Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake

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der Hauptfeder geleistet hatte. Das war vielleicht nicht das, wofür sie gebetet hatte, aber dann hatte sie damals auch gar nicht darauf zu hoffen gewagt, dass er ein Leben haben könnte.
    »Wo immer er ist«, sagte sie, »ich wünsche ihm alles Gute.«
    »Genau wie ich, Madam, genau wie ich.« William drehte den Gehstock in seiner Hand. »Wir haben beide an etwas Anteil gehabt, das weit über uns hinausgeht.«
    »Es ist mein erklärter Wunsch, Sir, die sich mir bietenden Gelegenheiten beim Schopf zu packen und weit über meine Möglichkeiten hinauszugehen.«
    »Selbstverständlich.« Wieder musterte er sie mit seinem prüfenden Blick. »Und wenn sich die Gelegenheiten bieten, besitzen Sie auch die Auffassungsgabe, um sie umzusetzen, Maske?«
    »Immer den Bedürfnissen entsprechend, Sir.«
    Lachend drehte sich William zu Admiral Shang und ließ einen chinesischen Wortschwall auf ihn niederprasseln. Er nickte zwischendurch zu Childress hinüber.
    Sie konnte nicht beurteilen, ob er ihr seinen Segen erteilte oder sie zum Tode verurteilte. Die Gesichter beider Männer blieben ausdruckslos, obwohl sie sich ein munteres Rededuell zu liefern schienen. Ihre weiße Kleidung ließ die beiden großen Männer wie die Geister von Anwälten wirken, die nur in das Reich der Lebenden zurückgekehrt waren, um ihren allerletzten Fall abzuschließen.
    Als sie ihr Gespräch zu einem Abschluss gebracht hatten, drehte sich William ihr erneut zu und verbeugte sich mit einer weit ausholenden Geste vor ihr. »Durch markante Worte und reichlichen Mut haben Sie sich Ihre verbliebene Handlungsfreiheit redlich verdient, Madam. Bauen Sie darauf auf, wie es Ihnen beliebt, und seien Sie sich meines Wohlwollens gewiss.« Er nickte Leung kurz zu und verließ den Raum.
    In der darauf folgenden Stille warf Childress immer wieder Blicke auf die Straße. Kurze Zeit später verließ William of Ghent unter ihr das Admiralitätsgebäude und ging davon. Trotz seiner Größe und der Farbe seiner Kleidung tauchte er bald in der Menge unter. Das bunte, chaotische Leben verschlang ihn wie ein Fischreiher, der sich einen Frosch einverleibt.
    Als sie sich wieder umdrehte, merkte sie, wie Shang sie nachdenklich betrachtete. Leung sprach sie an. »Ich soll Ihnen sagen, dass der Admiral Ihre Beurteilung der Goldenen Brücke nicht teilt. Die Unterstützung des fremden Hexenmeisters hat hier in Tainan allerdings eine große Bedeutung. Sie bedeutet, dass Sie auf die Gunst des Kaiserlichen Hofs hoffen dürfen. Da Sie die Große Reliquie nicht mitgebracht haben, die Poinsard versprochen hatte, ist Ihre Beteiligung an diesem Projekt hiermit beendet.«
    Wenn Poinsard eine Große Reliquie besessen hatte, so war diese in den eiskalten Fluten des Atlantik versunken, und das dank Leungs Angriff, dachte Childress.
    »Um einen Teil des Verlusts auszugleichen, wird der Admiral Sie nach Chersonesus Aurea schicken lassen, damit Sie sich dort mit den Priestern und Mitgliedern der Akademie unterhalten können. Dort können Sie Ihre Position erneut vortragen. Es wird dann ermessen, ob das, was Sie in die Diskussion einbringen, den Verlust von Poinsards Beitrag ausgleichen kann.«
    »Und somit«, sagte sie, weil es ihr egal war, ob sie ihn unterbrach, »entledigt sich der Admiral jeder Verantwortung für mein Schicksal. William of Ghent ist nicht verärgert, der Kaiserliche Hof ist nicht verpflichtet, darauf zu reagieren, das Projekt der Goldenen Brücke wird irgendwie vorangetrieben, selbst wenn es nur deswegen geschieht, weil man Angst vor den möglichen Konsequenzen eines Abbruchs hat. Und wieder bin ich nur ein Bauer in einer fremden Schachpartie.«
    »Maske Childress, Ihnen sind die Einsätze bekannt, um die hier alle spielen«, sagte Leung sehr ernst. Sie verstand, dass er für sich selbst sprach. »Ihr Leben ist der einzige Einsatz, mit dem Sie sich an dem Tisch einkaufen können, an dem Sie bereits Platz genommen haben. Beklagen Sie sich bitte nicht über Ihre Rolle als Bauer, denn auch ich beklage mich nicht, im Dienste Admiral Shangs zu stehen, und er beklagt sich nicht, dem Himmlischen Kaiserreich zu unterstehen.«
    »Ich verstehe.« Sie unterdrückte einen Seufzer und nahm stattdessen Haltung an. »Glauben Sie mir, das ist nicht einfach. Ich wurde weder dazu geboren noch dazu erzogen, Macht zu besitzen und sie auszuüben.«
    »Sie eine Maske«, sagte Shang unerwarteterweise. »Macht muss wie zweite Haut sitzen.«
    Sie verbeugte sich vor ihm, wie sich William of Ghent vor ihr