Die Maske des Alien
dahinschwand. Um den Gedanken auszulöschen, konzentrierte er sich auf das gedämpfte Gemurmel, das den langgestreckten Raum erfüllte; er zwang sich, gänzlich aufzuwachen, und öffnete ein Auge …
Die abblätternde Tapete, das lohfarbene Sonnenlicht, die würzige Luft von Alvea, alles das strömte auf ihn ein.
Er sog die Luft in seine Lungen. Die Unterkunft löste sich auf, und er war hier, auf Alvea, endlich. Das magere Mädchen, das an jedem Morgen jeden bediente, der kam, war nichts als eine saure Erinnerung – und er erinnerte sich, ja, er hatte sie sich eines Morgens vorgenommen. Er war schlaftrunken gewesen, und sie hatte kein Wort gesagt. Aber hier war Joane statt ihrer, und anstatt wieder einen Tag mit den Tapes zu verbringen, konnte er das unsaubere Zimmer verlassen, und draußen würde er Alvea finden.
Er richtete sich auf und ächzte. Ein Chor von Schmerzen begleitete jede seiner Bewegungen. Unfaßbar, wenn man daran dachte, daß die Gravitation von Alvea geringer war als die der Erde. Andererseits, erinnerte Skallon sich, mußte er sich einen neuen Gang und neue Bewegungen angewöhnen. Neue Muskeln knirschten, als er sich anzog. Dazu kamen die unbequeme Wattierung, die ihn fett erscheinen lassen sollte, und die unförmigen Doubluth-Gewänder selbst. Dennoch war er über seinen Muskelkater überrascht. Immerhin war seine körperliche Kondition hervorragend, wie er wußte. Darauf war er stolz. Ein seltsam schmerzliches Gefühl der Verletzlichkeit überkam ihn. Vielleicht war es das, was man empfand, wenn man alt wurde.
Er schüttelte sein Unbehagen ab und verließ das enge Zimmer. Das Hotel wirkte nicht mehr so geheimnisvoll und schmutzig wie in der Nacht. Vielleicht hatte jemand den Fußboden gekehrt oder sonstwie saubergemacht. Er folgte seiner Nase zur Küche. Er gelangte zu einer dicken Holztür und stieß sie auf. Ein Gewirr von Stimmen rollte über ihn hinweg. Ein Dutzend Leute saßen auf Schemeln um ein riesiges Feuer herum; vorsichtig hielten sie Tassen in ihren Händen, dampfend in der Kühle des Morgens unter den Öllampen. Einige Augenpaare bemerkten ihn, betrachteten ihn einen Moment lang und wandten sich dann wieder ab. Der Raum war fast rund. Die Decke lag hoch, und es roch muffig. Fenster, die das Tageslicht hereingelassen hätten, gab es nicht.
Skallon nickte und ließ die Tür krachend ins Schloß fallen, ohne einzutreten. Dies mußte das Communal sein, das gesellschaftliche Zentrum jedes Hauses und jeder Herberge. Es war eine archaische Institution, ein Überbleibsel aus den alten Zeiten, da die Menschen sich allmählich an die starke UV-Einstrahlung von der alveanischen Sonne anpaßten. In den Anfangstagen war es mitunter erforderlich gewesen, daß die gesamte Bevölkerung einer Stadt sich für eine beträchtliche Zeit in den Untergrund zurückzog, und es war mehr als wahrscheinlich, daß unter den Straßen und Häusern von Kalic ein komplexes System von Höhlen und Tunnels für diesen Zweck lag. Das Communal stammte aus der darauffolgenden Zeit, als die frühen Kolonisten während der Mittagszeit Schulz in einem fensterlosen Raum suchten, der aus Gründen der Zweckmäßigkeit zumeist im Keller gelegen war. Natürlich war es nicht notwendig, alle Fenster zu eliminieren, denn gewöhnliches Glas konnte die ultraviolette Strahlung aufhalten. Aber das Gefühl, völlig drinnen zu sein, versteckt und sicher in einem von Menschen geschaffenen Schlupfloch, schaffte einen wichtigen psychologischen Effekt. Und so wurden die ausgedehnten Mittagspausen, die ungeheuer üppigen Mahlzeiten und die darauf folgenden Nickerchen zu einer
Weitere Kostenlose Bücher