitere Kostenlose Bücher