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Die Ritter des Nordens

Die Ritter des Nordens

Titel: Die Ritter des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Aitcheson
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Wand hingen zahlreiche Kräutersträuße, und in einer Ecke waren Holzscheite und Brennholz aufgeschichtet. Die Stirnseite des Raumes nahm eine große Feuerstelle mit einem Rauchfang ein, in der jedoch kein Feuer brannte. Auf der gegenüberliegenden Seite gelangte man über eine Treppe hinab zu einer eisenbeschlagenen Tür mit einem schweren Schloss.
    »Bring mir die Laterne«, sagte ich zu Pons, während ich die Treppe hinunterging und die verschiedenen Schlüssel ausprobierte. Der erste und der zweite passten nicht, und ich dachte schon, dass wir die Tür würden aufbrechen müssen, als sich der dritte mühelos im Schloss umdrehen ließ. Die Tür schwang auf, und ich blickte in einen dunklen Raum.
    Pons gab Eudo die Laterne, der sie mir hinunterrreichte. Dann leuchtete ich in den Kellerraum.
    »Mylord«, sagte ich. »Seid Ihr hier?«
    Ich hatte die Frage kaum zu Ende gesprochen, als ich Robert auch schon sah. Er blinzelte verwirrt in das Licht, als sei er soeben wach geworden. Seit unserer letzten Begegnung hatte er beträchtlich an Gewicht verloren. Seine Augen lagen tief in den Höhlen, er war unrasiert, und sein schwarzer Rock und seine dunkle Hose waren verschlissen und zerrissen.
    Dann erkannte er mich. »Tancred«, sagte er. »Ich dachte …«
    »… dass ich tot bin«, führte ich den Satz zu Ende. »Es hat auch nicht viel gefehlt.«
    Man hatte ihm die Hände auf den Rücken gefesselt, und ich ging zu ihm, um ihn loszubinden. Die Fesseln an seinen Händen und Füßen waren so eng geschnürt, dass die Stricke dort die Haut wundgescheuert und rote Striemen hinterlassen hatten.
    »Wie kommt Ihr hierher?«, fragte er. »Ist der König mit seiner Armee auch hier? Oder habt Ihr das Lösegeld gebracht?«
    Ich schaffte es einfach nicht, ihm ins Gesicht zu sagen, dass wir alleine gekommen waren, zumal ohnehin keine Zeit für Erklärungen blieb. Wir mussten so schnell wie möglich weg von hier.
    Statt zu antworten, fragte ich deshalb: »Sind Euer Vater und Eure Schwester auch hier?«
    »Mein Vater ist dort drüben«, erwiderte Robert und zeigte auf einen Stapel Fässer in der hinteren Ecke des Raumes. Ich sah ein Paar Füße hervorragen. »Vater!«, sagte er.
    Statt einer Antwort war nur ein langgezogenes Ächzen zu hören. Während Eudo dem älteren der beiden Malets die Fesseln abnahm, half ich Robert aufzustehen. Er stand relativ sicher auf den Beinen, obwohl es einen Moment dauerte, bis er das Gleichgewicht gefunden hatte.
    »Mein Vater hat schon seit Tagen hohes Fieber, und ihm ist übel«, sagte er. »Wir sind schon eine halbe Ewigkeit hier in dem dunklen Loch eingesperrt – keine Ahnung, wie lange.«
    »Und was ist mit Beatrice?«, fragte ich. »Wo ist sie?«
    Robert schüttelte den Kopf. »Die haben sie woanders hingebracht. Ich weiß nicht, wohin.«
    Eigentlich hätte ich mir ja denken können, dass es so einfach nicht sein würde. Hätte ich den verdammten Dänen mit dem Warzengesicht nur am Leben gelassen. Dann hätte er mich jetzt zu ihr führen können.
    Ich rannte zur Tür und zog den Schlüsselbund aus dem Schloss. »Pons, bring Lord Robert und seinen Vater zu den anderen. Besorg ihnen was zu essen und halt den Vicomte warm. Sobald ich zurückkomme, treten wir augenblicklich den Rückzug an.«
    »Wohin wollt Ihr denn?«, rief er mir nach, während ich schon die Treppe hinaufrannte.
    »Beatrice suchen«, antwortete ich, ohne mich auch nur umzudrehen. Gleichzeitig flehte ich zu Gott, dass sie unversehrt war.

Neunundzwanzig
    •
    I n der Küche gab es keine weitere Tür. Deshalb lief ich ins Freie, wo sich neben dem Küchentrakt noch zwei kleine baufällige Lagerhäuser befanden. Beide ließen sich mit demselben Schlüssel öffnen wie die Kellertür. Der erste der beiden Schuppen war leer, während in dem zweiten ein paar halb verfaulte Säcke mit Gemüse und Mehl verwahrt wurden, an denen sich die Ratten gütlich taten. Als ich die quietschende Tür aufdrückte und in den Raum trat, huschten zahlreiche der kleinen Tiere davon. Woraus ich schloss, dass Beatrice wahrscheinlich in einem anderen Gebäude festgehalten wurde: entweder in dem großen zweitstöckigen, in dem sich vermutlich unten der Speisesaal und oben die Kammern des Abtes befanden, oder aber in dem anderen, das den Hof auf der Ostseite begrenzte und wahrscheinlich als Schlafsaal diente. Da ich annahm, dass sich der dänische König und Eadgar wegen der großen Feuerstelle im zweiten Gebäude einquartiert hatten, steuerte ich das

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