Die Nacht mit dem Wuestenprinzen
herauszufinden. Sobald das Thema Hotelanlage abgehakt war, kam Sir Julian auf sein eigentliches Anliegen zu sprechen.
„Meine Tochter Elizabeth war sehr angetan von Ihnen“, verkündete er.
Da Rafiq sich kaum noch an die junge Frau erinnern konnte, die er vor Monaten im Haus von Sir Julian kennengelernt hatte, nickte er nur und lächelte unverbindlich, während er seinen Laptop in der Aktentasche verstaute. „Ich bin sicher, dass sich jeder Mann glücklich schätzen würde, wenn sie ihm ihre Aufmerksamkeit schenkt.“
Sir Julian fläzte sich im Ledersessel. „Sie kommt übrigens nach Dhahara. Zurzeit hat sie noch einige Termine, weil sie sich sehr für die Carling-Hotelgruppe engagiert. Aber sie möchte Sie unbedingt näher kennenlernen. Vielleicht ergibt sich die Gelegenheit, gemeinsam mit ihr über ein weiteres Hotelprojekt in einer der Wüstenstädte von Dhahara zu sprechen.“
Das war ein Bestechungsversuch.
Doch Rafiq war es nicht umsonst gelungen, sämtlichen Heiratsfallen der letzten Jahre zu entkommen. Er besaß mittlerweile einen sechsten Sinn für Verkupplungsversuche. Diesmal allerdings hatte er das Gefühl, sich einem ebenbürtigen Gegner gegenüberzusehen. Daher stand er auf, um das Meeting zu beenden. „Ich möchte Sie darüber informieren, dass ich heiraten werde, Sir Julian“, sagte er. „Wahrscheinlich werden meine Frau und ich nicht da sein, wenn Ihre Tochter eintrifft.“
„Sie wollen heiraten?“ Sir Julian richtete sich kerzengerade auf und stützte die Ellbogen auf den Konferenztisch. Plötzlich schien er schlecht gelaunt. „Als ich vor ein paar Tagen mit Ihrem Vater telefoniert habe, hat er vorgeschlagen, ich solle Elizabeth mitbringen. Von Ihrer bevorstehenden Hochzeit hat er nichts erzählt.“
Ganz einfach, dachte Rafiq. Da wusste der König auch noch nichts davon.
Er hätte seinen Vater schütteln mögen. Anscheinend hatte König Selim beschlossen, Elizabeth Carling nicht mit Khalid zu verheiraten, sondern einen ganz anderen Plan geschmiedet.
„Meine Braut und ich werden noch diese Woche heiraten“, verkündete Rafiq und nahm seine Aktentasche. Es musste ihm einfach gelingen, Tiffany zu überzeugen. Zu groß war sein Verlangen nach ihr.
„Dann werde ich versuchen, meine Termine so zu legen, dass ich bei der Hochzeit anwesend sein kann“, bemerkte Sir Julian säuerlich.
„Meine Verlobte wünscht sich eine Feier im Familienkreis“, entgegnete Rafiq und fragte sich, ob Tiffany einverstanden sein würde, ohne den Segen ihrer Eltern vor den Traualtar zu treten.
Tiffany wusste nicht, was sie erwartet hatte, doch sicherlich war es nicht der riesige Palast aus sonnengebleichtem Sandstein gewesen, der sich mitten in der Wüste erhob.
„Wahnsinn“, rief sie und spähte noch eifriger aus dem Seitenfenster des Mercedes.
„Das ist Qasr Al-Ward“, erklärte Rafiq, als der Chauffeur im kiesbestreuten Innenhof vor dem Hauptportal anhielt.
„Hier leben dein Bruder und seine Frau?“
„Ja. Er zieht das Leben in der Wüste dem in der Stadt vor. Außerdem möchte er so viel Zeit wie möglich mit seiner Frau verbringen.“
Hat er nur eine Frau? Diese Frage lag Tiffany auf der Zunge, doch der Chauffeur öffnete die Wagentür, und sie bezähmte ihre Neugier. Es war später Nachmittag und noch immer sehr heiß. Sie fragte sich, ob sie in ihrem schlichten weißen Kleid auch passend gekleidet war. „Ich bin nicht schick genug angezogen“, bemerkte sie.
„Keine Angst. Mein Bruder Shafir ist viel draußen und meistens ganz staubig vom Wüstensand. Ihm sind Äußerlichkeiten ziemlich egal.“ Rafiq lächelte verschwörerisch und fuhr fort: „Wenn du dich jedoch nicht wohlfühlst, findet sich bestimmt etwas, das dir besser gefällt.“
Shafir Al Dhahara trug das traditionelle weiße Gewand der Araber und war nicht im Geringsten staubig. Überrascht war Tiffany, als sie seine Frau Megan kennenlernte. Sie mochte sie sofort und bemerkte schon nach kurzer Zeit, dass Shafir seine Frau anbetete.
„Ich habe schon viel von Ihnen gehört“, meldete sich ein großer dunkelhaariger Mann im Hintergrund zu Wort. Er stand auf den Stufen des Portals. „Willst du uns nicht vorstellen, Rafiq?“
Rafiqs Handbewegung war lässig. „Tiffany, das ist mein Bruder Khalid.“
Sie lächelte und fragte sich, wie viele Brüder es insgesamt wohl geben mochte.
Als ob Khalid Gedanken lesen könnte, sagte er: „Wir sind zu dritt. Ich bin der Älteste, Shafir ist der Mittlere. Rafiq ist unser
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