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Die Melodie des Todes (German Edition)

Die Melodie des Todes (German Edition)

Titel: Die Melodie des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørgen Brekke
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los?«
    »Ich würde gern mit Ihnen reden.«
    »Das tun wir doch gerade, wenn ich mich nicht täusche«, sagte Singsaker.
    »Ich will das aber nicht am Handy sagen.«
    »Hm.« Singsaker seufzte und versuchte, sich zusammenzu reißen. Er hatte an diesem Tag schon so einiges wegstecken müssen. Andererseits konnte der Junge ja nichts dafür. »Wo bist du gerade?«
    »Ich war heute nicht in der Schule. Mir geht es nicht so gut.«
    »Gib mir deine Adresse. Ich bin in fünf Minuten da.«
    *
    »Die schwedische Liedertradition ist unglaublich stark und alt. Viele meinen, sie hätte erst mit Bellman begonnen, dabei hat es schon vor ihm viele große Lieddichter gegeben. Mein Favorit ist Lasse Lucidor«, sagte Gunnar Berg, als er am Trøndelag Theater in die Prinsens gate einbog und weiter Richtung Elgeseter bru fuhr.
    »Ich habe Sie nie gefragt, wo Sie wohnen«, sagte Siri Holm.
    »Tiller«, sagte er. »Aber ich muss vorher noch in eine Wohnung, die ich miete. Lasse Lucidor schrieb schon im 17. Jahrhundert eine ganze Reihe wunderschöner Bänkellieder. Am bekanntesten ist er für einige sogenannte Gelegenheitslieder.« Er ist wirklich nicht mehr zu bremsen, wenn die Mühle erst läuft, dachte Siri, dabei hatte sie ihn noch nicht einmal nach den Polizeiberichten gefragt.
    »Hochzeits- und Beerdigungsstücke waren seine Spezialität. Er wurde sogar einmal festgenommen wegen eines Hochzeitsgedichts, ›Giljare Kvaal‹, was so viel heißt wie ›Des Freiers Qualen‹, das er für Konrad Gyllenstjärnas Hochzeit geschrieben hatte. Das Lied wurde als so sündig und kränkend eingestuft, dass es von König Karl X. Gustav persönlich verboten wurde. Lucidor verteidigte sich damit, seiner Muse gefolgt zu sein. Vor Gericht trat er als sein eigener Anwalt auf und schaffte es nach einem halben Jahr tatsächlich, freigesprochen zu werden. Dieses Urteil gilt noch heute als ein wichtiger Sieg für die Meinungsfreiheit in Schweden.«
    Sie hatten die Studentensiedlung erreicht, und er bog in Richtung Singsaker und Rosenborg ab.
    »Lasse Lucidor wurde dann nach seinem Freispruch 1676 bei einem Duell in einem Wirtshaus in Stockholm getötet, nach einem heftigen Wortgefecht mit dem Offizier Arvid Christian Storm. Storm ist unmittelbar nach dem Duell nach Norwegen geflüchtet, wo er nach einer Weile Kommandant in Fredrikstad wurde. Seine Nachkommen waren recht erfolgreich, und einer heiratete schließlich in die schon damals nicht unbekannte Familie Wedel Jarlsberg ein. So war das damals.«
    Sie hatten den Festungspark erreicht und näherten sich der Schule Rosenborg.
    »Jetzt ist es nicht mehr weit«, sagte er.
    *
    Familie Alm wohnte in einem großen Haus in der Veimester Krohgs gate mit Aussicht über alles und jeden.
    Fredrik öffnete Singsaker die Tür.
    »Allein zu Hause?«, fragte Singsaker, als der Junge ihn ins Wohnzimmer führte. Fredrik nickte kurz angebunden. Sie setz ten sich im Wohnzimmer vor das Panoramafenster. Fredrik Alm schien sich in seiner Haut nicht wohl zu fühlen.
    »Was möchtest du mir mitteilen?«, fragte Singsaker vom Sofa aus.
    Die traumhafte Aussicht über den Fjord erinnerte ihn an Siri Holms Wohnung. Von ihrem Schäferstündchen erinnerte er sich vor allem daran, dass ihm die ganze Zeit schwindlig gewesen war. Möglicherweise hatte das ja an der Aussicht gelegen, dachte er. Oder hatte er schon damals gewusst, dass das, was er tat, früher oder später Konsequenzen nach sich ziehen würde? Gedacht hatte er das schon damals, wenn auch noch ahnungslos, wie diese Konsequenzen aussehen würden. Hätte er es auch getan, wenn er die Konsequenzen gekannt hätte? Nein, dachte er. Nein, nein, nein. Oder vielleicht doch?
    Konnte er aus dieser Sache herauskommen, ohne ehrlich zu sich selbst zu sein? Was er mit Siri erlebt hatte, war vollkommen neu für ihn gewesen. Sie hatten alles und nichts in ihre Begegnung hineingelegt, und eine unmögliche Kombination aus Freude und schwindelerregender Ohnmacht, Sorglosig keit und Unbedachtheit hatte es zu einem Erlebnis gemacht, das er niemals wieder vergessen würde – Konsequenzen hin oder her.
    Was er weder sich und noch viel weniger Felicia erklären konnte, war die Tatsache, dass das seinen Gefühlen für sie überhaupt keinen Abbruch tat.
    »Sie ist schwanger«, sagte Fredrik Alm irgendwo weit, weit weg.
    Verdammt, das weiß ich doch, wäre es Singsaker beinahe her ausgerutscht, ehe ihm bewusst wurde, über wen Fredrik redete.
    »Julie? Julie ist schwanger?«
    »Ja.«
    »Und du

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