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Die Rache der Horden

Die Rache der Horden

Titel: Die Rache der Horden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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blickte sich mit schimmernden Augen im schlichten Wohnzimmer um.
    »Ludmilla hat mir diese Vorhänge geschenkt, als ich noch die kleine Hütte in Fort Lincoln hatte – ihr erstes Geschenk.«
    Sie entfernte sich einen Schritt weit von Andrew.
    »Maddies Wiege. Weißt du noch, wie stolz die Jungs der C-Kompanie waren, als sie sie uns schenkten?« Sie drehte sich um und strich mit der Hand über eine Stuhllehne, als wollte sie einem alten Freund Lebwohl sagen, und ihr Blick ruhte eine Sekunde lang auf einem gerahmten Druck von ihnen beiden, der in Gates’ Zeitung veröffentlicht worden war. Die einzige leere Stelle an der Wandvertäfelung zeigte sich dort, wo die von Lincoln unterzeichnete Urkunde für die Andrew verliehene Ehrenmedaille des Kongresses gehangen hatte. Dieses Erbstück gehörte zu Kathleens zehn Pfund Gepäck.
    »Gott, wir haben das alles verloren!«
    Das Baby fest an sich gedrückt, flüchtete sie aus dem Zimmer, und Andrew folgte ihr schweigend.
    Zwei Männer des Fünfunddreißigsten standen auf der Veranda und hielten Andrews Gepäck. Das Regiment hatte auf der Grünfläche Aufstellung bezogen, und die wenigen Familienangehörigen, die noch in der Stadt zurückgeblieben waren, standen neben der Kolonne, die Habseligkeiten auf Schubkarren oder auf der Schulter.
    Andrew ging auf die Veranda hinaus und nahm die Range in Augenschein. Kaum ein Fünftel der Männer stammte noch aus dem alten Regiment. Dessen weitere Überlebende waren derzeit im Feld und kommandierten Einheiten. Das hier war der Kern, waren Männer, die für die Republik oder die Stadt arbeiteten. Die übrigen Range waren mit Rus aufgefüllt worden, inzwischen sogar mit einer kompletten Kompanie Roum und sogar ein paar Carthas. Vielversprechende junge Leute, die man hergeschickt hatte, um im Eliteregiment der Republik zu dienen und danach zurückzukehren und Führungspositionen zu übernehmen. Alle trugen die traditionelle Uniform: marineblaue Jacke, himmelblaue Hose, die zusammengerollte Decke auf der Schulter, das Springfieldgewehr in der Hand, auf den Köpfen noch ein paar Käppis, während der Rest den schwarzen Hardee trug, die Zahl 35 an der Hutkrone. Die alte US-Flagge, seit Antietam mitgeführt, wehte vor den Reihen, immer wieder neu geflickt, die Namen von über zwanzig Schlachten aufgestickt. Daneben wehte die dunkelblaue Flagge von Maine und zwischen beiden die weiße und blaue Flagge von Rus. Dahinter wurden die Farben der Vierundvierzigsten gehalten, noch einmal die gleiche US-Flagge und das Emblem der New Yorker Batterie.
    Sogar in diesem herzzerreißenden Augenblick spürte Andrew, wie Stolz in ihm aufstieg. Das Regiment hatte sich standhaft gezeigt, würde immer standhaft bleiben. Selbst wenn das Schicksal es so wollte, dass sie niemals hierher zurückkehren konnten, würde das Regiment irgendwie überleben. Falls auch nur einer in der Lage blieb, die Flaggen aus der Schlacht zu tragen und die Erinnerung an die Legenden, die Ehre, die dicht gedrängten Reihen zu bewahren, die stolz im Morgenlicht standen, versengt und doch in stolzer Haltung: falls das nicht in Vergessenheit geriet, selbst wenn sie einmal rund um den Planeten getrieben wurden, dann überlebte das Regiment.
    Er hatte das Gefühl, eine Armee aus Totengeistern umstände die Flaggen. Alle waren hier, die unter diesem Tuch gefallen waren. Die Hunderte von Namen, kaum erinnert, die immer noch mit dem Regiment zusammenlebten – sein Bruder John, Kindred, Houston, Sadler und Dunlevy von der Vierundvierzigsten. Und natürlich Hans.
    »Wir kehren zurück«, sagte Andrew laut und klar, dass man es auf dem ganzen Platz hörte.
    Er blickte die Gesichter entlang, als stünden Geister neben den Lebenden und mehrten ihre Reihen, vereint mit ihnen in einer Bruderschaft des Blutes und der Leidenschaft.
    »Dieses Regiment wird fortbestehen bis zum Ende der Welt! Diese Stadt und das ganze Land verbrennen vielleicht zu nichts, und doch wird man sich an uns erinnern. Man wird unserer Namen eingedenk bleiben, und wenn ein Tag nach uns anbricht, wenn unsere Enkel von dieser Zeit sprechen, werden sie sich an Sie, Sie alle erinnern, für das, was Sie hier geopfert haben.
    Es kann uns vielleicht nicht über das hinwegtrösten, was wir hier verlieren, diese künftige Erinnerung jener, von denen wir jetzt noch nicht einmal träumen. Aber es sollte uns genug sein. Unsere Häuser und die ganze Stadt können zerstört werden, aber wir bauen sie wieder auf, und diesmal frei von Angst.

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