Die Nacht in mir: Roman (German Edition)
immer wieder, ihre Sinne zerbrachen und sortierten sich neu und zerflossen gleich darauf wieder in der Ekstase der Auflösung. Aber jeder Höhepunkt war schwächer als der vorige, bis sie in einer jenseitigen Welt der Lust schwebte.
Rossokow hielt sie so fest, dass die Gitterstangen sich hart gegen ihr Fleisch pressten, aber sie spürte sie kaum. Mir sollte kalt sein, dachte sie, wie aus weiter Ferne, und doch spürte sie nichts als das schwere Gewicht ihrer Glieder. Dann wurde ihr bewusst, dass Rossokow über ihr Haar strich, ihr etwas ins Ohr flüsterte. Sie dachte, dass sie versuchen sollte, ihn zu verstehen, aber etwas winkte ihr aus der Dunkelheit zu, rief nach ihr, rief sie von jenseits der Grenzen der Vernunft und des Bewusstseins. Und zum ersten Mal in ihrem Leben folgte sie dem Ruf.
11
Peterson stand vor der Kellertür, das Tablett auf der Hand balancierend. Er wollte nicht wieder dort hinuntergehen – nicht so lange dieses Ungeheuer dort war.
Es war nicht seine Schuld gewesen. Er hatte nichts dagegen unternehmen können. Sie war so schön gewesen, mit dem aus dem Gesicht gestrichenen Haar und dem Hemd, das an ihrem feuchten Körper klebte. Sie war die Erste, die er noch bei lebendigem Leib berührt hatte. Es war unglaublich gewesen, ihre kühle Haut, der noch weiche, geschmeidige Körper – so viel erregender als die eisige Starre der anderen. Und dafür, dass sie versucht hatte, ihn derart zu verletzen, hatte sie nichts anderes verdient.
Der Gedanke an sie ließ ihn schwanken, er kämpfte mit seiner Erinnerung an den schrecklichen, wissenden Blick des Monstrums. Du denkst wohl, dass sie dir gehört, wie? Nun, am Ende werde ich sie besitzen. Von dieser Erkenntnis beschwingt, öffnete er die Tür.
Als er die halbe Treppe hinter sich gebracht hatte, erkannte er, dass etwas nicht stimmte. Er nahm die nächsten Stufen so schnell er es wagte, wobei er einen Teil des Orangensafts über das Tablett verschüttete. An der Tür zu ihrer Zelle blieb er stehen.
Sie lag auf dem Boden, bei den Gitterstangen, die ihre Zelle von der des Ungeheuers trennten. Sie lag auf dem Rücken, nur mit einen weißen Slip bekleidet, Ihr Hemd hatte sich geöffnet, so dass man die Kurven ihrer Brüste und die scharf hervorstehenden Rippen sehen konnte. Eine Hand, die Finger etwas gekrümmt, lag in der Zelle des Vampirs. Ihre Augen waren geschlossen, aber er wusste, dass sie nicht schlief. Dafür war ihre Haut zu bleich, leuchtete zu weiß, und ihre nackten Brüste bewegten sich nicht.
Peterson stellte das Tablett ab und schloss die Tür auf. Das Verlies rings um ihn herum verschwamm, ihr auf dem Steinboden ausgestreckter weißer Körper verdrängte alles andere aus seinem Bewusstsein. Er trat neben sie und kauerte sich hin. Dann berührte er ihr Gesicht, liebkoste die starren Augenlider und ihre schlaffen Lippen. Seine Hand glitt unter ihren Kopf, und er beugte sich vor. Er sehnte sich danach, ihre eisigen Lippen zu berühren.
»Peterson.« Einen Augenblick dachte er, es wäre ihre Stimme, die seinen Namen hauchte. Dann erkannte er, dass sie von der anderen Seite der Gitterstangen kam. Nicht aufblicken, dachte er, aber es war zu spät. Er stürzte in die graue Leere des Vampirblickes, und das Wispern verschlang ihn.
Er trug ihre Leiche durch den Wald. Sie kam ihm leichter vor als die der anderen, ihr Körper war noch weich und biegsam. Der Arm, den er sich über die Schulter gelegt hatte, bewegte sich beim Gehen nicht.
Roias war bei weitem nicht so wütend gewesen, wie Peterson das erwartet hatte. »Dann werden wir eben für heute Nacht eins von Ricks Mädchen kaufen. Wir brauchen Seine Hoheit ja nur noch ein paar Nächte bei Stimmung zu halten, dann sind wir ihn für immer los.« Er stand in der Schaltzentrale und blickte auf das leere, improvisierte Studio hinaus. »Nun, worauf wartest du? Du weißt doch, was zu tun ist. Und vergiss den Pfahl nicht.«
Der Pfahl und die Schaufel steckten in einem Sack, den er über der Schulter trug. Keine Sorge, du Arschloch, dachte Peterson ärgerlich. Ich werd deinen verdammten Pfahl schon nicht vergessen. Der kommt nur ganz zum Schluss, das ist alles.
Er verlagerte ihr Gewicht auf seinem Rücken, und ihr Kopf rollte ihm auf die Schulter, fast so, als würde sie sich an ihn schmiegen. Sie war die Letzte, wurde ihm klar. Es würde jetzt Schluss sein müssen, gerade als es anfing, einfach und perfekt zu werden. So sehr er auch das Ungeheuer in dem Verlies hasste – wenn der
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