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Die Regentin (German Edition)

Die Regentin (German Edition)

Titel: Die Regentin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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– bis auf den König. Und auch wenn du in den Augen aller nur eine kleine, nutzlose Sklavin bist – nur nicht in jenen des Königs. Du siehst, ich verstehe dich!«
    Sie nickte vorsichtig. Es ging ihr durch den Kopf, dass es seinGutes hatte, wenn er viel sprach – so würde sie später, in klareren Momenten, darüber nachsinnen können.
    »Ich will dir nur sagen«, fuhr er schon fort, »dass ich bereit bin, dir zu helfen. Du kannst es brauchen, so geschickt du dich auch anstellen magst. Glaub mir, unsereins hat Widersacher hinter jeder Ecke zu fürchten; du hast es gerade eben erlebt – da ist es ratsam, sich zu verbünden. Und ich verlange nicht viel an Gegenleistung. Nur dass du es mir nicht vergisst, nicht wahr? Du wirst es mir nie vergessen!«
    »Ja«, murmelte sie verwirrt, erneut einem vagen Gefühl folgend. Diesmal besagte es, dass sie sich ihn nicht zum Feind machen sollte. »Ja... nur was?«
    Er trat näher zu ihr, ließ die Hand vorschnellen, die er ihr vorher nur gezeigt hatte, drückte damit fest ihre Finger, die er eben noch für schmutzig befunden hatte, gleiche Finger, die vor kurzem noch des Königs Hand gehalten hatten. Er hielt sie so fest, dass es schmerzte, und zugleich – und das war noch verwirrender – deuchte es sie, als würde sein Pulsschlag jäh durch ihren Leib hetzen, sie mit seinem fahrigen Lebensrhythmus anstecken. Sie wurde rot im Gesicht, und ihm entging es nicht, denn er lachte kreischend auf.
    »Du verstehst ganz genau, was ich meine! Dein Blick ist wach«, rief er ihr zu und bemühte sich nicht länger, die Stimme flüsternd zu halten. »Gewiss hast du’s begriffen, dass der König ein guter Mensch ist, aber schreckliche Angst hat.... Angst, so schmählich zu enden wie viele seiner Vorfahren. Ermordet. Geschändet. Verflucht. Er will nichts falsch machen, deswegen macht er am liebsten gar nichts. Er will, dass seine toten Eltern stolz auf ihn sind – und scheut darum jegliches Handeln, weil es womöglich nicht deren Wohlgefallen finden könnte. Nun, so müssen ihn eben andere lenken, verstehst du? Ich tue es, weil ich ihm ewig dafür dankbar sein werde, dass er mein Freund ist. Und du... du könntest mir dabei helfen! Zwei Stimmen können ihn eindringlicher beschwören, sich endlich aus der Vormundschaftvon Erchinoald, den Großen des Landes, den Bischöfen zu lösen.«
    Der Druck seiner Hände ließ nach, aber seine langen, feinen Finger hörten nicht auf, die ihren zu halten. Er trat so dicht an sie heran, dass sie seinen Atem spüren konnte. Für kalt hatte sie ihn ob seiner weißen, farblosen Gestalt gehalten. Doch sein Atem war heiß. Als seine Hände über ihr Haar glitten und schließlich über die glatten Wangen, wartete sie vergebens auf altbekannten Ekel. Stattdessen bestimmte er weiterhin den Schlag ihres Herzens; holprig und schnell. In ihren Ohren rauschte Blut, nicht lau wie Wasser, sondern prickelnd wie Wein.
    Unter seinem lauernden Blick verdammte sie den verräterischen Körper, der sich nicht darum scherte, wie hässlich der Mann war, sondern einzig, wie bestimmt und fordernd und selbstgefällig.
    Zumindest ihre Stimme ließ sie nicht im Stich. Sie antwortete nicht auf seine Ausführungen, sondern bekundete knapp und hölzern: »Ich will nichts vom König. Ich will nur... heimkehren.«
    Er ließ sie los, um grell aufzulachen. Ein paar Schritte trat er zurück, erneut mehr tänzelnd als gehend. Indessen des Königs Leib sie von schwerer Last gebeugt deuchte, war der seines engsten Freundes wendig.
    »Du gefällst mir, Mädchen«, sagte Ebroin schließlich. »Du verbirgst deine Absichten beinahe so gut wie ich. Doch vor mir musst du sie nicht verstecken. Ich stehe auf deiner Seite.«
    Indessen er weiter lachte, sprang sein Adamsapfel an seinem Hals hervor. Erst bei diesem Anblick befiel sie Abscheu. Freilich kam jener nur lahm dahergekrochen, und bis er ihr Gemüt so sehr beherrschte, dass sie ihm noch weitere Sätze hätte entgegenstellen können, hatte sich Ebroin schon abgewandt, tänzelte den Gang entlang und verschwand im Schatten der Fackeln, deren Licht nicht weniger fahrig und unruhig flackerte, als er selbst sich gebärdete.
    Sie wusste nicht, wohin sie gehen sollte.
    Die Tür zum Gemach des Königs war verschlossen; die Wachen im Gang sahen durch die junge Frau hindurch, und Gertrude, die sie vorhin hierher geleitet hatte, blieb verschwunden. Ein wenig ziellos ging Bathildis auf und ab, ehe sie sich entschied, in die Küche zurückzukehren, wo sie

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