Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
mit dieser Aiala eingelassen hat.«
Catalina stellte den Teller weg und nahm ihre alte Haltung wieder ein. Allmählich wirklich böse, packte Tao Te Chen sie am Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Zum Donner noch eins, warum wartest du nicht erst einmal ab? Vielleicht ist Mikel diese Aiala gar nicht so wichtig, wie du denkst. Ich würde die Liebe meines Lebens jedenfalls nicht über Monate allein lassen, nur weil ich mal Peru sehen will.«
»Du, ja, du.« Catalina schob seine Hand weg.
»Auch dein Mikel würde das nicht tun«, beharrte Tao Te Chen.
»Das kannst du doch gar nicht wissen. Vielleicht wollen sie sich mit dem Geld, das er auf dieser Reise verdient, eine Existenz aufbauen. Außerdem ist sie hübsch, Tao, sie ist so verdammt hübsch.«
»Hübsch!« Tao Te Chen machte eine wegwerfende Handbewegung. »Mit dem Herzen muss man die Menschen sehen, nicht mit den Augen.«
»Ach, Tao, du verstehst das nicht.«
»Aber du, du Küken, du verstehst alles, wie?« Tao Te Chen klapste ihr auf den Kopf. »Außerdem verstehe ich sehr wohl: Dich genieren deine rattenkurzen Haare und die Schwielen an deinen Händen und Füßen und die Muskeln an deinen Armen und Beinen.«
»Sehr anziehend wirkt das ja wohl tatsächlich nicht auf einen Mann!«, konterte Catalina. »Und das schon gleich zweimal nicht, wenn man Aiala neben mir sieht. Allein ihr porzellanfarbener Teint und ihre zarten Hände.«
»Aber deine Schwielen und Muskeln bringen dich nach Peru – dich, und nicht Aiala. Jetzt gib doch nicht gleich auf! Finde Mikel, rede mit ihm, und wer weiß: Vielleicht gefällt er dir ja auch gar nicht mehr. Immerhin habt ihr euch jetzt schon sehr lange nicht mehr gesehen. Und vielleicht findest du dann auch endlich einmal die Gelegenheit, ihm zu sagen, dass du eine Frau bist, dann wirst du ja sehen, ob du ihm wirklich nicht gefällst.«
Catalina musterte ihn nachdenklich. »Warum tust du das eigentlich alles für mich?«
Statt ihr zu antworten stand Tao Te Chen auf und drückte ihr das Abtrockentuch in die Hand.
Tao Te Chens Standpauke rüttelte Catalina tatsächlich auf. Sie begann wieder zu essen, und je mehr ihr Gesicht zu seiner alten Frische zurückfand, desto öfter blitzte auch wieder ein Lächeln in ihren Augen auf. Trotz der Angst vor Läusen, die sie von Georges übernommen hatte, ließ sie ihre Haare bis über die Ohren wachsen. Tao Te Chen gefiel die neue Frisur.
»Da siehst du, dass du sehr wohl hübsch bist, wenn du nur ein bisschen was aus dir machst! Aber treibe deine Verweiblichung nicht zu weit: Schließlich willst du keine schlafenden Hunde wecken – und Giuseppe nicht noch mehr reizen, als du es ohnehin schon tust.«
Dass Giuseppe die Niederlage, die Tao Te Chen und sie ihm auf der Fahrt nach Sevilla beigebracht hatten, noch längst nicht vergessen hatte, war auch Catalina bewusst: Wann immer sich ihre Wege auf dem Schiff kreuzten, warf er ihr dunkle Blicke zu, und als sie einmal nicht pünktlich zur Hundewache erschien, verpfiff er sie beim Ersten Offizier. Fünf Peitschenhiebe musste Catalina zur Strafe über sich ergehen lassen. Zeit für weitere Rachegedanken hatte in den nächsten Tagen niemand von ihnen: Ihr Schiff geriet in einen schweren Sturm. Der ununterbrochen niederprasselnde Regen machte das Arbeiten an Deck unmöglich, so dass der Erste Offizier den überwiegenden Teil der Mannschaft unter Deck schickte und mit Flickarbeiten beschäftigte. Als ein Toppsegel riss, mussten ein paar von ihnen doch nach oben und beim Hissen helfen. Einer brach sich dabei den Arm, der andere riss sich das halbe Bein auf. Zwei Tage später schien der Sturm endlich nachzulassen. Vorsichtig wurden wieder Segel gesetzt, aber dann ging erneut sintflutartiger Regen über ihnen nieder. Wieder mussten die Männer unter Deck, aber schon wenige Stunden später scheuchte sie die Donnerstimme des Ersten Offiziers nach oben.
»Alle diensthabenden Männer an Deck!«, brüllte er. »Der Wind wird wieder stärker! Das Rahsegel muss eingeholt werden! Los, bewegt eure Ärsche!«
Die Männer stürmen nach oben, aber an Deck wurden sie sofort langsamer, denn durch den Regen waren die Planken glatt wie Schmierseife. Von allen Seiten spritzten meterhohe Wellen über die Reling, und eine hätte Catalina beinahe über Bord gespült, doch dann hatte sie sich im letzten Moment an einem Tau festhalten können. Währenddessen kletterte Ramón, der zu den erfahrenen Matrosen gehörte, zum Ausguck über der Rahe hoch, um die nötigen
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