Die Poison Diaries
ich wünschte, ich hätte es getan. Signora Baglioni, die Pflanzen in Ihrem Garten sind weise. Wenn sie behaupten, Sie könnten mir helfen, Jessamine zu finden, dann hege ich keinen Zweifel daran. Wissen Sie, wo sie ist?«
»Die arme Jessamine«, murmelt sie. »Wenn ich diejenige bin, die Ihnen helfen kann, dann ist sie wahrhaftig in Gefahr.«
Sie sieht aus, als ob sie noch mehr sagen wollte. Stattdessen klappt sie das Tagebuch entschieden zu. »Nun kenne ich Ihre Geheimnisse. Jetzt muss ich Ihnen wohl meine verraten. Möchten Sie sie hören? Ich warne Sie, dieses Wissen bringt eine große Verantwortung mit sich.«
Ich nicke.
»Gut.« Ihre Stimme ist leise und eindringlich. »Offiziell bin ich angestellt, um mich um den
Orto botanico
zu kümmern. Er wurde vor Jahrhunderten von gelehrten Männern angelegt, aus edlen und uneigennützigen Gründen. Es sollte ein Ort sein, wo Menschen Heilpflanzen züchten und studieren konnten, um ihre jeweilige Wirkung zu ergründen.«
Sie lehnt sich zurück. Das Licht, das durch die Pergola fällt, malt Muster aus Sonnenflecken und Schatten auf ihr Gesicht. »Inoffiziell, aber von größerer Bedeutung, ist meine Aufgabe als Wächterin einer besonderen Sammlung von Büchern und Artefakten, die der Universität gehören. Einige sind sehr alt, und alle sind sie extrem selten. Nur wenige Menschen wissen von ihrer Existenz. Dieser Thomas Luxton scheint etwas davon erfahren zu haben; er gibt einige Hinweise darauf in seinem Tagebuch. Mich würde sehr interessieren, wie er zu seinem Wissen gekommen ist.«
Ihr Gesicht liegt jetzt im Schatten, und sie setzt den Hut ab, der sie vor der Sonne geschützt hat. »Mein Großvater war Professor hier an der Universität und ein berühmter Botaniker. Der
Orto botanico
unterstand seiner Verantwortung, genauso wie die Sammlung, von der ich sprach. Er war es, der schließlich die Gefahr erkannte, die davon ausgeht, und die Bücher aus der Universitätsbibliothek entfernte, um sie an einem geheimen Ort aufzubewahren.« Ihre Augen zucken zum Haus und ich nicke verstehend.
»Nachdem mein Großvater gestorben war, übernahm es mein Vater, die Sammlung zu hüten und zu erweitern. Ich folgte in seinen Fußstapfen und habe erst kürzlich einige wertvolle Folianten erworben. Allerdings vermutlich nicht so wertvoll wie dieses Buch hier.« Sie legt die Hand auf Luxtons Tagebuch. »Es gibt vieles, was wir lernen können. Und vieles, wovor wir Angst haben müssen, fürchte ich.« Sie steht auf und bedeutet mir, ihr zu folgen. »Ich werde es Ihnen zeigen. Nehmen Sie bitte das Buch mit; es sollte nicht unbeaufsichtigt bleiben.«
»Sie können es haben, wenn es für Sie von Wert ist.« Ich stehe auf, doch es ist mir unmöglich, ihr zu folgen. »Warum glauben Sie, dass Jessamine in großer Gefahr ist? In was für einer Gefahr?«
Sanft nimmt sie meinen Arm. »Das ist es, was ich Ihnen zeigen möchte. Schwören Sie, dass Sie Ihr Wissen zum Guten einsetzen werden, Weed. Schwören Sie es bei Ihrem Leben und bei allem, was Ihnen heilig ist. Wenn ich herausfinde, dass es Ihnen nicht ernst ist damit, dann verfüge ich über Mittel und Wege, um zu verhindern, dass Sie irgendwelchen Schaden anrichten, glauben Sie mir. Und ich werde nicht zögern, genau das zu tun.«
»Ich schwöre es«, sage ich aus vollem Herzen. »Thomas Luxton war mein Feind. Sein Werk verhöhnt die Vielfalt der Natur. Ich will nichts weiter als Jessamine finden und sie in Sicherheit bringen. Ich fürchte, dass sie etwas Bösem in die Hände gefallen ist – etwas, das noch schlimmer ist als ihr Vater es war.«
Plötzlich klagen und jammern die Pflanzen in den Töpfen ringsum. Sie wollen nicht, dass ich Oleanders Namen ausspreche.
»Darüber möchte ich gerne mehr erfahren«, erklärt Signora Baglioni und geht mir voraus zum Haus. Sie nickt den Ringelblumen neben dem Eingang zu. »Als Schutz«, sagt sie. »In Italien sagt man, dass Ringelblumen den bösen Blick abwenden. Halten Sie das für närrisch?«
»Nein.«
»Es ist jedenfalls nicht wissenschaftlich fundiert.« Sie zuckt mit den Schultern. »Aber es kann wohl auch nicht schaden. Und wir können allen Schutz gebrauchen, den wir kriegen können.«
***
Das Haus selbst ist klein und hell. Es riecht nach frischen Kräutern. Die Signora führt mich durch eine kleine Tür hinunter in den Keller. Die Decke hängt so niedrig, dass ich auf der Treppe den Kopf einziehen muss. Erst als ich die letzte Stufe hinter mir lasse, kann ich wieder aufrecht
Weitere Kostenlose Bücher