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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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die er mittlerweile zu sämtlichen öffentlichen Auftritten trug. Ihre Farbe paßte zu der seiner Nase. Als er gewichtig in den Tempel schritt, deklamierte Sextus Mummius, ein Satiren-Dichter von einigem Rang, gerade eine improvisierte Ode über die Rache des Vulkan, der seine Gattin Venus mit Mars im Bett erwischte.
    Sie strotzte vor schlüpfrigen Anspielungen und ehrenrührigen Andeutungen, so daß Caesar von den Zehen bis zum Scheitel dunkelrot anlief, während der gesamte Senat in lautes Gelächter ausbrach. Damals gab es noch Themen, wegen derer man jedem Römer, selbst einem Diktator, offen ins Gesicht lachen konnte.
    Als ich später Ursprung und Weg der Geschichte rekonstruierte, kam ich zu dem Schluß, daß zwischen dem Augenblick, in dem die Hochzeitsgesellschaft an Lollius' Tür vorbei gekommen war, bis zu dem Moment, in dem die Mär den Jupitertempel erreichte, keine Dreiviertelstunde vergangen war, was die Klatschsucht der Römer aufs anschaulichste verdeutlicht. Wie dem auch sei, auch ich machte mich auf den Weg denselben Hügel hinauf, wenn gleich nicht bis auf die Spitze.
    Das tabularium , wo die Unterlagen des Censors aufbewahrt werden, liegt etwa auf halber Strecke. Ich erklomm die lange Treppe am Tempel der Concordia, eine zur Gottheit gewordene Tugend, die Rom in diesem Jahr gut gebrauchen konnte, und betrat das Archiv durch den Kellereingang. Die prachtvolle, langgezogene Fassade des Gebäudes, die man vom Forum aus sieht, ist in Wahrheit das zweite Geschoß der Ostseite. In jener imposanten Säulenhalle fand ich Hermes, der als persönlicher Sklave eines Ädilen die Archivsklaven für sich springen ließ. Sie hatten Schriftrollen und Wachstäfelchen angeschleppt und auf langen Tischen ausgebreitet.

    »Wie verlangt, Adile«, erklärte der Freigelassene, der für die Unterlagen des Censors zuständig war, »sind dies alle Dokumente aus der zurückliegenden Amtszeit der Censoren Valerius Messala Niger und Servilius Vatia Isauricus.«
    Die beiden zählten, wie bei Censoren üblich, zu den vornehmsten Römern ihrer Zeit. Censoren waren außerdem traditionellerweise engstirnige Konservative, was auf die beiden garantiert zutraf. Vatia Isauricus zählte zudem zu den ältesten Mitgliedern des Senats und hatte schon während der Diktatur Sullas als Konsul gedient.
    Messala war deutlich jünger, aber ein ebenso zäher Vertreter der aristokratischen Partei und bis ins Mark ein Patrizier des
    gens Valerius. Damit stand er im selben Lager wie meine Familie und die Anti-Clodius und die Anti-Caesar-Fraktion. Damals wurden Censoren alle fünf Jahre gewählt, und ihre Amtspflich-ten waren eng begrenzt. Sie führten die turnusgemäße Volkszählung durch, zelebrierten das lustrum zur rituellen Reinigung der Armee, sahen die Liste der jüngeren Amtsinhaber zwecks einer Aufnahme in den Senat durch und säuberten dieselbe Körperschaft von ungeeigneten Mitgliedern. Und, was für meine Ermittlung am wichtigsten war, sie handelten die Verträge mit den Pächtern aus, die in staatlichem Auftrag Steuererhebung, Straßenreparatur, Armeeversorgung und dergleichen übernahmen. Um sich diese Verträge zu sichern, waren Unternehmer bereit, hohe Bestechungsgelder zu zahlen. Wieder andere versuchten sich solcherart in den Senat hinein zu kaufen oder eine Wiederaufnahme nach zuvor erfolgtem Ausschluß zu erreichen.
    Aus diesem Grunde waren die Censoren in der Regel alte, vornehme, reiche Männer, weil man davon ausging, daß sie Bestechungsversuchen weniger zugänglich waren.
    Diese Logik habe ich nie verstanden. Denn Männer sind häufig gerade deswegen reich, weil sie gierig sind. Und jemand, der als junger Mann gierig ist, wird im Alter nur äußerst selten weniger gierig sein. Und was die vornehme Herkunft angeht, habe ich noch nie feststellen können, daß ein edler Stammbaum vor üblen Charaktereigenschaften schützt. Im Gegenteil, eine hohe gesellschaftliche Stellung bietet häufig nur mehr Macht und Gelegenheit, diese Wesenszüge auch auszuspielen.
    Trotzdem war dies der traditionelle Glaube, und wer bin ich, die Tradition in Frage zu stellen?
    »Darf ich fragen, wonach wir suchen?« fragte der Freigelassene. »Im Moment bin ich ausschließlich an staatlichen Pachtverträgen interessiert. Keine Steuereintreibung, sondern speziell öffentliche Bau- und Abrißtätigkeit. Es wäre mir besonders daran gelegen, irgendwo den Namen Marcus Caninus zu finden.«
    Der Freigelassene seufzte. »Also gut, dann wollen wir mal.« Zu

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