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Die Prophezeiung der Steine

Die Prophezeiung der Steine

Titel: Die Prophezeiung der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Freeman
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zu. Sofort beschrieb das Boot eine große Kurve und richtete sich gen Westen.
    »Äh …«, fing Bramble an. »Ich verstehe ja, dass ihr das hier so schnell wie möglich zu eurem Rat bringen wollt, aber ich muss auf die andere Seite des Sees.«
    Eel nickte. »Wir fahren auch auf die andere Seite.«

    Sie lehnte sich wieder zurück. Sie würden vielleicht weit westlich anlanden, aber zumindest würden Thegans Leute dort nicht nach ihr suchen. Soll der See uns führen , dachte sie.
    Die Fahrt dauerte den ganzen Tag, wobei sich die Steuermänner beim Voranstaken des Bootes abwechselten. Sie hatten so lange die Mitte des Sees angesteuert, bis das Südufer verschwunden und das Nordufer nur noch eine dünne Linie am Horizont war. Bramble hatte davon gehört, wie groß der See war. Aber nun auf ihm zu sein, und das auf einem - wie es bei dieser weiten Wasserfläche wirkte - winzigen Boot, war ernüchternd, erstaunlich und zugleich aufregend. Ihr war, als würde sie die Freiheit, die sie ihr ganzes Leben lang angestrebt und dann auf der Wanderschaft gesucht hatte, möglicherweise hier finden, auf dieser weiten Fläche Wasser. Als vom Osten her Wind aufkam und sie schneller gegen die westliche Strömung schob, lachte Bramble, und die Bootsführer lachten mit ihr.
    Die Pferde fanden es nicht lustig. Bramble verbrachte den größten Teil der Reise damit, sie zu beruhigen. Nur Trine blieb unbekümmert.
    Als der Nebelschleier aufriss, wärmte die Herbstsonne ihnen das Gesicht und verwandelte den See in eine Platte aus poliertem Stahl. Die Bootsführer teilten ihr Mittagsmahl mit ihr, Räucherfisch, Fladenbrot, Trockenobst sowie in einem kleinen Eimer aus dem See gezogenes Süßwasser. Bevor sie es tranken, tunkten die Männer ihre Zeigefinger in ihre Becher und malten sich einen Kreis auf ihre Handrücken. Bramble zögerte. Sollte sie es ihnen nachmachen?
    Eel sah, dass sie ihren Finger unschlüssig in der Luft schweben ließ, und schüttelte daraufhin lächelnd den Kopf. »Noch nicht«, sagte er. »Erst wenn du richtig eingeführt worden bist.«

    Sie erwiderte sein Lächeln und trank. Das Wasser war klar und kalt und schmeckte nach Schnee und noch nach etwas anderem, nicht wirklich nach Schlamm, aber doch ein wenig bitter, wie dünner Tee.
    »Der Geschmack des Schilfs«, sagte Eel. Er tätschelte die Seite des Boots.
    Es war aus sehr langen, miteinander verwobenen Schilfbündeln gefertigt und dann an der Außenseite mit Teer überzogen worden, um es wasserdicht zu machen. Auch der Innenboden und die Spalten zwischen Boden und Seiten waren geteert. Aus diesem Grund roch das ganze Boot danach, aber Bramble erkannte, dass die Kombination aus Leichtgewicht, schwimmfähigem Schilf und Wasserabdichtung das Boot praktisch unsinkbar machte. Dafür war es wie Zunder, der auf ein Streichholz wartete. Schlimmer noch, es würde schneller als Zunder aufflammen, schneller als in Alkohol getränktes Holz, schneller als Stroh. Bramble musste an Sorns Nachricht denken. Hütet euch. Er kommt mit Feuer . Sie sah es nur zu deutlich vor Augen und wurde bleich. Thegan würde die Boote mit einem Lächeln auf den Lippen in Brand setzen lassen. Wenn er sie fand.
    Gegen Ende des Tages erreichten sie die Schilffelder am nordwestlichen Ufer des Sees. Die Männer unterhielten sich miteinander, wobei ein paar von ihnen wilde Gesten machten.
    Schließlich kam Eel widerwillig zu ihr herüber. »Es ist unser Brauch, Außenstehenden nicht die Pfade zu zeigen, die durch das Schilf führen. Ich weiß, dass du eine Freundin des Sees bist, aber …«
    Sie lächelte und hob in einer besänftigenden Geste beide Hände. »Das ist schon in Ordnung. Ehrlich gesagt, möchte ich sie gar nicht kennen. Dann kann ich euch nicht verraten.«

    Er nickte zufrieden und sprach über die Schulter zu den anderen. Sie nickten ihr zustimmend zu. Einer brachte einen Schal zu ihr herüber, den sie ihr über die Augen banden. Er roch nach Fisch. Sie lehnte sich zurück gegen die feste Schilfreling und lauschte den leisen Geräuschen des Bootes, dem vom Steuerblatt verursachten Gluckern, dem barfüßigen Auftreten der Männer auf dem Boden, dem Wiehern der Pferde, als sie den Geruch von Land und Futter wahrnahmen. Die Seiten des Boots streiften leicht gegen Schilf, und das Geräusch von Wind, der Rohr gegen Rohr reiben ließ, sowie das Kreischen und Flügelschlagen von Enten oder Gänsen, die von dem Boot aufgescheucht wurden, umgaben sie. Die Musik des Sees setzte sich noch eine ganze

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