Die Regentin (German Edition)
musste es mit ihr zu tun haben, denn eine der Frauen trat zu ihr und hielt sie schließlich zurück.
»Nicht!«, befahl sie streng. »In den Gemächern der Herrin hast du nichts verloren!«
Sie packte Bathildis am Arm, zog sie wieder ins Freie und von dort in ein anderes Bauwerk. »Besser, du findest dich hier schnell zurecht und verläufst dich nicht«, erklärte sie mit raschen Worten die riesige Gebäudeanlage, »den großen Saal darfst du nur betreten, wenn du dort Pflichten hast, desgleichen die herrschaftlichen Gemächer darüber. Ansonsten bist du hier zu Hause.«
Die Luft wurde noch rauchiger, stickiger und heißer.
»In der Küche sind wir hier, gleich neben der Unterkunft für die Verwalter. Dort hinten ist das Backhaus, nicht weit davon das Badehaus. Die Ställe für das Vieh kannst du gewiss riechen. Morgen früh wirst du das Übrige sehen: Wir haben Kornspeicher und Scheunen, Fischteiche und Weinkeller, eine Mühle und ein Bienenhaus.«
Bathildis’ Erstaunen über das große Anwesen und die vielen steinernen Wände war ob der zänkischen, kranken Leutsinda längst geschwunden. Kaum achtete sie auf die Worte der anderen.
»Was... was ist deiner Herrin geschehen?«, fragte sie stattdessen wieder.
Die andere beäugte sie, nicht minder misstrauisch, als es vorhin Leutsinda getan hatte. Offenbar war sie sich nicht sicher, obsie mit Bathildis überhaupt reden durfte, denn bevor sie schließlich doch den Mund auftat, blickte sie ein paar Mal unsicher um sich.
»Sie ist seit vielen Jahren mit einer üblen Krankheit geschlagen«, erklärte sie schließlich hastig. »Dann blutet sie aus dem Leib wie alle fruchtbaren Frauen es einmal im Monat tun, nur viel stärker. Sie hat entsetzliche Schmerzen. Hüte dich vor ihr – besonders, wenn sie in diesem Zustand ist.«
Bathildis hustete; der Rauch schmerzte in ihrem Hals.
»Hast du... hast du gehört, wie sie ihren Gatten angekeift hat?«, fragte sie weiter.
Nun, da die andere sich zum Reden entschlossen hatte, sparte sie nicht mit Worten.
»Das tut sie oft«, meinte sie halb belustigt, halb gleichgültig. »Selbst ein Priester hat Erchinoald vor kurzem geraten, er möge sich doch eine Konkubine nehmen. Die Kirchenmänner sehen das für gewöhnlich nicht gern. Doch jener meinte, nur auf diese Weise könne in Erchinoald Verständnis dafür wachsen, dass auch das Weib ein Geschöpf Gottes sei und nicht bloß eine Furie des Teufels.«
Die Magd lachte heftig und spuckend.
»Und... und hat er’s getan?«
»Sich eine Konkubine gesucht? Mitnichten! Nimmt er ein Mädchen aus guter Familie, wird ihm Leutsindas Sippe das nie verzeihen! Die Unfreien in seinem Gesinde hingegen, wie ich eine bin, sind ihm alle zu klein und zu drall und wissen nicht, wie sie sich benehmen sollen. Was bleibt da schon? Wo sollt er eine finden, aus deren Mund nur Honig fließt, niemals ein zänkisches Wort, welches ihm Hauptweh verursacht? ’s müsste ja nicht nur eine sein, die ihm das Leben feiner macht, sondern eine, mit der er Leutsinda Tag für Tag Vorhalten kann, dass er so viel Besseres verdient, als sie ihm gibt!«
Bathildis versuchte, sich jedes einzelne Wort einzuprägen und in einen Zusammenhang zu bringen.
Darum also... darum also sein Ärger, weil ich mich nicht freundlicher zeigte...
Ihre Gedanken waren freilich so träge wie ihre Beine. Ihr war, als würde an jedem ein Mühlstein hängen, an dem sie ziehen musste.
»Bitte...«, schnaufte sie, konnte kaum die Augen offen halten und bemerkte gar nicht, dass sie nun in der Mitte der Küche standen – viel größer als jede, die sie bislang gesehen hatte, nicht nur mit einer Feuerstelle, sondern vielen, wie es auch eine Menge an Kesseln gab, die entweder darüberhingen oder auf einer dreibeinigen Halterung standen. »Bitte... ich muss mich kurz ausruhen...«
Ihr war, als könnte sie im Stehen schlafen, aber das Lachen der Magd war denn doch zu laut, als dass sie einfach hätte umsinken können.
»Ausruhen?«, girrte sie. »Bist du von Sinnen? Leutsinda mag krank sein, aber den Haushalt überwacht sie... also tust du besser daran, ihre Befehle zu befolgen. Und derer gibt es viele: Auf, auf in den Schweinstall, die Tiere mit Eicheln und Bucheckern füttern; sie sollen doch wohlgenährt und saftig sein, wenn sie geschlachtet werden. Und Wasser, du sollst Wasser holen!«
Spöttisch griff sie nach einem Holzeimer, aus Eibenholzdauben zusammengesetzt und durch Bronzebeschläge zusammengehalten, und drückte ihn Bathildis
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