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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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weißt schon, was ich meine. Da ist es doch klar, dass die Kinder alle im November zur Welt kommen. Fabio, sagtest du, es sind achtzehn?«
    »No, no. Ich sagte, eigentlich müssten es achtzehn sein.« Der Überlandfahrer begann wieder zu essen. »In Wirklichkeit sind es nur elf. Dreimal, äh …« Er schielte zu Antonella, die aber ganz entspannt dasaß, und sprach weiter: »Dreimal haben wir ausgesetzt, und vier der Kleinen sind gestorben.«
    Dann, unvermittelt, hellte sich seine Miene auf, und die übliche Lebenslust sprühte wieder aus seinen Augen. »Aber wenn ich zum Weihnachtsfest nach Hause komme, sind es sicherlich zwölf! Durch Bussola, meine Schöne, meine Holde, weiß ich schon lange, dass Miabella wieder guter Hoffnung ist. Und wenn es Gott dem Allmächtigen gefällt, wird Nummer zwölf in diesen Tagen geboren.«
    Vitus legte seinen Löffel zur Seite, denn er war satt. »Dann hoffe ich, dass alles gut verläuft. Aber bei einer Frau wie der deinen, die schon so oft geboren hat, dürfte es keine Komplikationen geben.«
    »Nein,
nonsenso!«
Fabio winkte ab. »Miabella hat die Gesundheit eines Gauls … äh, verzeih den Ausdruck, Antonella, ich meine natürlich, sie ist in guter Verfassung. Aber wo du schon von Komplikationen redest, Cirurgicus, an was hattest du da gedacht? Was könnte denn eintreten?«
    »Ja, was könnte denn eintreten?« Auch Antonella schien interessiert.
    »Nichts, gar nichts.« Vitus wurde unbehaglich zumute. Er hatte dem Gespräch nicht diese Wendung geben wollen. »Ich verstehe nichts vom Geburtsvorgang, bin keine Hebamme. Es war nur so dahingesagt. Vergiss es.«
    Der Magister grinste.
»Et semel emissum volat irrevocabile verbum.«
    »Wie bitte?« Vitus hatte im ersten Moment nicht verstanden. »Ach so, ja. Der Spruch von Horaz.« Er musste lachen.
    Die anderen fielen mit ein, sogar Antonella, die insgesamt ein wenig verkrampft wirkte.
    Fabio löffelte bereits weiter. Sein Appetit stand dem des Magisters in nichts nach, und das wollte schon etwas heißen. »Wenn Bussola zurückkommt«, sagte er, »schreibe ich gleich einen neuen Brief an Miabella und werde ihr sagen, in welch fabelhafte Gesellschaft ich geraten bin und welch fabelhafte Köchin wir in Antonella gefunden haben.«
    »
Sì, sì
, wui, wui«, fistelte Enano.
    Und klang ein wenig eifersüchtig.
     
    Nach einem strammen Tagesmarsch – Enano, der Riese, war wie üblich vorweggeeilt – kam der Abend und mit ihm wiederum die Frage, ob sie sich eine Herberge suchen oder unter freiem Himmel nächtigen sollten. Bei Dunkelheit schien ihnen das Bild der toten Ratte viel bedrohlicher als am hellen Tag, und so beschlossen sie, abermals unter dem Sternenzelt zu kampieren.
    Schnell war die Habe ausgepackt, ein Feuer gemacht und der Kessel darüber gehängt. Die Flammen flackerten unruhig an diesem Abend, denn der Wind war stark und wehte, da sie nur im Schutz einiger weniger Büsche lagerten, unsanft über sie hinweg. Dennoch wurde es ein gelungener Abend, denn sie erzählten einander aus ihrem Leben, und Guido ließ sich zum ersten Mal überreden, auf seiner Geige eine lustige Weise zu spielen. Er tat es sehr gekonnt, nachdem er endlos an den Wirbeln gedreht und das Instrument gestimmt hatte. Anschließend jedoch bettete er es sofort wieder in seinen Kasten.
    »Du behandelst deine Geige wie eine Kranke«, sagte der Magister ein wenig vorwurfsvoll. Er hätte gern noch mehr gehört.
    Guido antwortete in seiner ernsten Art: »Du ahnst nicht, Magister, wie empfindlich das Holz ist. Ich habe die Decke und den Boden zwar insgesamt siebenmal gelackt, mit einer Spezialmischung, die das Geheimnis der Familie Amati ist, aber man darf nicht vergessen, dass eine Geige aus mindestens vier verschiedenen Hölzern besteht, aus Fichte, Ahorn, Eiche und Ebenholz. Und jede einzelne Art reagiert auf Hitze und Kälte anders, dehnt sich mehr oder weniger aus. Dasselbe gilt für die vier Saiten. Das Ergebnis ist eine immer wieder andere Geige, je nachdem, wie es die Witterung will. Deshalb muss das Instrument auch vor jedem Spiel neu gestimmt werden.«
    »Ach so«, sagte der Magister. »Ich muss gestehen, dann habe ich den Musikanten, die vor Beginn ihrer Darbietung ewig an den Stimmwirbeln drehen, bislang immer Unrecht getan. Ich dachte, sie machen sich nur wichtig.«
    Guido hüllte den Kasten zusätzlich in eine Decke. »Nur wenn alle Teile bestmöglich aufeinander abgestimmt sind, entsteht der wahrhaft reine Ton. Die Geige muss in sich eine

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