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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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werden. Nähen! Fredegunde verstand davon so wenig wie ich. Mutti sagte: »Laßt nur, das nähe ich ritsche-ratsche auf der Nähmaschine.«
    Sie bekam einen Kuß dafür und eine lange Umarmung. Und sie lachte und fragte: »Warum denn so zärtlich?« Und ich sagte: »Darum«, mehr nicht. Aber Mutti verstand mich trotzdem. Wir lachten und schleppten das ganze Zeug herunter.
    Später sagte Vater: »Na, ist es nicht voll genug hier bei uns?« Wir hatten alles auf den Tisch in der Eßecke gepackt. Es sah sehr unordentlich aus. Aber Mutti erwiderte: »Nein, überhaupt nicht.« Wir fingen an herumzuwühlen und auszuwählen und zu überlegen. Vati fragte nicht weiter und ging kopfschüttelnd hinaus. Er hat ja auch genug mit seinen. Zeichnungen zu tun.
    Für Trudchen stiftete Mutti sogar rote Strumpfhosen. Meine schwarzen waren viel zu groß. Die brauchte ich selber. Trud-chen war ganz aufgeregt. Sie durfte mit Mutti ins Warenhaus gehen. Fredegunde und ich waren bei der Tante und bei der Nachbarin gewesen und hatten gefragt.
    Trudchen bekam die Erlaubnis. Besonders die Tante war ganz gerührt und wollte uns ein Micky-Maus-Heft schenken. Aber wir bedankten uns sehr. »Ach nein, ach nein«, sagte sie, »ihr seid ja schon viel zu groß dafür.« Sie hockte in dem engen Raum, zwischen Zeitschriften, Zeitungen, Krimis, wie eine Rosine im Kuchen. Und Fredegunde meinte später: »Ob sie da Luft kriegt? Im Winter ist doch die kleine Klappe zu, wegen der Kälte.« Und ich sagte, sie sollte nicht an den Winter denken. Sicher bekäme die Tante Luft. Sonst säße sie wohl nicht schon seit Jahren im Kiosk.
    Ich hatte ganz andere Sorgen.
    »Wir müssen uns beeilen«, drängte ich ungeduldig, »wir probieren heute abend länger, mit Beleuchtung. Und wenn Trudchen nicht rechtzeitig nach Hause kommt, benachrichtigt die Nachbarin bestimmt die Polizei: >Kind verlorengegangen.<«
    »Glaubst du?« fragte Fredegunde ungläubig. Sie schüttelte ein paarmal den Kopf und begann endlich schneller zu gehen.
     
    Fredegunde sah in dem alten gelben Sommerkleid von Mutti, das auf der Erde schleifte, sehr prinzessinnenhaft aus. Obwohl wir mit ihr die meiste Mühe hatten. Sie konnte und konnte nicht begreifen, daß die Regieanweisungen mitgesprochen werden mußten.
    »Das ist verrückt. In keinem Theater habe ich das gehört.«
    »Sicher. Aber dies ist ein besonderes Stück«, erklärte Fridolin geduldig. »Hier müssen sie mitgesprochen werden.«
    »Das ist aber so komisch.«
    »Soll es«, knurrte Peter. »Stell dich nicht so idiotisch an.«
    Fredegunde war schwer enttäuscht. Sie hatte an ein ernsthaftes tragisches Drama gedacht.
    »Es wird alles durch den Kakao gezogen«, sagte sie am letzten Ferientag kopfschüttelnd.
    »Wird es. Willst du mitmachen oder nicht?«
    Sie wollte, schon wegen des gelben Kleides. Doch es dauerte lange, bis sie endlich soweit war.
    Fridolin sah wunderbar aus. Ein weiter geblümter Rock aus einem alten Vorhang umwogte ihn. Das weiße Nachthemd mit langen Ärmeln und Spitzen am Handgelenk, verhüllte den Oberkörper. Der Busen war mit zwei kleinen Puppenkissen ausgestopft. Mutti hatte wahrhaftig an alles gedacht. Der hellblaue Schal umschlang malerisch das Mondgesicht. Die Stirnlocken waren herausgezupft. Nur die Krone fehlte. Die wollten wir aus Goldpapier kleben. Fridolin stand mitten auf dem Dachboden, von zwei Glühbirnen angestrahlt. Später würde die Beleuchtung festlicher sein, erklärten Rudi und Tom. Sie kamen sich sehr wichtig als Techniker vor. Sie wollten sogar Scheinwerfer aufstellen. >Na, hoffentlich funktionieren die<, dachte ich.
    Fridolin sagte gerade: »Die wunderbare und herrliche Königin tritt auf und ruft: >Mein Gemahl, wir müssen ein Gastmahl richten. Der junge heldenmütige Prinz reitet schon über die Zugbrücke. Er wird gleich hier sein<, hoppla!«
    Das letzte Wort gehörte nicht zum Rollentext. Rudi hatte die Verlängerungsschnüre so unpraktisch gelegt, daß man darüberstolpern mußte. Fridolin fiel nicht. Er hielt sich aufrecht mit schöner Würde. Wir lachten und lachten.
    Ausgerechnet in diesem Augenblick erschienen zwei Männer in blauem Overall an der Bodentreppe. Und der vorderste, ein kleiner stämmiger älterer Mann, sagte mißmutig: »Nu schlägt’s dreizehn, is’ hier Zirkus!«
    Er sah uns ärgerlich an. Lachte kein bißchen, auch nicht als Fridolin sich vorbeugte, einen Busen dabei verlor und sich das Kissen in aller Gemütsruhe wieder in die Bluse stopfte.
    »Häh?« knurrte der Alte

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