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Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)

Titel: Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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fasziniert ist von den Irrungen und Wirrungen in diesem Spiel. Bereits jetzt, bevor ich diesen Artikel beendet habe, spüre ich den Drang, für Politik und Vorwahlen Handicaps festzulegen, als ginge es nur um einen fetten Football-Sonntag: Pittsburgh gewinnt im Frühspiel mit sechs Punkten, Dallas spielt später unentschieden gegen San Francisco … einmal gewonnen, einmal verloren … dann einen Anruf starten und versuchen, jemanden zu bequatschen, dass er bei Green Bay gegen die Redskins auf Unentschieden setzt.
    Wenn man sich wochenlang damit beschäftigt, ist es einem irgendwann scheißegal, wer gewinnt; es kommt nur noch auf die Punktedifferenz an. Du kratzt wie verrückt an der Mattscheibe, hoffst flehentlich, dass jemand dem Junkiebastard den Arsch auf reißt, der gerade einen Fehlpass geworfen und anschließend noch nicht mal so getan hat, als würde er den Schweinepriester stoppen wollen, der mit seinem Rücklauf sechs Punkte gemacht hat.
    Es ist was Mieses und was Fieses daran, das Leben so zu betrachten. Aber wenn man erst mal nachzudenken anfängt, wird es immer schwerer, sich einzureden, es sei wirklich von Bedeutung, ob die 49er gewinnen oder verlieren … Obwohl man ab und an tatsächlich mal in die Situation stolpert, sich inständig zu wünschen, dass eine Mannschaft in Grund und Boden gerannt wird, gnadenlos geschlagen und erniedrigt …
    Das passierte mir am letzten Sonntag der regulären NFL-Saison, als zwei stinkbesoffene Sportjournalisten von der Alexandria Gazette mich im Robert-F.-Kennedy-Stadion in Washington aus der Pressekabine werfen ließen. Ich war dort als Gast von Dave Burgin, dem Sportredakteur des Washington Star … aber als Burgin versuchte, zu beschwichtigen und auf gewisse Manieren zu drängen, warf man ihn ebenfalls hinaus.
    Wir hatten schon die halbe Rampe zum Parkplatz geschafft, als mir klar wurde, was eigentlich passiert war. »Dieser Gin saufende kleine Nazi von der Gazette wurde stinkig, als du bei der Nationalhymne nicht deinen Hut abgesetzt hast«, erläuterte Burgin. »Hat sich die ganze Zeit bei dem Typen, der die Pressekabine betreut, über dich beschwert und dann das Arschloch aufgehetzt. Schließlich redeten sie davon, dich festnehmen zu lassen.«
    »Du heilige Scheiße«, knurrte ich. »Jetzt weiß ich auch, warum ich mit der Sportschreiberei aufgehört hab. Verdammt, ich hatte ja keine Ahnung, was da ablief. Warum hast du mich denn nicht gewarnt?«
    »Ich hatte Angst, du würdest Amok laufen«, sagte er. »Wir hätten bösen Ärger gekriegt. All die Typen von solchen Blättern wie dem Norfolk Ledger und der Army-Navy Times . Die hätten uns doch plattgetreten wie die Kakerlaken.«
    Ich verstand es einfach nicht. »Mann, wenn ich geahnt hätte, dass es Ärger gibt, hätte ich den Scheißhut abgenommen. An die Nationalhymne kann ich mich überhaupt nicht erinnern . Normalerweise steh ich erst gar nicht auf.«
    »Damit hab ich auch gerechnet«, sagte er. »Ich wollte nichts sagen, aber ich wusste, was uns drohte.«
    »Ich bin doch aber aufgestanden«, sagte ich. »Ich dachte, okay, ich bin schließlich Daves Gast – warum nicht aufstehen, damit er keine Schwierigkeiten hat? Aber an meinen verfluchten Hut hab ich überhaupt nicht gedacht.«
    Eigentlich war ich froh wegzukommen. Zu meiner Freude waren die Redskins am Verlieren, und man warf uns gerade rechtzeitig hinaus, um bei Burgin zu Hause das Spiel der 49er im Fernsehen mitzukriegen. Wenn sie das gewannen, würden sie am nächsten Sonntag in den Play-offs gegen die Redskins auflaufen – und bis zum Ende des dritten Viertels hatte ich mich in hemmungslose Rage gesteigert: Ich heulte wie angestochen, als die 49er in den letzten Augenblicken mit einer Reihe verzweifelter Manöver die Karre aus dem Dreck zogen, und mit der Schlusssirene war ich am Telefon und reservierte bei TWA einen Platz in der Weihnachtsabendmaschine nach San Francisco. Ich fand, es sei ungemein wichtig, da drüben zu erscheinen und alles Erdenkliche zu tun, damit die Redskins die gnadenloseste Packung ihres Lebens bekamen.
    Was dann auch passierte. Nicht nur stampften die 49er die Chauvinistenschweine in Grund und Boden und warfen sie aus den Play-offs, sondern mein Sitznachbar auf dem Flug von Washington nach San Francisco war Edward Bennett Williams, der legendäre Strafverteidiger, der zudem Präsident der Washington Redskins ist.
    »Harter Brocken morgen für Ihre Leute«, dräute ich. »Machen Sie sich auf eine geharnischte Niederlage

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