Die Rettung
noch nie zuvor einen Schild im Kampf benutzt, und der Gedanke, nun keine Hand mehr für Brigid frei zu haben, gefiel ihm nicht sonderlich. Aber da er wusste, dass sie die Schlacht heute verlieren würden, musste er alles daransetzen, am Leben zu bleiben. Sarah hatte ihm den Schild zu seinem Schutz geschenkt; er würde ihren Wunsch respektieren und ihr dadurch danken, dass er unversehrt zu ihr zurückkehrte.
Wightmans rotberockte Truppen tauchten zu beiden Seiten des unter ihnen liegenden Flusses auf: Clansmänner in Diensten König Georges, holländische Söldner, Dragoner, die diesmal zu Fuß kämpften, Grenadiere und einfache Soldaten. Die Jakobiten behielten sie wachsam im Auge. Viele von ihnen beteten laut, einige bedachten die Engländer mit üblen Verwünschungen, doch die meisten sahen dem Feind nur schweigend entgegen.
Dylan bekreuzigte sich und murmelte leise sein übliches Gebet: »Lieber Gott, gib mir die Kraft, mich den Prüfungen zu stellen die das Schicksal mir auferlegt. Lass mich meine Pflicht gegenüber den Meinen erfüllen. Hilf mir, stets nach Ehre und Gewissen zu handeln. Lass meine Kinder in Frieden und Sicherheit aufwachsen und vereine mich am Ende meines Lebens wieder mit meiner geliebten Cait...«, er warf Sinann einen verstohlenen Blick zu und fügte hinzu:»... wenn meine Zeit gekommen ist. Segne Sarah und gib ihr den Mut und die Stärke, ihr Leben zu meistern. Amen.«
Sowie sie Position bezogen hatten, nahmen die 1600 Hannoveraner die Südseite des Hanges unter Mörserfeuer. Dylan vernahm die Detonationen wie aus weiter Ferne. Er verspürte eine merkwürdige innere Distanz zu dem Geschehen; so als würde all dies nicht ihm, sondern einem anderen widerfahren. Dabei wusste er in einem hinteren Winkel seines Verstandes ganz genau, dass er sich schon bald mitten im Kampfgetümmel wiederfinden würde. Er hatte schon einmal an einer Schlacht teilgenommen und war damals nur knapp mit dem Leben davongekommen. Sein Herz hämmerte in seiner Brust; fast klang es wie ein Echo des Artilleriefeuers. Er atmete mehrmals tief durch und zog sein Schwert.
Lautes Gebrüll erhob sich, gefolgt vom Dröhnen der Musketen. Die Rotröcke auf der Nordseite hatten gleichfalls das Feuer eröffnet, dann rückten beide Parteien mit blitzenden Bajonetten und Schwertern vor. Die Jakobiten antworteten mit einem Gegenangriff. Dylan stürmte mit seinen Clansleuten den mit Heidekraut bewachsenen Hang hinunter, hob seinen Schild, zückte sein Schwert und stieß einen durchdringenden Schlachtruf aus. Unter ohrenbetäubendem Waffengeklirr prallten die gegnerischen Seiten aufeinander, und Dylan verstrickte einen Rotrock in einen erbitterten Zweikampf. Er befand sich im Vorteil, da er auf höher gelegenem Gelände kämpfte, wehrte einen Hieb des Gegners mit seinem Schild ab und versetzte dem überrumpelten Engländer einen kräftigen Tritt gegen die Brust. Der Soldat taumelte zurück und riss seine hinter ihm nachdrängenden Kameraden mit sich. Dylan setzte ihnen nach, durchtrennte einem die Kehle, schlitzte einem anderen den Leib auf und ließ die beiden tödlich verwundeten Sassunaich in einem See von Blut im Heidekraut liegen.
Im nächsten Augenblick wirbelte er herum, um sich eines weiteren Gegners zu erwehren. Kunstvolle Kampftechniken waren hier auf dem steilen Hang nicht angesagt. Dylan hieb mit dem Schild um sich und drosch mit dem Schwert auf alles ein, was vor seinen Augen rot aufblitzte.
Als die Engländer zurückwichen, um sich neu zu formieren, zogen sich die Jakobiten ein Stück hügelaufwärts zurück. Das Artilleriefeuer wurde fortgesetzt. Zahlreiche Männer wurden von den explodierenden Granatgeschossen buchstäblich in Fetzen gerissen. Überall im Heidekraut flammten Feuer auf. Die sengende Hitze erschwerte das Atmen, und ein ekelerregender Gestank nach verbranntem Fleisch, Blut und versengtem Haar erfüllte die Luft. Die Engländer rückten erneut vor. Wieder und wieder versuchten sie, den Hügel einzunehmen, und jedes Mal fielen ihnen mehr Jakobiten zum Opfer.
Dann begannen die Clansleute in Dylans Nähe hügelaufwärts zu fliehen. Dylan schloss sich ihnen an, da er wenig Lust verspürte, als Einziger den Engländern in die Hände zu fallen. Der Rückzug war noch gefährlicher als ein Angriff, da er dem Gegner den ungeschützten Rücken zukehren musste. Mithilfe des Schildes gelang es ihm aber, mit den flüchtenden Jakobiten Schritt zu halten, ohne hinterrücks von einem feindlichen Schwert durchbohrt zu
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