Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)
tatsächlich im Garten gefunden, wo das Mädchen neben einer Nonne hockte, die Gurkenpflänzchen in ein Beet setzte, und seinerseits mit einem kleinen hölzernen Spaten in der Erde herumgrub.
Robin ließ ihr Werkzeug fallen und lachte Matilda an, während sie auf sie zulief. Willig ließ sie sich von ihr an die Hand nehmen. Simon dagegen bedachte sie mit einem ängstlichen Blick und wandte den Kopf ab, als er sie anlächelte.
»Ich habe der Schwester geholfen«, sagte sie stolz zu Matilda.
»Ja, das sehe ich.« Matilda nickte ernst. Wieder einmal wunderte sich Simon, wie es dieser auf den ersten Blick so kühlen Frau gelungen war, das Vertrauen des verschreckten Kindes zu gewinnen.
»Deine Mutter war sehr krank. Aber jetzt geht es ihr wieder besser, und sie freut sich sehr darauf, dich endlich wiederzusehen«, sagte Matilda zu dem Kind, während sie den Gartenweg entlanggingen. Robin reagierte nicht, sondern blickte zu einer Libelle, die über einer Wasserpfütze schwebte und deren blauer Leib im Sonnenlicht wie Metall funkelte.
»Mutter …«, sagte sie dann, wobei Simon den Eindruck hatte, dass sie mehr das Wort wiederholte, als sich über dessen Bedeutung wirklich im Klaren zu sein. Im Laufe der letzten Monate war sie ein ganzes Stück gewachsen, und noch immer war ihre Ähnlichkeit mit Luce, abgesehen von der Haarfarbe, frappierend.
Nachdem Robin an Matildas Hand langsam die Treppenstufen im Hospital hinaufgestiegen war, standen sie vor Adelas Kammer. Auf Matildas Klopfen hin öffnete Schwester Marigold die Tür.
»Adela schläft …«, flüsterte sie.
»Dann ist es sicher besser, wenn wir später wiederkommen«, meinte Simon, den immer noch ein unbestimmtes Unbehagen erfüllte.
Doch Adela war schon aufgewacht. Sie konnten hören, wie sie leise nach Schwester Marigold rief.
»Komm mit.« Matilda nickte Robin zu und führte sie in die Kammer. Adela richtete sich auf dem Bett auf, als sie das Kind sah. »Robin …«, flüsterte sie. Ihre Augen weiteten sich. »Robin …« Sie streckte die Hände nach ihrer Tochter aus.
Robin blieb stehen und starrte sie an.
»Erkennst du mich denn nicht mehr?« Eine schmerzliche Unsicherheit breitete sich auf Adelas eben noch so strahlendem Gesicht aus.
»Komm, mein Mädchen …«, redete Matilda dem Kind gut zu. Sie versuchte, Robin behutsam weiterzuziehen. Doch das Kind drehte sich von Adela weg, klammerte sich an Matildas Gewand fest und begann, laut zu weinen. »Nein, nicht … Ich will nicht …«
Adelas Schultern sackten nach vorn. Ihr Gesicht nahm wieder jenen ängstlich entrückten Ausdruck an, den Simon so sehr fürchtete.
Schwester Marigold umfasste ihre Schultern und drückte sie vorsichtig zurück auf die Kissen. »Eure Tochter musste Euch so lange entbehren«, redete sie begütigend auf Adela ein. »Da ist es kein Wunder, dass sie Euch nicht gleich erkennt. Aber sie wird sich bestimmt bald wieder an Euch gewöhnen.«
Matilda hob Robin hoch. Schwester Marigold folgte ihr und Simon hinaus auf den Gang. Noch immer schluchzte das Kind herzzerreißend. Simon war sich nur zu sehr im Klaren darüber, dass auch Adela das Weinen hören musste. Er mochte sie dem nicht aussetzen und schloss die Tür.
»Ach Robin …« Matilda seufzte.
»Das wird schon wieder, Ehrwürdige Mutter,« erklärte Schwester Marigold resolut. »Wir müssen dem Kind nur ein bisschen Zeit geben.«
»Hoffentlich habt Ihr Recht.« Matilda nickte ihr zu. »Geht jetzt wieder zu Adela. Sie braucht Euch.«
Sie und Simon waren schon die ersten Treppenstufen hinuntergeschritten, als sie Schwester Marigold einen entsetzten Schrei ausstoßen hörten.
»Was …«, begann Matilda erschrocken.
Simon schob sie und Robin zur Seite und hastete zurück zu dem Zimmer. Die Tonvase, die auf der Truhe neben dem Bett gestanden hatte, lag zerbrochen am Boden. Adela hielt eine der Scherben in der Hand und hackte damit auf ihren Oberarm ein, wo sich das Mal befand, das ihr William de Thorigny eingebrannt hatte. Blut rann ihren Arm hinab, sprenkelte die Decken und den Blütenzweig auf dem Boden und tropfte aus einer tiefen Wunde auf Schwester Marigolds Hand.
»Adela, um Gottes willen, nicht …«, rief er ihr zu. Sie sah ihn an. Simon hoffte schon, sie würde ihn erkennen und wieder zu sich kommen. Doch als er sich ihr näherte, fauchte sie ihn an wie ein panisches Tier und schlug mit der Scherbe nach ihm. Er wich ihr aus. Mit einer schnellen Bewegung gelang es ihm, Adelas Handgelenk zu packen. Er musste es
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