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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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für die Reise vorbereitet.«
    Bathildis neigte sich vor und versuchte, ihre Zeilen zu verdecken. Sie wollte nicht, dass Rigunth danach fragte und erfuhr, dass sie immer noch an Aidan schrieb.
    Nicht nur der Gedanke an die verlorene Heimat trieb siedazu, sondern auch der Wunsch, die eigenen Taten darzulegen, all das, was sie seit Chlodwigs Tod erreicht hatte und mit dem sie die eigene Regentschaft prägen wollte. Meist gab es so viel zu tun, so viel zu bedenken, dass die Zeit fehlte, darüber nachzusinnen oder gar stolz darauf zu sein. Doch in vermeintlich leeren Stunden, da sie warten musste wie heute auf die Abreise, so gönnte sie sich das Schreiben.
    Gottlob galt Rigunths Sinnen nicht dem, was die Königin da aufgeschrieben hatte. Anderes lag ihr viel drängender auf den Lippen.
    »Willst du diese Reise tatsächlich auf dich nehmen?«
    Bathildis lachte lauter, als ihr zumute war. Erst gestern waren schlechte Nachrichten eingetroffen.
    »Das Reisen macht mir nichts aus!«, rief sie. »Es vergeht ohnehin kaum ein Monat, da ich mich nicht dem schrecklichen Rumpeln des Wagens aussetze – warum nicht auch jetzt. Oh, manches Mal tun mir die Knochen weh, als wäre ich ein altes Weib!«
    Sie stand auf und ließ sich von Rigunth das Umhangtuch reichen. Ihre gerade Haltung, ihre schlanke Gestalt und das glänzende Haar, das in festen Zöpfen geflochten war und keine graue Strähne aufwies, straften ihre Worte Lügen. Einunddreißig Jahre währte nun ihr Leben – und somit fünf mehr, als das von Chlodwig hatte dauern dürfen.
    »Sei gewiss, Rigunth«, setzte sie hinzu, »mein Zuspruch wird gebraucht...«
    Rigunth nickte wortlos. Sie war zur Frau gereift, und wiewohl sie nicht größer gewachsen war als in Kindestagen und ihre Brüste flach geblieben waren, wagte keiner, in ihr ein Kind zu sehen. Wo sie war, das wusste jeder, war die Königin nicht weit. Und jene wiederum war dafür bekannt, dass sie zwar ständig rastlos und getrieben war, aber zugleich sorgfältig darüber wachte, ob das, was sie erspähte und erlebte, in ihrem Sinne war. Wenn nicht, dann antwortete sie mit einem ihrer flüsternd leisen,jedoch nicht minder strengen und eisigen Befehle. Als Chlodwigs Gattin hatte sie das schon getan – als Regentin jedoch jene Kunst verfeinert.
    Sie kämpfte hart darum, sich einen Ruf zu erwerben, wonach sie mildtätig und gütig war, jedoch ebenso willensstark und unbeugsam. Ein ehrlich Reuiger oder vom Schicksal Gebeutelter durfte sich von ihr Gnade erhoffen, doch jeder, der sich ihr zu widersetzen suchte, erntete kalte Verachtung und Strafe.
    Es war ihr auch wichtig, dass das Volk sie persönlich kennen lernte, nicht nur auf Gerüchte angewiesen war. Alsbald nachdem sie die Regentschaft übernommen hatte, brach sie zur ersten langen Reise auf – in einem Wagen, der von Ochsen gezogen war, so wie die ersten Merowingerkönige gereist waren, in deren Tradition sie sich und ihre Söhne stellte. Meist war auch Chlothar, der Älteste, an ihrer Seite, denn sie wollte ihn bei sich haben, vor allem in jenem Moment, da die Großen des Reichs den verlangten Treueeid vor ihr ablegten.
    »Gewiss finde ich’s richtig, was du tun willst, meine Königin«, sprach Rigunth auf sie ein. »Und als der Bote gestern kam...«
    »...war’s bereits höchste Zeit zu handeln«, vollendete Bathildis den Satz.
    Rigunth war die Einzige, auf deren Ratschläge sie ernsthaft hörte, was nicht hieß, dass sie sich auch jeden zu Herzen nahm.
    »Und doch meine ich«, fuhr das Mädchen fort, »dass es manches Mal besser wäre, mehr Zeit... in Paris zuzubringen.«
    Bathildis hob die Hand, zum Zeichen, dass das Mädchen schweigen sollte. Nur zu gut wusste sie, was Rigunth meinte und dass jene nicht von der Hauptstadt sprach, sondern von Ebroin, der das Reisen hasste und gerne dort verblieb.
    Zu ihrem eigenen Erstaunen war es leichter, mit ihm als Major Domus zu leben, als sie erwartet hatte. Misstrauisch hatte sie eine stetige Fehde mit ihm erwartet, doch seit jenem Augenblick, da sie ihm zugestanden hatte, an ihrer Seite zu herrschen,hatte er das Seine getan, um einen brüchigen Frieden zwischen ihnen zu bewahren, hatte auf jede Bosheit, jede Brüskierung und jede Drohung verzichtet und sich fortan nüchtern und berechenbar gezeigt. Desgleichen wie sie wusste, dass sie ohne ihn niemals Regentin wäre, bedurfte er ihrer, um sich als erster Mann im Reich zu wähnen, und an diesem Geschäft hielt er getreulich fest, verhielt sich nie anders als einer,

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