Die Mütter-Mafia
Zumutung, dieser Gestank.«
»Ruhe, verdammt nochmal!«, sagte der jemand von weiter vorn. »Es gibt noch Leute, die sich für den Film interessieren.«
Nellys Handy furzte. Es war ohrenbetäubend. Fast hätte ich mir die Nase zugehalten.
Julius ließ vor Lachen den Eimer mit dem Popcorn auf den Boden fallen. Er war leider noch ziemlich voll. Das Popcorn verteilte sich raschelnd im Fußraum.
»Her mit dem Handy!«, zischte ich sauer.
Julius krümmte sich vor Lachen, Nelly ebenso.
Das Handy furzte erneut.
»Das ist wirklich unerhört«, sagte die Mercedes-Schrulle.
Da hatte sie ja leider Recht. Aber gerade als ich mich umdrehen und mich für meine ungezogenen Kinder entschuldigen wollte, fuhr die Mercedes-Schrulle fort: »Mich wundert überhaupt nichts mehr. Frauen Ihres Schlages haben ihre Kinder nie im Griff Was aus den bedauernswerten Kreaturen mal werdenwird, wenn sie erwachsen sind, mag man sich kaum vorstellen. Fest steht nur, dass wir mal für sie aufkommen müssen! Kein Wunder, dass unser Sozialstaat den Bach hinunter geht.«
Mir platzte der Kragen. »Ich finde, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! Als ob Sie beurteilen könnten, was aus meinen Kindern mal werden wird. Gut, sie benehmen sich ab und zu mal daneben, aber sie entwickeln sich völlig normal, und ich versichere Ihnen, dass mein Sohn es mal nicht nötig haben wird, sich seine Ehefrau in Fernost zu kaufen, um das Familienerbe zu sichern.«
Ich hatte das Gefühl, nicht nur die Mercedes-Schrulle, sondern die ganze hintere Reihe würde kollektiv nach Luft schnappen. Aber danach herrschte Ruhe.
Na also.
Ich streckte Nelly die Hand hin, und sie legte widerspruchslos das furzende Handy hinein. Ich stellte es ab und warf es in meine Handtasche. Julius und Nelly hörten auf zu lachen. Die letzten fünfundzwanzig Minuten von »Nemo« konnten wir ungestört genießen. Gott sei Dank sanken sich Vater und Sohn am Ende wieder in die Flossen.
Als der Abspann lief und das Licht anging, wies ich meine Kinder an, das Popcorn vom Boden zu sammeln.
»Die kommen eh mit so einem großen Staubsauger und machen das weg«, maulte Nelly.
»Das ist mir egal«, sagte ich und stand auf, um mir das Popcorn von den Klamotten zu schütteln und einen Blick auf die Mercedes-Schrulle zu werfen. Ich wartete noch auf eine Retourkutsche, aber sie stand nur da und guckte an mir vorbei. Neben ihr stand Emily, und neben Emily stand - der Jaguarmann.
Ich vergaß für einen Moment zu atmen.
Scheiße! Scheiße! Scheiße! Da stand er und guckte mich mit seinen schönen braunen Augen an, als würde er mich zum ersten Mal sehen. Wann hatte er sich denn hineingeschlichen? Oh Gott, war das schrecklich! Ich hatte seine Mutter beleidigen wollen,aber doch nicht ihn! Er war doch immer so nett zu mir. Und er konnte doch nichts dafür, dass seine Mutter ihn zu früh aufs Töpfchen gesetzt hatte. Ich hätte gern etwas gesagt, aber ich wusste beim besten Willen nicht, was.
»Mami?« Nelly packte meinen Arm. »Du siehst so komisch aus. Ist dir schlecht?«
»Nein, alles in Ordnung«, sagte ich niedergeschlagen und drehte mich vom Jaguarmann weg. Hoffentlich würde ich nie wieder von ihm träumen.
*
Am nächsten Morgen hatte ich meinen Termin bei Mimis Rechtsanwalt, und weil ich absolut keine Lust hatte, dem Jaguarmann noch einmal über den Weg zu laufen, brachte ich Julius erst um kurz vor neun in den Kindergarten, um dann sofort weiterzufahren. Das Büro des Anwaltes lag in einem der schicken Gebäude im Mediapark, in denen sich die Architekten einen Spaß daraus gemacht haben, Aufzüge und Treppen vor den Besuchern zu verstecken.
Ich irrte eine Weile durch das Erdgeschoss, bis ich endlich vor einem Aufzug stand. Während ich auf die Kabine wartete, kontrollierte ich in dem mannshohen Spiegel daneben, ob ich immer noch so gut aussah wie zu Hause. Bis auf ein bisschen verschmierte Wimperntusche war alles tadellos. Weil Mimi und Ronnie mir ununterbrochen von diesem Anton vorgeschwärmt hatten, konnte ich davon ausgehen, dass sie es umgekehrt bei ihm genauso gemacht hatten. Ich wollte seine Erwartungen auf keinen Fall enttäuschen. Trudi hatte hart am Feng-Shui meiner Partnerschafts- und Sexualleben-Ecke gearbeitet, und ich fand, es wurde allerhöchste Zeit für ein erstes Date nach Lorenz. Mimi war zutiefst schockiert gewesen, als ich ihr erzählt hatte, dass ich außer mit Jan (im Dunkeln) und mit Lorenz (überwiegend Missionarsstellung) keinerlei
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