Die Rettung
MacCorkindale.
Also hatte Artair seinen Bruder nicht umgebracht. Gott sei Dank.
In der Stimme des Rotrocks schwangen sowohl Bedauern als auch ein schwerer Vorwurf mit, als er fortfuhr: »Da Iain Mór seine Männer in den Kampf gegen die Krone geschickt hat, wie das Schwert beweist, das Artair bei sich trägt, wird das gesamte Land um Ciorram von Seiner Majestät beschlagnahmt.« Dylan verbiss sich den empörten Protest, der ihm auf der Zunge lag. Männer waren schon aufgrund noch dürftigerer Beweise hingerichtet worden. MacCorkindale befahl seinen Leuten, die Gefangenen fortzuschaffen, woraufhin die Dragoner sie mit vorgehaltenen Bajonetten auf die Pferde am Ende der Zugbrücke zutrieben.
Wie aus einem Munde brüllten Dylan und Artair:
»Nein!«
MacCorkindale hob eine Hand und blickte erst Dylan, dann Artair durchdringend an. »Ein Clan, der sich des Verrates schuldig macht, wird mit Enteignimg und Verbannung bestraft. So lautet das Gesetz.«
Dylan ergriff das Wort. »Aber ich bin derjenige, der ...«
In diesem Moment wirbelte Artair herum und versetzte ihm einen Fausthieb gegen das Kinn, der Dylan rücklings gegen Robin taumeln ließ. Sterne tanzten vor seinen Augen, und einen Augenblick lang fürchtete er, das Bewusstsein zu verlieren.
Die Dragoner packten sowohl ihn als auch Artair grob am Arm, doch Artair erklärte hastig: »Ich habe die Männer in den Kampf geführt, nicht er. Und ich habe damit gegen den Willen meines Bruders gehandelt. Ihr seht ja, dass nur ich ein Schwert trage.« Mit einem Blick brachte er Dylan, der Einwände erheben wollte, zum Schweigen. »Ich war bewaffnet, als ich festgenommen wurde. Ich gebe zu, dass ich gegen das Gesetz verstoßen habe. Aber keiner dieser Männer war bei mir.«
Dylan presste eine Hand gegen seinen blutenden Mund, während er fassungslos zuhörte. Was hatte der kleine Mistkerl jetzt wieder vor? Er war Iains Erbe; wenn er verhaftet wurde, fiel das gesamte Land zwangsläufig an die Sassunaichl Doch dann sagte Artair etwas, was Dylan in seinen kühnsten Träumen nicht von ihm erwartet hätte.
»Ich bin nicht der neue Laird. Ich war niemals Iains Erbe. Mein Bruder hat das Land Dylan überschrieben, als er Cait heiratete. Dylan Dubh hat nichts mit dieser Sache zu tun. Weder er noch Iain Mór waren mit meiner Beteiligung an dem Aufstand einverstanden. Ich habe neun Männer mitgenommen, die alle in der Schlacht gefallen sind. Und ich trage die Schuld, ich ganz allein.« Seiner Stimme war anzuhören, dass er verzweifelt darauf hoffte, MacCorkindale werde ihm glauben. Er warf Dylan einen Blick zu, bevor er fortfuhr: »Ich kann unmöglich zulassen, dass meine Clansleute für mein eigenmächtiges Handeln bestraft werden. Ich könnte keinem von ihnen je wieder in die Augen sehen.«
Dylan war sprachlos vor Staunen. Artair verzichtete auf sein Erbe, um die Männer von Ciorram vor der Festnahme und der Deportation zu bewahren. Er war als Einziger mit einem illegalen Schwert ertappt worden, daher bestand für ihn keine Hoffnung, MacCorkindale davon überzeugen zu können, dass er nicht an dem Aufstand beteiligt gewesen war. Und da er einer Verhaftung ohnehin nicht entgehen konnte, machte er sich zum alleinigen Sündenbock, um alle anderen, die bei Glen Shiel gekämpft hatten, zu retten. Er leugnete seinen Anspruch auf den Titel des Lairds, um dem Clan das Land zu erhalten.
Der Leutnant blickte von Artair zu Dylan. MacCorkindale war kein Dummkopf und hegte wenig Sympathie für die Rebellen, aber Dylan wusste auch, dass er eher als Bedford zu Zugeständnissen bereit sein würde, um den Frieden zu bewahren. Jetzt wandte sich der Leutnant an Artair. »Ihr seid also nicht der neue Laird?«
Artair schüttelte den Kopf, den Blick fest auf den Boden gerichtet. Seine ohnehin rosigen Wangen leuchteten jetzt flammend rot. Dylan ahnte, welche Überwindung es ihn kostete, dies zuzugeben.
MacCorkindale sah Dylan an. »Ist das wahr?«
Dylan nickte bedächtig. »Iain hat mich zu seinem Erben bestimmt und mir sein Land überschrieben. Er wünschte, dass sein Enkel eines Tages meine Nachfolge antritt.«
MacCorkindales Augen leuchteten verständnisvoll auf. Diese Erklärung ergab einen Sinn.
Außerdem war es keine direkte Lüge. Wenn Dylan nicht Cait geheiratet und Iain einen Enkel geschenkt hätte, wäre zweifellos der Halbbruder des Lairds zu seinem Nachfolger auserkoren worden und nicht sein Vetter. Aber MacCorkindale brauchte nicht zu wissen, dass auch eine Übertragungsurkunde mit
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