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Die Reiter der Sarmaten

Die Reiter der Sarmaten

Titel: Die Reiter der Sarmaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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schönen Dame zu sein.
    Als wir durch die Straßen der Stadt ritten, kamen die Menschen tatsächlich aus ihren Häusern gelaufen und starrten uns bewundernd an. Bodica fragte Arshak nach seinen Kämpfen gegen die Römer, und natürlich kam das Gespräch bald auf das Skalpieren der getöteten Feinde. Gatalas war weniger zufrieden mit der Entwicklung des Gesprächs, er konnte ja nicht mit so vielen Skalpen prahlen wie Arshak. Ich sagte kein Wort. Mein altes Mißtrauen war wieder da, stärker als zuvor, und ich hatte nur einen Wunsch, wegzukommen.
    »Ihr seid sehr schweigsam, Fürst Ariantes«, sagte Bodica, als wir bei dem Tempel ankamen, den sie besuchen wollte. »Widerstrebt es Eurer Bescheidenheit, Euch Eurer Heldentaten zu rühmen? Wenn ich richtig unterrichtet bin, habt Ihr den Feinden Eures Volkes fast ebensoviel Schaden zugefügt wie Fürst Arshak.«
    »Was Überfälle auf römisches Gebiet und Plünderungen betrifft, habe ich ihnen mehr Schaden zugefügt«, antwortete ich. »Und wegen dieser Taten wurden wir gezwungen, unseren Feinden zu dienen. Ich sehe keinen Anlaß, mich dessen zu rühmen.«
    Der Ausdruck befriedigten Stolzes über die Anerkennung seiner ruhmreichen Taten verschwand aus Arshaks Gesicht. Gatalas sah mürrisch, Arshak ärgerlich aus.
    »Ich bin stolz darauf, für unser Volk gekämpft zu haben«, erklärte Arshak. »Wir haben verloren – aber wir sind nicht unterworfen worden.«
    Die Römer wollten uns gar nicht unterwerfen, dachte ich. Facilis hatte ganz richtig gesehen, daß man ein Volk, das keine Städte hat, nicht beherrschen kann. Wenn wir sie nicht immer wieder mit unseren Invasionen gereizt hätten, würden sie Frieden gehalten haben. So aber sahen sie sich gezwungen, etwas gegen uns zu unternehmen; und da sie uns nicht unterwerfen konnten, beschlossen sie, uns auszurotten. Es war unsere Gier nach Reichtum und Ruhm, die uns ins Verderben gestürzt hatte, und daß die Katastrophe nicht noch schlimmer geworden war, hatten wir ebenso einem Aufstand im Osten des Reiches wie unserer Tapferkeit zu verdanken. Aber das konnte ich Arshak nicht sagen, ohne ihn tödlich zu beleidigen.
    »Was bringt es uns, das alles jetzt in Erinnerung zu rufen?« sagte ich statt dessen. »Wir haben alle auf das Feuer geschworen, Rom zu dienen, und ständig an unsere Heldentaten im Kampf gegen Rom zurückzudenken, macht es nur noch schwerer.«
    »Und möchtest du auch den Ruhm vergessen, den du für dich selbst in Pannonien gewonnen hast, Sohn des Arifarnas?« fragte Arshak ruhig.
    Darauf hatte ich keine Antwort. Ich hatte einst den Ruhm so heftig begehrt, daß ich mein bestes Pferd Farna – Ruhm – genannt hatte. Ich starrte deprimiert und hoffnungslos auf Farnas edlen Kopf.
    »Ich denke, Euer Volk liebt den Ruhm ebenso wie meines«, kommentierte Bodica. Ich schaute auf und sah, daß sie lächelte. Ihr Lächeln war an mich gerichtet, aber ihre Augen glitten über mich hinweg, ihr Blick begegnete dem Arshaks, und plötzlich waren sie Verbündete, die mich einluden, meine vorsichtige Zurückhaltung zu vergessen und gleich ihnen den Ruhm über alles andere zu stellen. Ein Teil meines Wesens verlangte verzweifelt nach Übereinstimmung mit ihnen – doch das Gefühl, getäuscht und benutzt zu werden, machte mich mißtrauischer, als ich es je gewesen war.
    Als Bodica aus dem Tempel zurückkehrte, entschuldigte ich mich mit der Begründung, daß zumindest ein Kommandeur im Lager anwesend sein sollte – allerdings ließ ich fünf Mann meiner Leibwache zu ihrem Geleit zurück, um klarzustellen, daß nicht Angst vor dem Legaten meine Entscheidung beeinflußte. Mit den anderen fünf brach ich zum Lager auf.
    Wir kannten uns mit Städten nicht aus. Die engen Straßen, die vielen gleichförmigen, eng aneinandergedrängten Häuser mit den fensterlosen Fassaden verwirrten uns. Wir irrten einige Minuten lang hilflos herum und hielten Ausschau nach einem Orientierungspunkt. Schließlich hielt ich vor einem Laden an und fragte den Besitzer nach dem Weg zur Brücke.
    »Meint Ihr die Frauenbrücke?« fragte er.
    »Wenn es die ist, die über die Tamesis führt, ja«, antwortete ich.
    »Das ist die Frauenbrücke«, sagte er. »Ihr reitet zurück bis zur nächsten Ecke, dann biegt Ihr nach rechts und bei der nächsten Kreuzung nach links ab. Ihr seht sie dann direkt vor Euch liegen.«
    »Danke.«
    Der Ladenbesitzer sah neugierig zu mir hoch, als ich die Zügel wieder aufnahm. »Wir nennen sie die Frauenbrücke«, erklärte er,

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