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Die Nächte der Aphrodite

Die Nächte der Aphrodite

Titel: Die Nächte der Aphrodite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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Haus errichten lassen.« Sie zeigte auf einen kurzen, vergitterten Tunnel, der zu einem Backsteingebäude führte. »Und an der Rückseite des Zwingers gibt es einen Teich, wenn er sich abkühlen möchte. Manche Mätresse wird von ihrem Liebhaber nicht mit so viel Aufmerksamkeit behandelt«, fügte sie trocken hinzu.
    Elaine nickte beeindruckt. Die Fürsorge des Herzogs war offensichtlich. In Trou-sur-Laynne machte sich niemand Gedanken um das Befinden des Viehs. Wenn es krank wurde, dann war das eine Katastrophe, weil es als Arbeitskraft ausfiel oder nicht verkauft werden konnte. Sie betrachtete den Tiger weiter. Eine ganze Ziege. Nach seiner Größe zu schließen, bekam Sahib jeden Tag eine davon. Das führte ihr den Reichtum des Herzogs drastischer vor Augen als der Prunk, den sie bisher zu Gesicht bekommen hatte. Gold, Juwelen und schöne Kleider, das waren mehr oder weniger abstrakte Begriffe für sie. Aber den Wert einer Ziege, den kannte sie nur zu genau.
    »Wunderschön, eine Katze in dieser Größe habe ich noch nie gesehen«, erwiderte sie noch immer in Gedanken.
    »Tiger«, verbesserte Béatrice. »Henri möchte noch ein Weibchen erstehen, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt.«
    Elaine überlegte kurz, wo man ein so exotisches Tier erstehen konnte, aber Béatrice redete schon weiter. »Die Fütterung ist ein Spektakel, aber es braucht gute Nerven. Wenn du morgens früh aufstehst, kannst du sie beobachten. Mir hat ein einziges Mal gereicht, ich hätte mich fast übergeben.«
    Elaine dachte an die Hühner, Hasen und Schweine, die sie ausgenommen hatte, und verbiss sich eine diesbezügliche Antwort. »Vielleicht sehe ich es mir irgendwann einmal an, wenn ich länger hier bin«, sagte sie stattdessen.
    Sie beobachteten den schlafenden Tiger eine Weile, aber da er keine Anstalten machte, sich zu erheben, wandten sie sich schließlich ab und spazierten den Weg zurück zum Palast. Auf einer Bank trafen sie Vincent.
    Elaine setzte sich zu ihm, aber Béatrice verabschiedete sich nach dem Austausch der üblichen Höflichkeiten von den beiden. »Ich werde mich hinlegen, damit ich für heute Abend ausgeruht bin. Die Rolle der Zeremonienmeisterin ist anstrengender als man annehmen möchte.«
    Elaine blickte Vincent an. »Wie habt Ihr die Nacht verbracht? Könnt Ihr Euch schon an Euren Namen erinnern oder an etwas anderes aus Eurer Vergangenheit?«, erkundigte sie sich.
    Vincent schüttelte betrübt den Kopf. »Nein, ich habe zwar ausgezeichnet geschlafen, aber alles, was vor dem gestrigen Tag liegt, wird noch immer von einem undurchdringlichen Nebel verhüllt.«
    »Wie schade«, sagte Elaine mitfühlend. »Habt Ihr mit dem Herzog darüber gesprochen?«
    »Ja, er gestattet mir hier zu bleiben, so lange ich will. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.«
    Die Traurigkeit in seiner Stimme setzte Elaine zu. »Kopf hoch, es wird sich alles finden, auch wenn es länger dauert«, versuchte sie ihn aufzumuntern.
    Er nickte, wirkte aber noch immer niedergeschlagen. »Das hoffe ich natürlich, allerdings ...« Er brach ab.
    Elaine griff nach seiner Hand. »Allerdings?«
    »Ach, ich komme mir so jämmerlich vor ... es ... nach allem sollte ich einfach nur dankbar sein, aber ...« Er sah sie schuldbewusst an und senkte dann den Blick.
    Elaine konnte sich beim besten Willen keinen Reim auf seine Worte machen. Also wartete sie und drückte verständnisvoll seine Hand.
    »Ich soll mich zwar hier wie zu Hause fühlen, aber im Augenblick fühle mich höchstens wie ein unwillkommener Gast«, murmelte er schließlich.
    »Aber warum denn das?«, fragte Elaine fassungslos.
    »Niemand kümmert sich um mich.« Er hob den Kopf und setzte schnell hinzu. »Außer Euch natürlich, Mademoiselle Callière. Statt in die Runde aufgenommen zu werden, verbannte mich der Herzog gestern Abend in mein Zimmer. Ihr habt es ja selbst erlebt.«
    »Das war doch nur, um Euch Ruhe zu gewähren, damit Ihr Euch erholen könnt. Man brachte Euch doch wie versprochen ein Abendessen aufs Zimmer?«, vergewisserte sie sich.
    »Ja, aber ich weiß bis jetzt nicht, ob ich heute an der Tafel des Herzogs willkommen bin. Und ich will nicht wieder einsam und alleine die Stunden in meinem Zimmer vergehen sehen.« Er schloss die Augen und legte das Gesicht in die Hände.
    Elaine betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn. »Ich glaube nicht, dass der Herzog etwas dagegen hat, wenn Ihr zusammen mit den anderen speist. Vorausgesetzt, Ihr fühlt Euch gut genug, am Diner

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