Die Nonne mit dem Schwert (German Edition)
könne, bat sie allerdings, dass sie sich während der Messe – sofern sie ihr nicht mit ganzem Herzen beiwohnen wolle – in die Sakristei zurückzog, und auch während der Beichtnachmittage möge sie sich dort aufhalten.
Auch nach diesem Gespräch fand Catalina keine Ruhe, zumal ihr klar war, dass ihre Chance, Mikel wiederzufinden, mit jedem Tag, den sie hier zum Herumsitzen verdammt war, geringer wurde. Schließlich kam noch ein schwerwiegenderes Problem auf sie zu: Sie näherte sich dem Ende ihres Zyklus. In wenigen Tagen müsste ihre Periode wieder einsetzen, und ihre Stoffbinden lagen unter dem doppelten Boden ihrer Tasche, und die befand sich im Haus des Bruders des Tavernenwirts.
Zuerst wollte Catalina Kepo bitten, ihr die Tasche zu holen, dann aber bekam sie Angst, dass man ihn dabei stellen und eine Untersuchung der Tasche sie beide um Kopf und Kragen bringen würde. Und selbst wenn Kepo die Tasche unbemerkt herbeischaffen könnte: Wo sollte sie die Binden in der Kirche auswaschen und trocknen? Ihr Zufluchtsort war zur Sackgasse geworden.
Als Kepo am Abend in die Kirche kam, hätte Catalina ihn vor Verzweiflung am liebsten geschüttelt.
»Aber du hast doch gesagt, dir würde einfallen, wie du mich hier herausbringen kannst. Kepo, ich … mir rennt die Zeit davon.«
»Nun mach doch nicht so einen Wirbel! Mir fällt schon noch was ein.« Kepo schob ihr einen Teller Kartoffelsuppe hin.
»Die Wachen!«, beschwor ihn Catalina. »Wir müssen doch nur einen Weg finden, wie wir die Wachen ausschalten können. Der Rest findet sich schon irgendwie.«
Kepo hielt ihr den Suppenteller direkt unter die Nase, Catalina drückte seine Hand weg. »Kepo, ich muss hier wirklich raus. Und wenn dir nicht bald etwas einfällt, dann … dann kämpfe ich mich eben allein nach draußen.«
Kepo tippte sich an die Stirn. »Deine Fechtkunst in allen Ehren, aber drei Wachen sind drei Wachen. Und der Narbige ist auch noch da. Lass uns bis zum Ende der Woche warten. Da hat irgend so ein Sevillaner Grande seinen Besuch in unserer Stadt angekündigt. Er soll mit einer großen Parade empfangen werden. Vielleicht zieht der Alcalde zu diesem Anlass wenigstens eine der Wachen ab!«
»Ende der Woche?« Catalina schüttelte den Kopf. Ende der Woche war viel zu spät! Sie sah Kepo an, fand aber nicht den Mut, sich ihm anzuvertrauen, und beschloss, diese Nacht allein zu versuchen, hier herauszukommen. Zu verlieren hatte sie nichts mehr.
Als es zwei Uhr schlug, rollte Catalina ihre Decke zusammen, stopfte sich einen Kanten Brot in die Hosentasche und schlich ans Kirchenportal. Vorsichtig öffnete sie die Tür und sah die beiden Wachen, die unweit des Portals auf dem Boden hockten. Sie nutzten das fahle Mondlicht, um sich die Langeweile mit Kartenspielen zu vertreiben. Der dritte Soldat, das wusste sie von Kepo, stand vor der Sakristei.
Einfach raus und durch, sagte sich Catalina und holte tief Luft. Im Kampf zu sterben war allemal besser, als auf dem Scheiterhaufen in Flammen aufzugehen! Da sah sie einen Schatten auf die Kirche zuhuschen. Leise drückte Catalina die Tür wieder zu und verbarg sich hinter einer Kirchenbank.
Sie heftete ihre Augen auf das Kirchenportal. Schon wenige Augenblicke später wurde es geöffnet. Lautlos zog Catalina ihren Degen aus der Scheide. Ein in einen langen Mantel gehüllter Mann betrat die Kirche; den breitkrempigen Hut hatte er so tief in die Stirn gezogen, dass er sein Gesicht völlig verdeckte. So, wie er sich anschlich, konnte er kaum Gutes im Sinn haben. Catalina erwog für einen Moment, einfach aus der Kirche zu stürmen und sich irgendwo ein Pferd zu schnappen, aber dann wurde ihr klar, dass die Soldaten sie aufgespießt haben würden, ehe sie auch nur den Schweif eines Pferdes erspäht hätte. Die ganze Nacht mit diesem Mann Versteck zu spielen hielt sie aber auch für zu gefährlich. Sie umschloss den Griff ihres Degens fester und schlich dem Mann hinterher.
Meter um Meter näherte sich Catalina der dunklen Gestalt, war schließlich nur noch einen guten Schritt von ihr entfernt, hob den Degen, um ihn dem Kerl direkt ins Herz zu stoßen – da fuhr der Mann auf einmal herum und kreuzte mit Wucht ihren Degen, so dass er in hohem Bogen über die Kirchenbänke flog. In der nächsten Sekunde spürte Catalina die Spitze seines Degens an ihrem Hals und schloss die Augen. Dann zerriss ein helles Lachen die Stille der Kirchenhalle.
6
C atalina starrte Mikel so fassungslos an, dass der noch
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