Die Obamas
Wehrdienstgesetz, neue Kreditkartenreformen, ein Gesetz über eine gerechte Bezahlung von Frauen, die Ausweitung der Kinder-Krankenversicherung und die Reform der Studiendarlehen, um nur einige zu nennen. Doch die Erfolge gingen anscheinend zu seinen Lasten, weil er immer noch hartnäckig der Meinung anhing, seiner eigenen Agenda folgen zu müssen, statt sich um die Arbeitslosigkeit zu kümmern.
Der Präsident lästerte nach wie vor gern über sogenannte Experten und erklärte, stattdessen wolle er lieber mit normalen Amerikanern reden. Tatsächlich hätte Obama nicht nur in Chicago dazu Gelegenheit gehabt, denn die Verwandten, die sich zum Grillen versammelten, hatten viel mit seinen Wählern gemein. »Was auch immer in Amerika passiert, findet in dieser Familie statt«, sagte einer der Anwesenden: Arbeitslosigkeit, drohender Verlust der Spareinlagen für die Rente, Hypothekenkündigungen. Doch bei den wenigen Anlässen, zu denen der Präsident und die First Lady ihre Großfamilie versammelten, wurden solche Themen ausgeklammert. Kein Wort fiel über die persönlichen Opfer, die das Auf und Ab der Wirtschaft den »kleinen« Leuten abverlangte – die Familie sei zu befangen, sagten zwei Verwandte, und die Obamas selbst bräuchten dringend eine Ruhepause.
Also plätscherten die Gespräche an jenem Freitag an der Oberfläche dahin. Der Präsident und Craig Robinson scherzten, ob sie nach Obamas Amtszeit gemeinsam eine Basketballmannschaft kaufen sollten, und hatten ganz offensichtlich Spaß an dieser fixen Idee. Michelle Obama beantwortete geduldig die Fragen der Verwandten nach ihrem Leben im Weißen Haus. Sie habe nicht mit ihrem neuen Leben geprotzt und sei auch nicht ausgewichen, hieß es später anerkennend. Stattdessen sei sie betont sachlich geblieben: Ja, im Weißen Haus gebe es fürs Saubermachen und die übrigen Hausarbeiten viel Personal. Aber so sei das nun mal. Ein Verwandter gestand ihr, wie schwer es ihm falle, die vertraute Michelle von früher, die er schon als pausbäckiges Baby und später als vielbeschäftigte Ehefrau und Mutter kannte, mit der gegenwärtigen Person in Einklang zu bringen. »Wenn du im Fernsehen auftauchst, wirkst du wie eine Glamour-Queen«, sagte er.
»Nun, da muss ich einfach eine Maske aufsetzen«, gab sie zur Antwort.
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Die Obamas besuchten an dem Wochenende vertraute Orte wie die frühere Schule der Mädchen, und am Sonntag gingen sie zu einem Barbecue, das im Garten von Valerie Jarretts Eltern James und Barbara Bowman stattfand. Aber die meiste Zeit verbrachten sie mit den beiden Paaren, die sie auch sonst in ihrer Freizeit am häufigsten sahen: Marty Nesbitt und Anita Blanchard sowie Eric und Cheryl Whitaker.
Als Präsident und First Lady führten die Obamas ein extrem eingeschränktes gesellschaftliches Leben. An den meisten Abenden aßen sie zu Hause mit ihren Töchtern, und um die Dinnerpartys in Washington machten sie inzwischen einen großen Bogen und gingen auch kaum noch zu zweit aus. Stattdessen konzentrierten sie sich zunehmend auf ihren engsten Freundeskreis. In Washington registrierte man durchaus, wie zurückgezogen sie lebten. Wenn die Bushs auf ihrer Ranch im texanischen Crawford gewesen waren, hatten sie häufig Gäste bewirtet. Jedes Präsidentenpaar lebte in gewisser Weise isoliert, das lag in der Natur der Sache. Aber diesmal war es etwas anderes: Es schien, als hätten sich beide Obamas ein selbstgewähltes Exil auferlegt.
Die Präsidentschaft wird häufig mit einer Blase verglichen, in der man vom Rest der Gesellschaft abgeschirmt lebt: Die Obamas und ihr engster Freundeskreis bildeten jedoch eine noch kleinere Blase in dieser Blase – eine enge alternative Parallelwelt, in der die First Lady und der Präsident mit großem Verständnis, uneingeschränkter Sympathie und vorbehaltloser Liebe rechnen konnten. Bei den Nesbitts, Whitakers, Valerie Jarrett und den wenigen anderen Auserwählten, die Zugang zu diesem intimen Kreis besaßen, hatten die Obamas die erstaunliche Fähigkeit, ihr Präsidentendasein wie eine Hülle von sich abfallen zu lassen. Tatsächlich
wollten
sie, dass sie verschwand, sagten ihre Freunde. In diesen Momenten spielte es kaum noch eine Rolle, was in den Nachrichten kam oder in der Regierung passierte. Diese Treffen waren ihre kleinen Fluchten, kostbare Momente, in denen sie lustiger, genervter, offener, einfach mehr sie selbst sein konnten als in der Öffentlichkeit. Dann tratschten die Obamas über ihre Bekannten zu
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