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Die Rettung

Titel: Die Rettung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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sie für ihn an.
    Dylan bekreuzigte sich und murmelte ein Gebet, in dem er um das Gelingen seines Vorhabens bat. Seiner Meinung nach ließen sich christliche Religion und das Nutzen der Kräfte der Natur ausgezeichnet miteinander vereinbaren. Schon vor Jahrhunderten hatten katholische Priester auch heidnische Rituale vollzogen, wenn sie ihren Zwecken dienten. Was er hier zu tun beabsichtigte, stellte keinen Verstoß gegen die Lehren seines Glaubens dar.
    Er nahm einen Stechpalmenzweig mit roten Beeren daran und einen Mistelzweig aus dem Sack, dann schnitt er einen dünnen Zweig von der alten Eiche ab. Im Sack befanden sich auch ein paar Scheite Feuerholz, die er auf dem Stein, der ihm zugleich als Altar diente, aufschichtete. Mit Sinanns Hilfe entzündete er ein kleines Feuer, von dem eine dünne Rauchsäule gen Himmel stieg. Dylan kniete vor dem provisorischen Altar nieder und umfasste die drei Zweige, die die Grundelemente seines Zaubers bildeten, mit beiden Händen.
    Mit geschlossenen Augen sammelte er sein maucht und konzentrierte sich darauf, die Kraft in die Zweige in seinen Händen strömen zu lassen.
    Sinann kauerte auf den Stufen und schlang die Arme um die Knie. »Du hättest besser vorher fasten sollen«, bemerkte sie.
    Dylan ließ die Hände sinken und warf ihr einen bösen Blick zu. »Was willst du eigentlich? Soll ich weitermachen oder nicht?«
    »Mach weiter. Die Sonne geht gleich unter.«
    »Gut. Dann halt den Mund.« Er hob die Hände wieder, schloss die Augen und spürte, wie seine Lebensenergie in die Zweige in seinen Händen floss. Nun schaltete er jegliches bewusste Denken aus und konzentrierte sich einzig und allein darauf, in Morrighans Gedankenwelt einzudringen. Sowie sich die Zweige warm in seiner Hand anfühlten, warf er sie ins Feuer.
    Dann erhob er sich und schritt dreimal entgegengesetzt des Uhrzeigersinns um das Feuer herum. Dabei murmelte er eine Beschwörungsformel, von der er allerdings nur ein paar Worte in der Alten Sprache beherrschte, sodass er sich weitgehend mit modernem Gälisch behelfen musste. Danach kniete er wieder vor dem Altarstein nieder, beugte sich über das Feuer und sog den würzigen Rauch in tiefen Zügen ein, bis ihm schwindelig wurde und er fühlte, wie die maucht seinen Kopf und schließlich seinen ganzen Körper durchdrang. Die Geister der Stechpalme, der Mistel und der Eiche waren bereit, ihm zu dienen.
    Unter Aufbietung all seiner Willenskraft beschwor er das Bild der schönen schwarzhaarigen, dunkeläugigen Kriegsgöttin vor seinem geistigen Auge herauf. Seine Haut prickelte, seine Brust hob und senkte sich hastig. Die Welt um ihn herum löste sich in Nebel auf ...
    Er fand sich in einer düsteren Höhle wieder. Feuerschein flackerte über mächtige Baumwurzeln. Sein Kopf summte und er wurde von einem nahezu unerträglichen Juckreiz geplagt. Plötzlich begann seine Lendengegend heftig zu pochen. Flammende Begierde stieg in ihm auf. Blut und Sex. Er badete in einem See von Blut. Tod. Der Tod war es, der ihn erregte. Von sich selbst angewidert zwang er sich, weiter in Morrighans Geist einzudringen. Er musste wissen, was sie vorhatte, musste ...
    Ein markerschütternder Schrei zerriss die Stille.
    Eisige Kälte durchströmte ihn. Die Baumgeister hatten seinen Körper verlassen. Eine rot glühende Schmerzwelle schlug über ihm zusammen. Dylan lag auf dem harten, gefrorenen Bo-den und krümmte sich vor Qual. Die eiskalte Erde schien ihn zu umschließen, wollte ihn erdrücken. Keuchend rang er nach Atem, während er von krampfartigen Zuckungen geschüttelt wurde. Sein Brustkorb wurde von einer riesigen, unsichtbaren Hand zusammengedrückt, stärker und immer stärker, bis er endlich das Bewusstsein verlor.
    Als er wieder zu sich kam, spürte er zunächst nichts als Kälte. Kälte und Dunkelheit. Die Welt um ihn herum bestand nur aus Kälte und Dunkelheit. Stöhnend, verwirrt und benommen vor Schmerz schlug er die Augen auf, schlang zitternd sein Plaid fester um sich und setzte sich auf. Das Feuer war erloschen, die Kerzen heruntergebrannt. Das Turminnere schimmerte im Mondlicht silbrig grau. Blinzelnd blickte Dylan sich um.
    »Sinann?«
    Keine Antwort.
    »Sinann, es hat nicht funktioniert.« Seine Stimme glich einem tonlosen Krächzen; jeder Laut schmerzte. »Ich nehme an, sie hat gemerkt, was ich vorhatte. Ich konnte kurz in ihre Gedankenwelt eindringen, habe aber nichts erfahren.«
    Noch immer erhielt er keine Antwort. Mit zittrigen Fingern wühlte er in dem Sack

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