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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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in Bray, während der ich meiner Mutter alle Abenteuer meines gesamten Lebens erzählte und sie dazu brachte, die Kleider, die sie zunächst abgelehnt hatte, doch noch anzunehmen und überdies einen beträchtlichen Zuschuss zu ihren Einkünften, den ich gern gab, war ich schließlich sehr froh, als ich diesen «verworfenen» Ulick Brady, wie meine Mutter ihn nannte, in meiner Kutsche vorfahren sah, im Gepäck für meine Mutter die willkommene Nachricht, dass der
junge Lord außer Gefahr sei, und für mich, dass Gräfin Lyndon in Dublin eingetroffen war.
    «Und ich wünschte, Redmond, der junge Gentleman wäre ein wenig länger in Gefahr gewesen», sagte die Witwe mit Tränen in den Augen, «und du hättest ebenso viel länger bei deiner armen alten Mutter bleiben können.» Aber ich trocknete ihr die Tränen, umarmte sie herzhaft und versprach, sie oft zu besuchen; ich deutete auch an, dass ich vielleicht bald ein eigenes Haus hätte, in dem eine edle Schwiegertochter sie willkommen heißen würde.
    «Wer ist sie, Redmond, mein Lieber?», fragte die alte Dame.
    «Eine der edelsten und reichsten Frauen im ganzen Empire, Mutter», antwortete ich. «Diesmal keine Brady», setzte ich lachend hinzu. Mit diesen Hoffnungen ließ ich Mrs Brady in bester Laune zurück.
    Niemand ist weniger nachtragend als ich, und sobald ich einmal mein Ziel erreicht habe, bin ich eines der friedfertigsten Geschöpfe der Welt. Ich hielt mich eine Woche in Dublin auf, ehe es mir nötig schien, die Hauptstadt zu verlassen. Inzwischen hatte ich mich mit meinem Rivalen ausgesöhnt; ich besuchte ihn in seiner Wohnung und wurde rasch zum vertrauten
Tröster an seinem Bett. Er hatte einen Diener, dem höflich zu begegnen ich nicht versäumte, und ich wies meine Leute an, ihm gegenüber besonders aufmerksam zu sein, denn mir lag natürlich viel daran zu erfahren, wie das Verhältnis zwischen Mylord George und der Lady von Castle Lyndon tatsächlich gewesen sei, ob die Witwe noch andere Bewerber habe und wie sie die Nachrichten über seine Wunde ertrage.
    Der junge Edelmann selbst brachte für mich ein wenig Licht in die Fragen, die mich am meisten beschäftigten.
    «Chevalier», sagte er eines Morgens, als ich ihm meine Reverenz erwies, «wie ich höre, sind Sie ein alter Bekannter meiner Verwandten, der Gräfin Lyndon. Sie hat mir hier einen Brief geschrieben mit einer ganzen Seite Beschimpfungen, die Sie betreffen; seltsam ist an der Geschichte auch, dass die schöne Witwe eines Tages, als in Castle Lyndon von Ihnen und der prachtvollen Equipage die Rede war, mit der Sie in Dublin prunken, behauptet und geschworen hat, sie habe nie von Ihnen gehört. ‹Aber ja doch, Mama›, sagte der kleine Bullingdon. ‹Damals in Spa, der große dunkelhaarige Mann mit dem Silberblick, der meinen Hauslehrer
betrunken gemacht und mir den Degen geschickt hat; er heißt Mr Barry.› Mylady hat den Jungen jedoch aus dem Raum gewiesen und darauf beharrt, nichts von Ihnen zu wissen. »
    «Und Sie sind wirklich mit Lady Lyndon verwandt und bekannt, Mylord?», sagte ich im Tonfall großer Überraschung.
    «Ja, wirklich», antwortete der junge Gentleman.«Ich hatte ihr Haus gerade erst verlassen, als ich mir von Ihnen diese hässliche Verletzung zugezogen habe. Sie kam zu einem höchst unglücklichen Zeitpunkt.»
    «Wieso unglücklicher als zu einem beliebigen anderen Moment?»
    «Sehen Sie, Chevalier – ich glaube, die Witwe war mir nicht abgeneigt. Ich glaube, ich hätte sie dazu bringen können, unsere Verbindung etwas vertrauter zu gestalten; und sie ist zwar älter als ich, aber heute die beste Partie in ganz England.»
    «Mylord George», sagte ich, «erlauben Sie mir, Ihnen eine freimütige wenn auch seltsame Frage zu stellen? Mögen Sie mir ihre Briefe zeigen?»
    «Natürlich werde ich nichts Derartiges tun», erwiderte er zornig.

    «Nein, werden Sie nicht ärgerlich. Wenn ich Ihnen Briefe von Lady Lyndon an mich zeige, lassen Sie mich dann ihre an Sie sehen?»
    «Was beim Himmel soll das heißen, Mr Barry?», sagte der junge Edelmann.
    «Das soll heißen, dass ich Lady Lyndon leidenschaftlich geliebt habe. Sie ist mir … das heißt, sie war mir keineswegs gleichgültig. Das heißt, ich liebe sie jetzt noch wie wahnsinnig und will sterben oder den Mann töten, der sie vor mir besitzt.»
    « Sie wollen die reichste Erbin von Englands edelstem Blut heiraten?», sagte Lord George hochmütig.
    «Es gibt in Europa kein edleres Blut als meines», antwortete ich,

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