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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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immer wieder denselben kurzen Satz. Die Worte waren in dem Rauschen und Blubbern nicht zu verstehen, aber die Bedeutung war klar. Ich habe euch wieder überlistet. Holly packte die Videokapsel und riss sie aus ihrer Befestigung. Die Anstrengung katapultierte sie aus dem Sog in das relativ ruhige Wasser, das den Strudel umgab. Ihre Kraft war erschöpft, und ihr blieb nichts anderes übrig, als sich in der Strömung des Flusses treiben zu lassen.
    Artemis drückte sich von der flachen Oberfläche des Gitters ab und benutzte seinen letzten Rest Sauerstoff dazu, zweimal mit den Beinen zu schlagen. Der Strudel gab ihn frei, und er trieb hinter Holly auf eine dunkle Erhebung zu. Luft , dachte er verzweifelt, ich muss atmen. Und zwar sofort. Jetzt oder nie wieder. Artemis tauchte mit dem Mund zuerst auf. Seine Kehle rang nach Luft, bevor das Wasser sich geteilt hatte. Beim ersten Atemzug verschluckte er sich, doch der zweite funktionierte, und der dritte auch. Artemis spürte, wie die Kraft in seine Glieder zurückströmte, als hätte er Quecksilber in den Adern.
    Holly war in Sicherheit, sie lag auf der dunklen Insel in der Mitte des Flusses. Ihre Brust hob und senkte sich wie ein Blasebalg, und in den Händen hielt sie die Videokapsel.
    »Oh-oh«, spottete Opal auf dem Bildschirm. »Hab ich's mir doch gedacht.« Sie sagte es immer wieder, bis Artemis sich aus dem flachen Wasser schleppte, auf die Insel kletterte und den Ton abschaltete.
    »Allmählich finde ich sie wirklich unsympathisch«, keuchte er. »Irgendwann wird sie ihre kleinen Spielereien wie diesen Unterwasserfernseher bereuen, denn genau das gibt mir die Motivation, hier rauszukommen.«
    Holly setzte sich auf und blickte sich um. Sie lagen auf einem Müllhaufen. Vermutlich hatte die Strömung, seit Opal das Gitter am Absaugrohr erneuert hatte, alles, was die Trolle ins Wasser warfen, an diese flache Stelle getrieben. Eine kleine Insel aus Müll in der Flussbiegung. Ein Durcheinander von abgerissenen Roboterköpfen, angeschlagenen Statuen und Überresten von Trollen: Schädel mit verdickter Stirnplatte und verwesendes Fell.
    Wenigstens konnten diese Trolle sie nicht mehr fressen. Die lebenden Exemplare, die ihnen gefolgt waren, drängten sich tobend und stampfend zu beiden Seiten des Flusses. Doch zwischen der Insel und dem Ufer lagen mindestens sieben Meter knietiefes Wasser. Fürs Erste waren sie in Sicherheit.
    Artemis spürte, dass in ihm Erinnerungen an die Oberfläche drängten. Bald würde sich der Schleier lüften. Er setzte sich ganz still hin und versuchte, die Dinge hervorzulocken. Vor seinem inneren Auge blitzten unzusammenhängende Bilder auf: ein Berg aus Gold, grüne, schuppige Gestalten, die Feuerbälle ausstießen, Butler in einem Behälter mit Eis. Doch die Bilder glitten von seinem Bewusstsein ab wie Wasser von einer Windschutzscheibe.
    Holly sah ihn fragend an. »Was ist?«
    »Meine Erinnerungen«, sagte Artemis. »Ich hatte das Gefühl, sie kommen zurück. Aber sie entgleiten mir immer wieder. Ich brauche Zeit zum Meditieren.«
    »Die haben wir jetzt nicht«, erwiderte Holly und kletterte auf die Spitze des Müllhaufens. Schädel krachten unter ihren Füßen. »Sieh mal.«
    Artemis sah zum linken Ufer hinüber. Einer der Trolle hatte einen großen Felsblock hochgehoben und holte damit aus. Artemis versuchte, sich zu ducken. Wenn das Geschoss traf, würde es sie beide schwer verletzen, wenn nicht noch Schlimmeres.
    Der Troll grunzte wie ein Tennisprofi beim Aufschlag und schleuderte den Felsen ins Wasser. Er verfehlte den Müllhaufen knapp und landete mit einer Spritzfontäne im flachen Wasser.
    »Ein schlechter Wurf«, sagte Holly.
    Artemis runzelte die Stirn. »Das bezweifle ich.«
    Ein zweiter Troll griff ebenfalls nach einem Felsen, dann ein dritter. Wenig später folgten alle ihrem Beispiel und warfen Steine, Roboterteile, Äste oder was immer sie finden konnten, Richtung Müllhaufen. Keiner traf die beiden zitternden, kauernden Gestalten.
    »Sie werfen alle daneben«, sagte Holly verdutzt.
    Artemis' Knochen schmerzten vor Kälte, Angst und Anspannung. »Sie zielen nicht auf uns«, sagte er. »Sie bauen eine Brücke.«
     
     
    Tara, Irland.
     
    Der Shuttlehafen von Tara war der größte in Europa. Über achttausend Touristen passierten jedes Jahr seine Sicherheitskontrollen. Zehntausend Kubikmeter Terminal, verborgen unter einem überwucherten kleinen Hügel auf dem Hof der McGraneys. Ein Meisterwerk unterirdischer Architektur.
    Mulch

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