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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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auf eine Gelegenheit gewartet, sich jemandem
mitzuteilen. ,Bestimmt haben die Ereignisse der letzten Tage
dazu beigetragen’, dachte er.
„Und sicher ging Anne aus diesem Grund in eine
planetarische Station. Sie wollte wohl beweisen, dass uns eine
lebensfähige Faunella gelungen war, dass der Abbruch der
Versuche ungerechtfertigt erfolgte. So zu handeln, traute ich
ihr zu. Alles für die Sache, auch gegen die Disziplin.“
„Und – wie, wie ist es eigentlich passiert?“ Sylvester fühlte
sich von dieser Frage schon lange bedrängt. Niemand aus
seinem neuen Kollegenkreis konnte sie beantworten. Ihn
bewegte, zu wissen, was diese Anne für ein Mensch war, sie,
derentwegen Nagy Normen verletzte, eine Frau, über die nur
mit Hochachtung gesprochen wurde. Die Mutter musste es
wissen, und er sah nach so langer Zeit keinen Grund, sie nicht
zu fragen.
Ramona-Ros zuckte mit den Schultern. „Eine ganz normale
Reise. Heute sehe ich es anders. Aber damals stellte sie es so
hin, als wolle sie Eindrücke sammeln von unserem
Nachbarplaneten, vom Stand seiner Rekultivierung. Ein halbes
Jahr musste sie auf die Buchung des Fluges warten. Was aber
dort wirklich geschah… Im Bulletin ist es ein Unfall, wie er
fast täglich passieren kann. Sie hatte sich zu einem
Tagesausflug abgemeldet und war nicht zurückgekehrt. Es
herrschte missliches Wetter, die Suche, die nach einem Tag
des Wartens einsetzte, blieb ergebnislos. Freilich, man hätte sie
nicht allein herumwandern lassen dürfen. Aber hinterher ist
man immer klüger… Das ist alles.“
„Was lässt dich annehmen, dass sie etwas im Zusammenhang
mit den Versuchen beweisen wollte?“
„Eine Laborantin hat mir damals mitgeteilt, dass Anne illegal
eine neue Zucht angesetzt hatte, die sie – vielleicht – auf die
Reise mitgenommen hat, was strengstens verboten gewesen
wäre. Genaues weiß niemand. Es ist auch möglich, dass sie
diese Kultur vor der Abreise wieder vernichtete. Meine
Nachforschungen brachten kein Ergebnis. Ich habe auch kaum
mit jemandem darüber gesprochen. Und eine Untersuchung
rechtfertigten die vagen Vermutungen nicht. Mit einem Schlag
hatte ich damals alles verloren, eine Arbeit, die Lebensaufgabe
hätte sein können, und Anne…“
Sylvester spürte, dass bei Ramona-Ros der alte Schmerz
durchzubrechen drohte. Ihn befiel Furcht vor einer Szene, die
sie vielleicht später bereuen würde. Er räusperte sich und
sagte: „Ein ungewöhnlicher Name heute, Anne.“
Die Alte fing sich sichtlich. Sie lächelte. „Ein stiller Vorwurf
an die Adresse meiner Eltern“, sagte sie. „Als Quittung für
Ramona-Ros. Nur weil sie Müller mit einem besonderen
Vornamen aufwerten wollten.“
„So schlimm finde ich den Namen nicht.“
„Hast du eine Ahnung! Weil ich schon immer etwas –
kräftiger war“, sie klopfte sich auf die wuchtigen Hüften,
„nannten mich Zeitgenossen Ramross. Da kannst du nur gute
Miene zum bösen Spiel machen.“
Sylvester lachte – und bewunderte in diesem Augenblick die
Alte. Sie schien die Fähigkeit zu besitzen, sich neben die
Dinge zu stellen, über sich selbst zu schmunzeln. Und nur so
konnte er den Entschluss der Leitung verstehen – den sie
gewiss maßgeblich beeinflusst hatte –, Nagy wieder im Team
aufzunehmen. Nachtragend war sie gewiss nicht.
„Na gut“, sagte sie, für Sylvester Signal, dass die
Unterredung zu Ende war. „Glück bei der Realisierung!“ –
Alexej Bolscha erwachte sehr früh. Sein erster Blick galt Macs
Koje. Mac war nicht heimgekommen, und das sah Alexej als
günstig an.
Er stand rasch auf, kleidete sich an und schlich dann zur
Schlafkammer des Gastes. Weil sich nichts rührte, wagte er,
die Tür einen Spalt breit zu öffnen.
Sie lag gekrümmt vor dem Bett, und anscheinend schlief sie.
Den Kittel hatte sie noch an.
Alexej schloss leise die Tür. Dass sie schlief, schien ihm ein
gutes Zeichen zu sein. Und er nahm sich vor, sie so lange wie
möglich nicht zu stören.
Er bereitete sich ein Frühstück, und dann wartete er. Er trat
ans Fenster. Die alte Sonne ging matt auf und warf lange
Schatten. Auf der Erde würde sie wärmen, die Wiesen würden
die Nachtkühle ausdampfen…
Alexej hatte keine Vorstellung, wie er Mac begrüßen sollte,
aber auf alle Fälle hatte er nicht die Absicht, ihm das Erlebnis
in all seinen Einzelheiten zu schildern. Warum, so sagte er
sich, die Situation unnötig komplizieren!
Er konnte sich gut vorstellen, dass Mac ärgerlich sein würde,
erführe er, dass der

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