Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
Vom Netzwerk:
Ehrfurcht von ihnen verlangte, sogar von seinem älteren Bruder, und der bei der Wahl der Mittel, dies zu erreichen, nicht zimperlich war, oder für die Königin, so kalkweiß im Gesicht, dass sie mehr einer Rachegöttin glich als einer gewöhnlichen Erdenbürgerin.
    Eben hatte sie Childerich erreicht und tat nichts weiter, als ihre Hand vorschnellen zu lassen und auf seine Schultern zu legen. Sie schien fest zuzupacken, denn augenblicklich ließ Childerich die Peitsche fallen und fuhr herum. Wenngleich von die-semletzten Schlagverschont, keuchteder geschlagene Mann-von zwei Rittern des Königs festgehalten – ein letztes Mal auf, bevor er in Ohnmacht versank.
    »Was tust du, Childerich?«
    Wiewohl leise, war ihre Stimme kalt und schneidend. Nicht nur an ihrem Gesicht, sondern auch an den aufgerissenen Mündern seiner Kameraden konnte Childerich den Ernst der Lage erahnen. Einen Augenblick lang duckte er sich unsicher, befremdet vom Anblick seiner Mutter, die ihm auch gut gelaunt keineswegs vertraut war. Doch ehe die Furcht vor ihr und ihren strengen Augen sein Herz erreichte, setzte er zur Gegenwehr an. Unwirsch riss er sich los, sodass die anderen Knaben entsetzt aufkeuchten.
    »Ich züchtige einen Mann, der es an Gehorsam hat mangeln lassen, meine Königin«, entgegnete er. »Das steht mir zu!«
    Er sprach mit fester Stimme, wenngleich er nicht wagte, ihr dabei in die Augen zu sehen. Kaum geendigt, bückte er sich wieder nach der Ochsenpeitsche, die er vorhin in seiner Überraschung hatte fallen lassen. Er erreichte sie nicht. Blitzschnell und wendig ließ Bathildis ihren Fuß hochschnellen, trat damit schmerzhaft gegen seine Hand und stieß ihn so weit zurück, dass er nur mit Mühe sein Gleichgewicht fand.
    »Nein«, flüsterte sie, »nein, das steht dir nicht zu.«
    Die beiden Ritter, die das Werk des Prinzen unterstützt hatten, beäugten sie misstrauisch. Bathildis musterte zuerst den einen, dann den anderen. »Schafft den Mann hier fort«, befahl sie leise. »Und seht zu, dass seine Wunden versorgt werden!«
    Childerich hob langsam den Blick. Kurz zuckten seine Lider, dann hielt er ihren kalten Augen stand. »Das werden sie nicht tun! Sie gehorchen mir!«
    Er sprach schnell, weil er aufgeregt war, doch seine heisere Stimme war fordernd und unbeugsam wie die ihre. Bathildis starrte in sein Gesicht – und auch darin erkannte sie Spuren des eigenen. Nie war ihr aufgegangen, dass ihr der zweite Sohn so ähnlich sah, dass er sie an sie selbst erinnerte. »Sie gehorchen mir! Ich bin der Sohn des Königs!«
    Bathildis’ Wut flammte wieder auf. »Wage nicht, gegen mich zu trotzen! Wage nicht, einen deiner Diener jemals wieder so zu bestrafen!«
    »Er hat mir Eintopf über mein Gewand gekippt!«
    »Nun und? Ich habe dereinst den König, deinen Vater, mit Wein befleckt – doch er hat mich nicht bestraft, sondern aus der Sklaverei befreit! Und darum schäme ich mich für einen Sohn, der seine Untergebenen schlägt.«
    Childerich kniff die Augen zusammen. »Und ich schäme mich für eine Mutter, die eine Sklavin war. Du hast mir gar nichts zu sagen. Ich bin ein Nachkomme der Merowinger, du aber bist aus dem Nichts gekommen.«
    Er sah sie herausfordernd an, aber immerhin zögerte er, erneut nach der Peitsche zu greifen. Sie zögerte auch. Eine Geschichte ging ihr durch den Kopf, die sie vor langer Zeit gehört hatte; Oda hatte sie ihr erzählt oder Gertrude.
    Sie handelte von der Merowingerkönigin Fredegund, die ihre eigene Tochter Regunte hatte töten wollen, von der sie wegen ihrer unfreien Herkunft Spott und sogar Schläge erfahren hatte. Eines Tages lockte sie die Tochter zu einer Schatztruhe, und als jene nach den glitzernden und funkelnden Kostbarkeiten greifen wollte, so schlug sie ihr den Deckel der Truhe auf das Genick und wollte ihre Kehle zusammenquetschen. Fast wäre ihr grausames Werk gelungen, wenn nicht Mägde herbeigelaufen wären und das Mädchen errettet hätten.
    »Wie kann jemand sich am eigenen Fleisch und Blut vergreifen!«, hatte Bathildis damals gerufen. Sie erinnerte sich gut an ihr Entsetzen. In jenem Augenblick verflüchtigte es sich.
    Sie starrte in Childerichs Gesicht, stolz und boshaft war sein Blick, unbeugsam und kalt, ihr gleichsam fremd und vertraut, und sie war sich sicher, dass sie den eigenen Sohn in dieser Stunde würde töten können, wenn er noch ein Widerwort wagte.
    Tatsächlich konnte er sich ein solches nicht verkneifen.
    »Ich werde einmal König sein!«, rief er. »Ich

Weitere Kostenlose Bücher