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Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)

Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)

Titel: Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magali Ségura
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war gerade damit beschäftigt, den sieben anderen Erwachsenen des Verbotenen Waldes zu erzählen, wie Andin ihre Freundin gerettet hatte. Sie wollte ihnen gerade ihre erste Begegnung in den Dunklen Wäldern schildern, als Joran auftauchte.
    Er hatte seine furchterregendste Gestalt angenommen, die der halb menschlichen, halb tierischen Fabelfiguren, die auf den Dachtraufen von Burgen hockten. Da er dazu verdammt war, ausschließlich in tierischen oder halbtierischen Körpern zu leben, konnte er seine menschliche Gestalt nicht mehr annehmen. Im Verbotenen Wald verwandelte er sich gerne in ein chimärenhaftes Wesen, besonders, wenn er ungehindert gestikulieren wollte oder in Zorn geriet. Letzteres war jetzt der Fall. Seine affenartigen Züge, sein gebückter Körper und seine blaugrüne Haut beeindruckten Estelle auch nach all den Jahren noch. Sie schwieg beim Anblick seiner ernsten gelben Augen.
    »Fahr fort, ich wäre gern auf dem Laufenden«, bemerkte er kalt. »Woher kommt er?«
    Estelle bezwang ihre Furcht und erklärte ihm alles, was Vic ihr erzählt hatte; sie ließ aber bewusst die Gefühle der jungen Frau und die Farbwechsel der Amalysen aus.
    Joran traute seinen Ohren nicht. Warum hatte sie einen Fremden gerettet? Und noch dazu einen Pandemer! Was war nur in ihrem Kopf vorgegangen? Und warum hatte sie ihm nichts davon anvertraut? Diese Heimlichkeiten verhießen nichts Gutes. Die Eifersucht begann ihn zu blenden. Er zürnte und fluchte auf den jungen Mann.
    Estelle verstand das nicht. »Aber was wirfst du ihm denn vor? Sie hat ihm das Leben gerettet – und er ihr. Genügt uns das nicht? All die Männer dachten, sie wäre gleich hinter ihnen – hätte er nicht eingegriffen, wäre sie tot, in irgendeinem Winkel versteckt oder würde jetzt von Korta gefoltert. Wünschst du ihr denselben Tod wie Gyl? Wenn Vic dir zuvor noch nichts von Andin erzählen wollte, dann nur, weil du ihr ihre Ausflüge in die Dunklen Wälder verweigerst. Du solltest diesem Jungen lieber danken, als ihm seine Anwesenheit zum Vorwurf zu machen!«
    Sie hatte ihre Selbstsicherheit zurückgewonnen; Jorans Strenge Vic gegenüber verärgerte sie.
    »Dieser Mann gefällt mir nicht … Er hat grüne Augen!«, brüllte Joran und entblößte halb die Reißzähne.
    Einen Moment lang war Estelle von dieser Reaktion wie betäubt. Dann fuhr sie nur umso heftiger fort: »Na und? Hat Ceban etwa violette? An seiner Existenz hattest du nie etwas auszusetzen, soweit ich weiß!«
    »Nein, weil ihre Schwäche für ihn sich stets darauf beschränkt hat, ihn als ihren Bruder zu betrachten! Dieser Fremde hingegen lässt sie womöglich die Gründe für ihren Kampf vergessen! Das habe ich doch gesehen, als sie noch ein kleines Mädchen war: Sie hat ihren wahren Vornamen einem kleinen Jungen verraten, den sie überhaupt nicht kannte – nur, weil er grüne Augen hatte! Die haben auf sie einen ganz verrückten Einfluss! Wer sagt mir denn, dass sie es nicht schon wieder getan hat?«
    »Du machst dich lächerlich! Vic ist reif genug, um nicht dieselbe Dummheit ein zweites Mal zu begehen! Du hast sie für diesen Fehler schon über Gebühr bestraft! Du darfst ihn ihr nicht mehr vorwerfen – das ist jetzt doch schon neun Jahre her! Du möchtest aus ihr gern einen wahren Automaten machen, ohne Fehler und Schwächen, aber sie ist ein menschliches Wesen! Hast du das etwa vergessen? Man kann schon gar nicht mehr mitzählen, wie viele Opfer sie bereits für das Volk von Leiland gebracht hat. Sie würde ihr Leben für uns alle hingeben – und du glaubst immer noch, dass sie bloß ein Kind ist!«
    Joran wollte sie in ihrem Anfall von Frechheit gerade unterbrechen, als sie heftig schloss: »Oh! Aber mach dir keine Sorgen! Sie wird diesen Jungen niemals lieben können: Du hast ja schön dafür gesorgt, dass sie im Leben nichts gelernt hat, als einen Mann gesundzupflegen – oder ihn zu schlagen!«
    Krebsrot machte sie auf dem Absatz kehrt, um zu ihrem Haus zu gehen. Es war das erste Mal, dass sie Joran die Stirn geboten hatte, und sie war ganz aufgewühlt davon.
    Niemand hatte es gewagt, sich in den Streit einzumischen. Jorans Charakter war zu reizbar, und man hatte zu viel zu verlieren, wenn man sich ihn zum Feind machte. Alle entfernten sich langsam und ließen ihn allein. Er hatte sich nicht gerührt. Estelle hatte recht – das wusste er, konnte es sich jedoch nicht eingestehen. Als er Vic im Kampf alleingelassen hatte, um sich zu vergewissern, ob die Scylen auch wirklich

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