Die Mondrose
Raserei gegen Windmühlenflügel, die drei Schritte zurück für jeden halben voran, wenn ich das nicht hätte – unser Haus voller Wärme und deine Liebe, die mich erträgt. Sie hätte ihn bitten wollen, mit ihr nach oben zu gehen, ihr Schlafzimmer abzuschließen und sie zu lieben, bis sie nicht mehr fror. Ach, mein Liebster, dachte sie, warum mache ich uns nur das Leben so schwer? »Was ist das für eine Geschichte mit der Tochter von Miss Ralph?«, fragte sie.
»Sie liegt oben«, antwortete er. »Im Gästezimmer. Ein paar Jungen haben ihr am Bahnhof zugesetzt. Dass sie ihr wirklich etwas tun wollten, glaube ich nicht, aber das arme Mädchen ist vor Angst in Ohnmacht gefallen.«
»Woher willst du wissen, was sie ihr tun wollten? Wer bestimmt, was wirkliches Tun ist? Du?«
»Lydia.« Auf Knien drehte er sich nach ihr um. »Kannst du bitte nicht jedes Wort von mir auf die Goldwaage legen? Ich wäre ja gern der Sandsack, auf den du hemmungslos einprügeln darfst, aber in mir hockt dieser blöde Kerl, der dich bis zum Wahnsinn liebt, und der weigert sich.«
Sie war geschlagen. Er war ihr Mann, den sie mit jeder Faser ihres Daseins wollte, ob es politisch erwünscht war oder nicht. »Komm zu mir.« Als er sich zu ihr beugte, schlang sie die Arme um seinen Hals und küsste ihn, bis sie nicht mehr so hungrig war. Dann teilte sie noch ein Glas Wein mit ihm und erzählte ihm, was ihr den Tag über zugestoßen war. Er versprach, sie würden Kate einen Anwalt bezahlen. Sie bezahlten ständig irgendwem Anwälte. Horatio war längst zum Stellvertreter des Dekans aufgestiegen und arbeitete selbst an Sonntagen, aber sie kamen auf keinen grünen Zweig. Immer wieder versicherte er ihr, es mache ihm nichts aus, er sei glücklich so, wie es war. »Ich wette, deine Freunde sagen dir, ich nutze dich aus«, bemerkte sie dennoch.
»Wer sind denn meine Freunde?«, fragte er und küsste ihre Augen. »Wenn ich dir schwöre, ich lerne, Koteletts zu braten – kannst dann nicht du wieder mein Freund sein?«
»Genügt dir das wirklich?«
»Nicht ganz, muss ich kläglich gestehen. Wenn ich dir zudem schwöre, ich lerne, eine mindestens dreistöckige Torte zu backen und auf dem Kopf zu balancieren – kannst du dann bitte auch wieder meine Liebste sein?«
»Spar dir die Torte.« Sie biss ihm ins Ohr, schob die Hände unter sein Hemd und ließ sie über seine Schulterblätter gleiten. Sie waren beide mager geworden, weil sie vor Arbeit und Kampf und Liebe so oft das Essen vergaßen, und konnte ein Mensch, der im Kampf und in der Liebe sein Fleisch einbüßte, nicht von Glück sagen? »Was wird mit dem Mädchen?«, fragte sie ihn zwischen Küssen.
Er zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Sie konnte mir nicht einmal erklären, wo sie wohnt, nur, dass sie nicht nach Hause will.«
»Dazu wird sie wohl ihre Gründe haben.«
»Bescheid geben muss ich ihren Leuten trotzdem.«
»Morgen früh«, erwiderte Lydia und küsste ihn in die Grube zwischen Hals und Schulter. »Ich sehe nach ihr, soll ich?«
»Später«, sagte er, stand auf und verriegelte die Tür.
Es war eine jener Nächte, in denen sie zwischen seinen vom Reiten muskulösen Schenkeln lag und, während sie ihn liebte, glaubte, dass sie jeden Kampf gewinnen konnte. Er stieß sich mit aller Kraft in sie, von seinem Rücken troff Schweiß, und sie nahm ihn auf und gewann dabei das Frauenwahlrecht, die Straffreiheit für Abtreibungen und den Unterhalt für ledige Mütter. Manchmal, wenn sie in Pausen nach Atem rangen, blitzte die Frage auf: Wie konnte es recht sein, einem Mann die Schultern wund zu küssen und sich in der Nässe zwischen eines Mannes Schenkeln zu suhlen, während Frauen von Männern geschlagen, erniedrigt, vergewaltigt wurden, aber dann nahm ihr Mann sie wieder in die Arme, und sie küsste ihm die Schultern wund und suhlte sich in der Nässe zwischen seinen Schenkeln. Als er kam, rief er ihr ins Ohr, dass er sie liebe, und über sein Gesicht rannen Tränen, und sie liebte ihn so sehr, dass sie den Laut, mit dem ihr Herz zerriss, hören konnte.
Sie taten das oft – sich lieben, bis kein Funke Kraft mehr übrig war, und dann sich mit Armen und Beinen umschlungen halten, damit sie es wagten, einzuschlafen. Statt ihr gute Nacht zu wünschen, fragte er sie: »Bist du morgen noch bei mir?«, und statt einer Antwort strich sie ihm über die Wange und schloss ihm mit einer Liebkosung die Lider. Sie schliefen bis kurz nach Mitternacht, als das Mädchen Hedwig sie mit
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